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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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der Gefangenen,
Während tief unten in der leblosen Finsternis
Der Schlund des Krieges klafft.
    RALGAR MORTH, DAS IMPERIUM DER NACHT, CANTO XVI
    Byrnak schlenderte durch den gewaltigen Audienzsaal der Zitadelle von Keshada und bewunderte ihre dunklen, verschlungenen Dekorationen. Währenddessen erstattete Azurech ihm vom Fuß der Treppe zum Thron aus Bericht, wo er zusammen mit den Kommandeuren von Gorla und Keshada und noch einigen anderen Offizieren wartete.
    »… und als unsere Geistschatten mit Yasgur und seinem Seher sprachen, wurde die Furcht in ihren Augen offenkundig. Sie sind schon halb bezwungen.«
    Byrnak strich mit den Fingern über das Reptilienmuster des Flechtwerks eines schwarzen, eisernen Wandschirms, der den Zwischenraum zwischen zwei Pfeilern überspannte. Die Pfeiler standen etwa fünf Meter auseinander, und der Wandschirm war gut halb so hoch wie der Saal, fast fünfzig Meter. Es gab viele solcher Schirme in der Audienzkammer, und jeder wies sein eigenes Motiv auf. Die Lampen auf den Pfeilern warfen gemusterte Schatten auf den Thron.
    »Und dann?«, fragte er.
    »Wir ließen das Kriegsblut-Opfer zurück und ritten weg, um aus der Entfernung zuzusehen. Sie haben bis zum Ende keinen Verdacht geschöpft, doch im letzten Moment enthauptete ein Offizier das Opfer. Nur einen Moment später, und von Yasgur und seinem Haustier wäre nur qualmendes Fleisch übrig geblieben.« »Eine unwesentliche Enttäuschung«, erklärte Byrnak und schaute zu dem gewaltigen Relief eines knurrenden Nachtjägers aus grünem Stein empor, das die Wand über dem Thron beherrschte, und blickte dann auf die grauschwarzen Bodenfliesen, deren Formen seine Umrisse exakt widerspiegelten. Byrnak schlenderte zum Thronpodest zurück, wo seine Ehrengarde aus Axtträgern in ihren Kettenhemden zusammen mit dem Standartenträger warteten. Er stieg zwei Stufen des Podestes hinauf und betrachtete einen Moment die erwartungsvoll zu ihm hingewendeten Gesichter. Dann winkte er die beiden Kommandeure von Gorla und Keshada zu sich.
    Der eine war groß und ein weiter Umhang verbarg seine Gestalt, der andere war stämmig und untersetzt und in eine zusammengewürfelte Mischung aus Leder und verbeulten Rüstungsteilen gekleidet. Sie traten beide vor und beugten schweigend die Knie vor ihm.
    »Stimmt es, dass ihr beide von den Erst-Erweckten stammt?«, fragte Byrnak.
    »Aye, mein Gebieter«, echoten die Männer.
    »Dann kennt ihr den Namen Crevalcor.«
    »Er ist einer unserer Brüder, Großer Gebieter, und ein fähiger Krieger«, erwiderte der große Kommandeur von Gorla. »Er hat beim Bau des mächtigen Jagreag geholfen und bis zum Ende gegen die Meineidigen standgehalten.«
    »Und wenn ihr Keshada und Gorla mit Jagreag vergleicht? Im Wesentlichen will ich wissen, ob wir für den Angriff auf Besh-Darok ausreichend gerüstet sind.«
    Die Kommandeure sahen sich kurz an, dann blickte der stämmige Herr von Keshada mit einem unterwürfigen Lächeln zu ihm hoch. »Großer Gebieter, unsere Zitadellen sind nichts weiter als winzige Türmchen gegen die einstige Größe Jagreags. Für diesen Kampf jedoch werden sie mehr als genügen. Besh-Daroks Mauern sind stark und gut gebaut und werden uns sicher einen knappen Tag aufhalten. Und dann werden unsere Krieger sie wie ein tobender Ozean niederreißen.«
    Der unerschütterliche Tonfall seiner Worte erfüllte Byrnak mit Befriedigung. Er wandte sich zu Azurech um. »Du hast Yasgur für seine Entscheidung Zeit bis morgen früh gewährt«, stellte er fest.
    »Das habe ich, Gebieter.«
    »Morgen bei Anbruch der Dämmerung wäre besser gewesen«, erwiderte Byrnak. »Wie dem auch sei, du wirst den Zeitpunkt verstreichen lassen und ohne etwas zu unternehmen den Einbruch der Dämmerung abwarten. Dann gibst du das Kriegsblut-Signal!«
    Azurechs Gesicht, das Byrnaks Züge trug, glühte vor Eifer. »Werden dann unsere Armeen zuschlagen, Gebieter?«
    »Nein«, erwiderte Byrnak und lächelte, als die Beflissenheit des anderen in Enttäuschung umschlug. »Nein, denn es gibt noch einige unerforschte Gefahren zu untersuchen, zu viele Unklarheiten zu beseitigen.« Er drehte sich um und starrte durch die gewaltige Kammer, blickte durch das Mauerwerk der dicken Wände hindurch, nach Süden zu den Meilen entfernten Bastionen von Besh-Darok. Selbst aus dieser Entfernung konnte er das Kristallauge spüren, fühlte die Kraft seiner Aufmerksamkeit, wie die Hitze eines Feuers oder ein tanzendes Licht, und dann auch wieder nicht. Die

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