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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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stinkenden Kälte, die ihm immer mehr zusetzte. Er wusste, dass er einer uralten, unerbittlichen Gewalt gegenüberstand. Ich könnte zur Luke rennen, dachte er und ließ seine Hand auf den Griff seines Schwertes sinken, oder über die Reling springen …
    »Ein vergeblicher Plan«, sagte Crevalcor. »Denn ich bin tatsächlich keineswegs allein…«
    Das Knarren war kaum zu hören, aber für Gilly war es laut genug. Er verlagerte sein Gewicht auf den linken Fuß, während er geschickt sein Schwert zog und es in einem raschen, heftigen Schlag herumwirbelte, der jedem Gegner den Unterleib aufgeschlitzt hätte. Die Klinge grub sich in die Seite seines Angreifers und blieb dort stecken. Gillys Wut jedoch schlug in Entsetzen um, als er die Kreatur erblickte, gegen die er gekämpft hatte.
    Er hatte Alaels Geschichten zugehört, als sie von den wandelnden Leichen erzählte, gegen die sie beim Kampf um Oumetra gefochten hatten, und hatte auch die Gerüchte über angeblich ruhelose Gräber in den Einöden von Khatris gehört, die sich einige von Mazarets Männern zugeraunt hatten. Beides jedoch konnte ihn nicht auf diesen Anblick vorbereiten, der sich ihm jetzt bot. Aus dem verwesten Kadaver hinter ihm strömte aus zahllosen Löchern das Wasser, an manchen Stellen jedoch klammerte sich immer noch Fleisch an die Knochen, verfaultes Fleisch, das mit Sand und zerbrochenen Muscheln bedeckt war. Skelettierte Hände zuckten an seiner Seite, während ein widerliches grünes Strahlen über seinen blanken Kiefer flimmerte und in seinen leeren Augenhöhlen leuchtete.
    Gilly riss sein Schwert los und wich über das abfallende Deck zurück. Der Kadaver sah ihm nach und wandte sich dann an Crevalcor. Der zerstörte Schlund versuchte, Worte zu bilden.
    »… ertränken … für Euch … von ihm … trinken …«
    »Nein, Kapitän, ich will, dass Ihr ihn gefangen nehmt und Eure Brüder unter Kontrolle haltet.« Andere verfaulte Kadaver tauchten aus den Luken auf, zogen sich an Deck oder sprangen aus dem Ruderhaus. Einige hielten Seile in ihren Knochenhänden. Während er diese Wiedergekehrten beobachtete, hörte Gilly ein Platschen und sah, wie noch mehr von ihnen über die von Algen bedeckten Netze hinaufkletterten. Gilly rannte wie von Sinnen über das Deck, trat einem seiner Verfolger, der ihm zu nahe kam, die Beine unter dem Leib weg und hackte einem anderen den Arm ab. Er erreichte die Reling und hatte schon ein Bein hinüber geschlungen, als ein Netz sich über seine Hände und Arme legte und knochige Hände ihn zurückzogen. Man riss ihm die Klinge aus der Hand und schleppte ihn, nachdem er fest gebunden war, zu Crevalcor, vor dessen nackten Füßen man ihn zu Boden warf. Das feuchte Tau des Netzes rieb über Gillys Mund und drang ihm zwischen die Lippen, bis er den Kopf abwendete. Es schmeckte einfach widerlich.
    Der uralte Nigromant grinste ihn an. »Meine Quell-Sinne wissen um dich, also bin ich sicher, dass du mir viel zu erzählen hast.«
    »Weniger, als Ihr glaubt«, erwiderte Gilly, der in seiner Verzweiflung sein Heil in seiner Schlagfertigkeit suchte. »Ein paar Lieder über die Hübschen von Choraya und ein Rezept für Wildeintopf aus Falador, das ist so ziemlich alles.«
    »Ja, ich bin sicher, dass du mich unterhalten wirst, bevor wir alles erfahren.« Er drehte sich zu dem lebenden Leichnam des Kapitäns um. »Schon bald wird das Kriegsblut vergossen, und wir werden ablegen. Wissen die, welche zurückbleiben, was zu tun ist?«
    »Ja, M'lord …«
    Der Kapitän drehte sich zu seiner Mannschaft um und zischte wortlose Befehle. Als der größte Teil der Wiedergekehrten das geneigte Deck hinunterging und wieder über das vermoderte Schanzkleid in die Tiefe kletterte, wandte sich Crevalcor an Gilly.
    »Die meisten waren Seeleute auf diesen gestrandeten Schiffen. Es kostete nur wenig Mühe, sie aus ihrem wässrigen Grab emporzuholen.«
    Ein dunkles Ächzen drang aus dem Bauch des Schiffes und erschütterte das Deck unter Gillys Füßen. Vom Heck drang das Geräusch von splitterndem Holz zu ihm. Er fühlte, wie der Schoner sich ruckartig aufrichtete. Er hob den Kopf und sah, wie die baufälligen Hütten und Dächer der Wrackstadt hinter dem Heck zurückblieben. Sie fuhren auf den Meeresarm hinaus.
    Ohne Ruder und Segel, dachte Gilly benommen. Und mit einem Rumpf, der mehr Löcher hat als eines Bettlers Strümpfe …
    Auf dem verfallenen Landungssteg ertönten Schreie, als sich Zuschauer versammelten, aber ihre Stimmen wurden

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