02 - Tanz der Sehnsucht
würdest du tun, wenn dein Publikum keine Reaktion zeigt und vor dir wie eine Versammlung von Mumien sitzt?"
„Am liebsten würde ich dann zurück in meine Garderobe flüchten."
„Aber was würdest du tun?"
Seufzend fuhr sich Maddy mit den Händen über ihr tränenfeuchtes Gesicht. „Ich bleibe auf der Bühne und schwitze es aus."
„Und genau das musst du heute Abend tun. Und wenn ich auch nur etwas von Männern verstehe, dann wird er selbst ins Schwitzen geraten. Ich habe gesehen, wie er dich beobachtet hat, als er mit seinem Vater zur Probe gekommen ist. Und jetzt los.
Wir müssen uns umziehen."
Maddy wappnete sich für das Wiedersehen mit Roy in der gleichen Art, wie sie sich wappnete, vor ihr Publikum zu treten. Sie erinnerte sich daran, dass sie ihren Text kannte, ihre Bewegungen kannte, und wenn sie einen Fehler machte, würde sie ihn ausgebügelt haben, bevor es auch nur jemand bemerken könnte. Sie wählte ein trägerloses Kleid, das ihre Hüften betonte, sich aufreizend an ihren Körper schmiegte und an der Seite bis zur Mitte des Schenkels aufgeschlitzt war. Sollte sie durchfallen, dann wollte sie dabei wenigstens großartig aussehen.
Doch vor Edwin Valentines eindrucksvoller Haustür musste sie doch allen Mut
zusammennehmen. Dann hob sie entschlossen den Kopf. Sie war darauf vorbereitet, Roy zu begegnen.
Sie war darauf vorbereitet, sich unbeteiligt und kühl zurückhaltend zu geben.
Das Einzige, worauf sie nicht vorbereitet war, war die Möglichkeit, Roy könne selbst die Tür öffnen. So starrte sie ihn an und wunderte sich nur darüber, wie viele Gefühle in einem Menschen auflodern können.
Er wunderte sich, warum der gläserne Türgriff nicht einfach zerbrach, so fest hielt er ihn umfasst.
„Hallo, Maddy."
„Roy." Sie lächelte nicht. Das war jetzt einfach noch nicht möglich. Aber sie würde auch nicht gleich zu seinen Füßen zusammenbrechen. „Ich hoffe, ich bin nicht zu früh."
„Nein, mein Vater erwartet dich schon
ungeduldig."
„Dann will ich ihn gleich begrüßen." Von hinten, aus der Halle, klang der Ton einer Trompete zu ihnen herüber. „Ich nehme an, die Party ist dort."
Sie trat an ihm vorbei, ignorierte den Druck in ihrem Magen.
„Maddy."
Sie nahm ihre Kräfte zusammen und warf einen möglichst gleichmütigen Blick zurück. „Ja?"
„Bist du ... Wie geht es dir?"
„Ich habe viel um die Ohren." An der Eingangstür hinter ihm klingelte es wieder. „Wie ich sehe, hast du alle Hände voll zu tun. Bis später." Wie benommen ging sie weiter.
Die Party war in vollem Gange. Maddy wurde sofort von guter Laune und Kameradschaftlichkeit umringt.
„Ich dachte schon, du wolltest dich drücken."
Wanda, die sich mit einem der Musiker unterhalten hatte, ließ ihn einfach stehen und kam auf Maddy zu.
„Unsinn. Niemand soll eine O'Hara einen Feigling nennen kön-u
nen.
„Vielleicht hilft es dir, wenn du erfährst, dass der jüngere Valentine die Tür während der letzten halben Stunde nicht aus den Augen gelassen hat."
„Tatsächlich? Nein, es ist mir egal", verbesserte sie sich selbst schnell. „Holen wir uns einen Drink.
Champagner?"
„Ja." Wanda nahm sich ein Glas Champagner und trank es in einem Zug leer. Als sie dann Maddy über die Schulter sah, kam plötzlich ein verräterischer Glanz in ihre Augen. „Dort ist Phil. Ich habe mich entschlossen, ihn dahin zu bringen, dass er mich von der Ernsthaftigkeit seiner Absichten überzeugen soll."
„Phil?" Interessiert musterte Maddy den Tänzer.
„Und, will er?"
„Vielleicht, vielleicht nicht." Wanda nahm sich ein neues Glas Champagner. „Der Spaß liegt im Herausfinden."
Maddy wünschte, sie könnte ihr zustimmen. Sie wandte sich dem Büfett zu, um das sich Gruppen hungriger Tänzer scharten. Iss, trink und sei glücklich, verordnete sie sich selbst. Morgen sind wir auf dem Weg nach Philadelphia.
„Maddy."
Bevor sie zwischen Pate und Quiche wählen konnte, kam Edwin auf sie zu.
„Oh, Mr. Valentine."
„Edwin", verbesserte er sie, nahm ihre Hand und küsste sie so galant, dass sie lächeln musste. „Sie müssen Edwin sagen und mir den versprochenen Tanz geben."
„Also Edwin, und den Tanz gebe ich Ihnen gern."
Eine Hand auf seine Schulter gelegt, begleitete sie ihn auf die Tanzfläche. „Ich habe mit meinen Eltern gesprochen. Sie sind in New Orleans, aber sie werden zur Premiere nach Philadelphia kommen können. Ich habe gehofft, Sie würden auch kommen."
„Wissen Sie, Maddy, wenn man auf
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