02 - Tanz der Sehnsucht
reden?"
„Räuber im ersten Lehrjahr, würde ich sagen." Sie fand ihren Schlüsselbund in einem Loch im Gehweg. „Und ich habe versucht, mit ihm zu handeln."
Er hob Maddys älteste Strumpfhose hoch, die von den vielen Proben schon ganz dünn an den Knien war. „Meinen Sie wirklich, das war eine Verhandlung wert?"
„Aber sicher." Sie nahm sie ihm aus der Hand, rollte sie zusammen und stopfte sie in ihren Beutel.
„Er hätte Sie verletzen können."
„Er hätte meine Schuhe bekommen können."
Maddy strich über deren weiches Leder. „Ich habe sie erst vor drei Wochen gekauft, und er hätte nichts damit anfangen können. Würden Sie mir bitte das Stirnband geben?"
Er hob es vorsichtig hoch und verzog das Gesicht. Mit spitzen Fingern reichte er es ihr.
„Haben Sie damit geduscht?"
Lachend ergriff sie es und verstaute es mit dem Rest ihrer Trainingssachen. „Nein, es ist nur Schweiß. Entschuldigung." Doch ihr Blick verriet keine Bitte um Vergebung, nur Humor. „Doch so, wie Sie angezogen sind, sehen Sie nicht aus, als ob Sie die Substanz erkennen würden."
„Ich trage sie normalerweise nicht in einem Beutel mit mir herum." Er fragte sich, warum er nicht einfach weiterging. Er hatte schon fünf Minuten Verspätung, doch irgendetwas in der Art, wie sie ihn weiterhin offen und humorvoll betrachtete, hielt ihn zurück. „Sie verhalten sich gar nicht wie eine Frau, die beinahe eine Strumpfhose, ein altes Trikot, ein schäbiges Handtuch, zwei Paar Schuhe und fünf Pfund Schlüssel verloren hat."
„So schäbig ist das Handtuch nun auch nicht."
Zufrieden, alles wiedergefunden zu haben, zog Maddy ihren Beutel zu. „Außerdem habe ich es nicht verloren."
„Die meisten Frauen, die ich kenne, würden nicht mit einem Räuber verhandeln."
Interessiert musterte sie ihn wieder. Er wirkte wie ein Mann, der
Dutzende von Frauen kannte, alle elegant und intelligent. „Was würden die tun?"
„Schreien, denke ich."
„Wenn ich das getan hätte, hätte er meinen Beutel, und ich wäre außer Atem." Sie tat die Idee mit einem Schulterzucken ab. „Trotzdem, danke."
Sie reichte ihm ihre schlanke, schmucklose Hand.
„Ritter in goldener Rüstung sind schon etwas Wunderbares."
Sie war zierlich und vollkommen allein, und es wurde von Minute zu Minute dunkler. „Sie sollten in dieser Gegend nicht im Dunkeln herumlaufen."
Sie lachte wieder, ein helles, volles, amüsiertes Lachen. „Das ist meine Gegend. Ich wohne nur vier Blocks weiter. Und wie gesagt, der Junge war ein blutiger Anfänger. Kein Straßenräuber mit etwas Selbstachtung würde Tänzer auch nur eines Blickes würdigen. Sie wissen, dass Tänzer normalerweise pleite sind. Aber Sie ..." Sie trat zurück und musterte ihn erneut. Er war es schon wert, eines zweiten Blickes gewürdigt zu werden. „Bei Ihnen ist das anders. So wie Sie gekleidet sind, sollten Sie Ihre Uhr und Brieftasche besser in den Shorts verstecken."
„Ich werde es mir merken."
Eine gute Tat sollte mit einer weiteren erwidert werden. „Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen? Sie machen nicht den Eindruck, als ob Sie sich in dieser Gegend auskennen."
„Nein, danke. Ich muss nur hier herein."
„Hier?" Maddy warf einen Blick zurück auf das renovierungsbedürftige Gebäude, in dem die Probebühne untergebracht war, und betrachtete wieder ihr Gegenüber. „Sie sind kein Tänzer." Sie sagte es überzeugt. Nicht, dass er sich nicht gut bewegte, er war einfach kein Tänzer. „Und auch kein Schauspieler", entschied sie nach kurzer innerer Debatte. „Und ich wette, Sie sind auch kein Musiker, obwohl Sie schöne Hände haben."
Immer, wenn er endlich seinen Weg fortsetzen wollte, zog sie ihn wieder zurück. „Warum nicht?"
„Zu konservativ", erwiderte sie spontan, aber ohne Wertschätzung. „Einfach zu ordentlich. Sie sind eher wie ein Bankier oder ein Rechtsanwalt gekleidet oder ..." Und plötzlich ging ihr ein Licht auf. „Oder ein Finanzier. Ein Finanzier", wiederholte sie und strahlte ihn an. „Von Valentine Records?"
Wieder bot Maddy ihm ihre Hand, und er ergriff sie. „Das stimmt. Roy Valentine."
„Ich bin die Fröhliche Witwe."
Er runzelte die Stirn. „Wie bitte?"
„Die Stripperin." Sie beobachtete, wie sich seine Augen verengten. Sie hätte es dabei bewenden lassen können, aber immerhin hatte er ihr geholfen.
„Von ,Take It Off', die Show, die Sie finanzieren."
Und erfreut legte Maddy ihre freie Hand auf seine.
„Madeline O'Hara."
Das war Madeline O'Hara?
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