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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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auftauchten, von denen der eine euer Reich nicht nur bis an die Grenzen des Erdkreises, sondern des Himmels ausdehnte, und der andere die Heimstatt dieses Reichs am Leben erhielt …«
    »Gib mal her«, sagte Atticus. Er riss mir die Rede aus den Händen, las sie ganz durch und schüttelte ungläubig den Kopf. »Sich auf eine Stufe mit Romulus zu stellen, ist eine Sache; sich mit Pompeius zu vergleichen, eine ganz andere. Es wäre schon gefährlich genug, wenn ein anderer das über ihn sagen würde, aber er selbst  …? Tja, da können wir nur hoffen, dass Pompeius das nicht in die Finger bekommt.«
    »Das wird er aber.«
    »Warum?«
    »Ich habe Anweisung, ihm eine Abschrift zu schicken.«
Wieder vergewisserte ich mich, dass niemand lauschte. »Verzeiht mir die unpassende Bemerkung«, sagte ich, »aber ich mache mir ziemliche Sorgen um ihn. Seit den Hinrichtungen ist er ein anderer Mensch. Er schläft unruhig, er kann nicht mehr zuhören, und trotzdem kann er nicht mal eine Stunde allein sein. Ich glaube, der Anblick der Toten hat ihn arg mitgenommen – Ihr wisst ja, wie empfindlich er ist.«
    »Mit seinem empfindlichen Magen hat das jedenfalls nichts zu tun, ihn plagt seine innere Stimme. Wenn er vollkommen davon überzeugt wäre, dass er das Richtige getan hat, dann hätte er nicht andauernd das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen.«
    Das war scharfsinnig beobachtet, und im Nachhinein ist mein Mitgefühl mit Cicero größer, als es damals war: Man muss sich ziemlich einsam fühlen, wenn man sich in ein öffentliches Denkmal verwandeln will. Allerdings war der prahlsüchtige Brief an Pompeius, das ständige Schwadronieren und das Nachbessern der Reden bei weitem nicht seine größte Torheit – die war ein Haus.
    Cicero war nicht der erste und wird auch sicher nicht der letzte Politiker sein, der ganz versessen auf ein Haus ist, das seine Möglichkeiten übersteigt. In seinem Fall handelte es sich um die mit Brettern vernagelte Villa neben Celers Anwesen am Clivus Victoriae. Sie war ihm aufgefallen, als er den Prätor auf dem Palatin besucht hatte, um ihn zum Oberbefehl über die Armee zu überreden, die Catilina vernichten sollte. Das Haus gehörte Crassus, doch vorher hatte es dem unermesslich reichen Volkstribunen Marcus Livius Drusus gehört. Es hieß, der beauftragte Architekt hätte Drusus versprochen, er würde das Haus so bauen, dass er vor allen neugierigen Blicken sicher sei. »Nein«, hätte darauf Drusus erwidert. »Ich will das Haus so, dass alle meine Mitbürger sehen können, was ich tue.« Und so sah es dann auch aus: Es
stand oben auf dem Hügel, hoch aufragend, weitläufig, pompös und von jedem Punkt des Forums und des Kapitols aus nicht zu übersehen. An einer Seite stand Celers Haus, an der anderen befanden sich ein großer öffentlicher Park und eine Säulenhalle, die Catulus’ Vater hatte errichten lassen. Ich weiß nicht, wer Cicero auf die Idee mit diesem Haus gebracht hat. Mir gefällt der Gedanke, dass Clodia es gewesen sein könnte. Sicher hat sie ihm bei irgendeiner Abendgesellschaft erzählt, dass es immer noch zu haben sei und dass es doch ein »köstlich amüsanter Gedanke« sei, ihn zum Nachbarn zu haben. Diese Tatsache reichte natürlich völlig aus, dass Terentia sich von Anfang an strikt gegen den Kauf aussprach.
    »Es ist modern und vulgär«, sagte sie zu ihm. »Und es entspricht genau dem, wie in der Vorstellung eines Emporkömmlings ein vornehmer Herr zu leben hat.«
    »Ich bin der Vater des Vaterlandes. Dem Volk wird die Vorstellung gefallen, dass ich väterlich auf es herabblicke. Es steht an einem Ort, den wir uns verdient haben, oben auf dem Hügel, zwischen den Häusern der Claudier, der Aemilii Scauri, der Metelli – die Ciceros sind jetzt eine bedeutende Familie. Und ich habe immer gedacht, du hasst unser altes Haus.«
    »Ich bin ja nicht prinzipiell gegen einen Umzug, ich bin dagegen, dass wir in dieses Haus ziehen. Außerdem, wie willst du das überhaupt bezahlen? Es ist eins der größten Anwesen in Rom, das kostet mindestens zehn Millionen.«
    »Darüber werde ich noch mit Crassus reden. Vielleicht überlässt er es mir günstiger.«
    Crassus’ eigene Villa, die ebenfalls auf dem Palatin stand, machte von außen einen täuschend bescheidenen Eindruck  – vor allem für einen Mann, von dem das Gerücht ging, er besitze achttausend Amphoren voller Silbermünzen. Im Innern hockte er mit seinem Abakus und seinen Rechnungsbüchern
und der Mannschaft aus Sklaven

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