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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Pompeius’ engsten politischen Verbündeten vorzugehen. Deshalb hing jetzt alles davon ab, wie schnell Catilina besiegt werden konnte.
    Als die Nachricht von der Hinrichtung Suras und der anderen Catilinas Lager erreichte, wurden viele seiner Anhänger sofort fahnenflüchtig. (Ich bezweifle, dass das auch der Fall gewesen wäre, wenn das Urteil auf lebenslänglich gelautet hätte.) Catilina und Manlius begriffen, dass eine Attacke auf Rom nun aussichtslos war, und beschlossen deshalb,
ihre Rebellenarmee nach Norden zu führen. Sie hatten vor, die Alpen zu überqueren und in Gallia Transalpina eine Enklave in den Bergen zu errichten, wo sie sich vielleicht noch auf Jahre hinaus würden halten können. Doch der Winter nahte, und die niedrigeren Pässe waren schon von drei Legionen unter dem Kommando von Metellus Celer abgeriegelt. Inzwischen hatte sich die andere Senatsarmee, die von Hybrida befehligte, auf die Verfolgung von Catilinas Truppe gemacht. Catilina entschied sich für die Umkehr und führte seine Leute in eine schmale Ebene östlich von Pisa, um sich dort Hybridas Armee zum Kampf zu stellen.
    Es verwundert kaum, dass Vermutungen lautwurden – die bis zum heutigen Tag nicht verstummt sind –, dass er und sein alter Verbündeter Hybrida insgeheim immer Kontakt gehalten hätten. Cicero hatte dies geahnt, und als feststand, dass es zur Schlacht kommen würde, öffnete Hybridas erfahrener militärischer Legat Marcus Petreius die versiegelten Befehle, die Cicero ihm mitgegeben hatte. Diese bestimmten ihn zum operativen Befehlshaber und verfügten, dass Hybrida Krankheit vorzutäuschen habe und nicht an den Kämpfen teilnehmen dürfe; sollte er sich weigern, sei er von Petreius in Gewahrsam zu nehmen. Als Hybrida darüber informiert wurde, war er sofort einverstanden und erklärte, dass ihn die Gicht plage. So stand Catilina unerwarteterweise einem der fähigsten Heerführer der römischen Armee gegenüber, der zudem eine Truppe befehligte, die weit größer und besser ausgerüstet war als seine.
    Am Morgen der Schlacht richtete Catilina folgende Worte an seine Soldaten, von denen viele nur mit Mistgabeln und Jagdspeeren bewaffnet waren: »Männer, unsere Gegner erheben die Waffen für eine korrupte Oligarchie, wir aber kämpfen für unser Land, für unsere Freiheit, für unser Leben. Ihre Zahl mag größer sein, aber unser Wille ist stärker, und deshalb werden wir siegen. Sollte das Schicksal sich gegen
uns wenden, und sollten wir, aus welchem Grunde auch immer, unterliegen, lasst euch nicht abschlachten wie Vieh, kämpft wie Männer und sorgt dafür, dass der Feind mit Blut und Trauer für seinen Sieg bezahlen muss.« Dann ertönte das Trompetensignal, und die vordersten Linien marschierten aufeinander zu.
    Es war ein fürchterliches Gemetzel. Catilina kämpfte den ganzen Tag mitten im Schlachtgewühl. Nicht einer seiner Offiziere kapitulierte. Sie kämpften mit der grausamen Hemmungslosigkeit von Männern, die nichts zu verlieren hatten. Erst als Petreius seine Eliteeinheit in die Schlacht warf, eine Prätorianische Kohorte, musste sich die Rebellenarmee geschlagen geben. Alle Anhänger Catilinas, einschließlich Manlius, starben auf dem Schlachtfeld. Später stellte man fest, dass ihre Wunden sich allesamt vorn, keine einzige im Rücken befand. Bei Einbruch der Dämmerung fand man Catilina selbst: tief eingedrungen in die gegnerischen Linien, umgeben von den Leichen der Feinde, die er in Stücke gehauen hatte. Er atmete noch, doch starb er kurz darauf an seinen schrecklichen Verletzungen. Sein Kopf wurde auf Hybridas Anweisung in einem Fass voll Eis nach Rom geschickt und dem Senat präsentiert. Cicero, der sein Konsulsamt wenige Tage zuvor abgegeben hatte, weigerte sich jedoch, einen Blick darauf zu werfen. Damit war die Verschwörung des Lucius Sergius Catilina beendet.

TEIL ZWEI
PATER PATRIAE
    62–58 v. Chr.
     
     
     
    »NAM CATONEM NOSTRUM NON TU AMAS PLUS
QUAM EGO; SED TAMEN ILLE OPTIMO ANIMO
UTENS ET SUMMA FIDE NOCET
INTERDUM REI PUBLICAE; DICIT ENIM
TAMQUAM IN PLATONIS POLITEIAI,
NON TAMQUAM IN ROMULI FAECE
SENTENTIAM.«
     
     
    Was unseren Freund Cato angeht, so schätze ich ihn nicht
weniger als du. Das ändert allerdings nichts an der
Tatsache, dass er bei all seinem Patriotismus und all
seiner Lauterkeit bisweilen eine politische Bürde ist.
Im Senat spricht er, als lebe er in Platons Idealstaat
und nicht in Romulus’ Drecksloch.
     
    Cicero, Brief an Atticus, 3.Juni 60 v. Chr.

KAPITEL

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