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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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kam augenscheinlich zu sich, wand sich auf dem Boden und durchbohrte Tauric dann mit ihrem Dolch. Tauric schrie auf, als sie aufsprang und ihn zu Boden stieß. Das große Pferd bäumte sich auf und machte einen mächtigen Satz nach vorn, während es Nerek in weißen Atem hüllte, der sie mit einer Schicht aus Eis umgab. Einen Herzschlag lang.
    Im nächsten Moment zerplatzte der Panzer aus Eis, Nerek schlug nach dem Hals des Pferdes und durchtrennte ihm die Kehle. Dampfende, dunkle Flüssigkeit sprühte heraus, und die gewaltige Kreatur stieß ein heiseres Wiehern aus, bevor sie zu Boden stürzte.
    Atroc hatte sich bäuchlings fallen lassen und beobachtete furchtsam und entsetzt die schreckliche Szene. Plötzlich schrie Nerek »Nein!«, ließ den blutigen Dolch sinken und fiel auf die Knie, während sie die Arme um den Körper schlang. Dann warf sie den Kopf zurück, und eine merkwürdige, unmenschliche Stimme kreischte aus ihr heraus. »Ja!«
    Ein weißer Blitz blendete Atroc, und als er wieder sehen konnte, taumelte Nerek über die andere Seite des Platzes zur Bresche in der Mauer. Als Atroc schließlich die Stelle erreichte, an der Nerek den jungen Kaiser und das weiße Pferd niedergemetzelt hatte, sah er nur noch dünne Fäden von Wasserdampf, die sich vom Boden kräuselten, und einen großen, merkwürdig geformten Brandfleck auf den flachen Pflastersteinen.

24
    In der verwunschenen Erde drunten,
In den unterirdischen Bastionen,
In der peitschenden Finsternis
Ruht eine uralte, schlafende Beute.
    GUNDAL, DIE BELAGERUNG DER STEINE, 8. KAPITEL, II
    Suviel stand einsam in dem feuchten, grünlichen Nebel auf der Lichtung neben dem Monument und beobachtete das blutige Drama der Belagerung in einem ovalen, wabernden Fenster, das die Erden-Mutter im Blattwerk geschaffen hatte. Gleichmütig, ja fast unbeteiligt betrachtete sie den Angriff auf die Mauern und den verzweifelten Kampf auf den Wällen. Selbst als die Kriegshorde der Mogaun Byrnaks Truppen über das Schlachtfeld zerstreute, sah sie nur reglos zu.
    Als Byrnaks Mauerbrecher jedoch die Bastionen beim dritten Anlauf zerschmetterte, rührte sich ein schwacher Schmerz in ihrem Inneren. Die Ereignisse spitzten sich in dramatischer Weise zu: Das Gespenst des Herrn des Zwielichts riss sich von dem bewusstlosen Byrnak los und drang in Nerek, die Entführung Alaels, das Eintreffen der Hexenmähren, und Taurics Tod durch Nereks Hand. Als Tauric zu Boden stürzte, sein Blut aus Brust und Mund strömte und den Schnee dunkel färbte, und die besessene Nerek die Hexenmähre abschlachtete, hätte sie beinahe aufgestöhnt.
    »Suviel…«
    Die Göttin erfüllte die Lichtung, und Suviels Verwirrung legte sich. Ein Lichtblitz löschte das blutige Spektakel in dem Fenster aus und als er verblasste, sah sie, wie Nerek zielstrebig die Stadt verließ, sich einem reiterlosen Pferd näherte und nur Augenblicke später westwärts galoppierte …
    Mit einer unmerklichen Geste ihrer durchscheinenden Hand ließ die Erden-Mutter das Fenster wieder mit dem Dickicht aus grünen Blättern, Ranken und winzigen rotschwarzen Blüten verschmelzen. Sie hatte eine andere Gestalt angenommen und war nun ein vollkommenes Ebenbild der sitzenden Frau auf dem Monument. Ihre Haut, die Hände und ihre Augen wirkten wie Alabaster, der Fleisch geworden war, und auch ihr Umhang hatte die Farbe des Steins.
    »Suviel.«
    Erneut tauchte ihr Name und all das, was sie gewesen war, in ihrem Bewusstsein auf, all ihre Erinnerungen und Erfahrungen warteten darauf, gerufen zu werden, und sie alle wurzelten im tiefen Glauben und fraglosem Gehorsam zur Erden-Mutter.
    »Ein Fragment des Herrn des Zwielichts ist endlich befreit worden«, sagte die Göttin. »Jetzt wird er nur nach einem Ziel streben, die restlichen Bruchstücke seiner Persönlichkeit zu erjagen, und du wirst ihm den Weg bereiten.«
    Die leeren, weißen Augen musterten sie. »Befreie Ystregul aus der Kammer unter der Hohen Basilika in Trevada. Ich habe dich gelehrt, wie du mit den Zaubern verfahren musst, aber wisse, dass sich unmittelbar danach jeder Bewohner dieser uralten Hallen an das Werk deiner Vernichtung begeben wird.« »Und was ist die nächste Aufgabe?«, wagte Suviel zu fragen.
    Die marmorn glänzenden Lippen der Erden-Mutter verzogen sich zu einem kalten Lächeln. »Falls deinem Unternehmen Erfolg beschieden ist und du die Konsequenzen überlebst, suche dir einen sicheren Ort, an dem du wartest. Ich komme zu dir. Glaubst du an mich?«
    »Ich

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