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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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versammelte sich die Fraktion der Patrizier, darunter Catulus,
Isauricus und Hortensius, zur Linken nahmen diejenigen Platz, die die Sache der Popularen vertraten, insbesondere Caesar und Crassus. Ich hielt nach Rullus Ausschau, unter dessen Namen das Gesetz eingebracht worden war, und entdeckte ihn im Kreis der anderen Volkstribunen. Noch vor kurzem war er nur einer von vielen reichen jungen Nichtstuern gewesen, dem es aber jetzt gefiel, sich wie ein armer Mann zu kleiden und sich einen Bart stehen zu lassen, um seine Sympathien für die Popularen zu zeigen. Außerdem sah ich Catilina, der sich auf eine der vorderen, für die Prätoren reservierten Bänke fallen ließ, die kräftigen Arme ausbreitete und die langen Beine von sich streckte. Er schien in Gedanken versunken zu sein, zweifellos dachte er daran, dass statt Cicero er an diesem Tag auf dem Konsulsstuhl hätte sitzen können. Hinter ihm ließen sich seine Gefolgsleute nieder – Männer wie der bankrotte Spieler Quintus Curius und der unglaublich fette Lucius Cassius Longinius, dessen gewaltiger Körper den Platz von zwei normal gebauten Senatoren einnahm.
    Ich war so neugierig darauf, zu sehen, welche Senatoren gekommen waren und wie sie sich verhielten, dass ich kurz meinen Blick von Cicero abwandte. Als ich mich wieder umschaute, war er verschwunden. Ich fragte mich, ob er wohl nach draußen gegangen war, um sich zu übergeben, was oft vorkam, wenn er vor einer schwierigen Rede nervös war. Aber als ich hinter das Podium ging, entdeckte ich ihn auf der Rückseite der Jupiterstatue, wo er – von vorn nicht zu sehen – in eine hitzige Debatte mit Antonius Hybrida verstrickt war. Er schaute tief in Hybridas blutunterlaufene blaue Augen, die rechte Hand krallte sich in die Schulter seines Mitkonsuls, die linke gestikulierte heftig. Hybrida nickte langsam, als ob er nur vage begriff, was der andere von ihm wollte. Schließlich breitete sich auf seinem Gesicht langsam ein Lächeln aus. Cicero ließ ihn los, die
beiden Männer schüttelten sich die Hand und kamen hinter der Statue hervor. Hybrida ging zu seinem Platz, und Cicero fuhr mich ziemlich rüde an, ob ich an die Abschrift des Gesetzestextes gedacht hätte. Ich bejahte. »Gut«, sagte er. »Dann los.«
    Ich setzte mich auf meinen Platz, einen Hocker hinten auf dem Podium, zog meinen Griffel hervor und bereitete mich darauf vor, das erste offizielle Kurzschriftprotokoll einer Senatssitzung anzufertigen. Zwei von mir ausgebildete Schreiber hatte ich links und rechts in der Kammer postiert, sie schrieben ebenfalls mit: Hinterher würden wir unsere Notizen vergleichen und die endgültige Fassung erstellen. Ich hatte immer noch keine Ahnung, wie Cicero das feierliche Ereignis zu handhaben gedachte. Ich wusste, dass er tagelang versucht hatte, eine konsensfähige Rede zu entwerfen, aber sie hatte sich als derart hoffnungslos langweilig erwiesen, dass er angewidert einen Entwurf nach dem anderen begraben hatte. Niemand wusste, wie er auf den neuen Gesetzesvorschlag reagieren würde. Die Spannung in der Kammer war mit Händen zu greifen. Als Cicero das Podium bestieg, verstummte das Geplauder schlagartig, und man spürte, wie sich der gesamte Senat innerlich vorbeugte, um zu hören, was er zu sagen hatte.
    »Senatoren Roms«, begann er in gewohnt ruhiger Manier, so wie er seine Reden immer eröffnete. »Es ist Sitte, dass die in dieses erhabene Amt gewählten Männer einige Sätze der Ergebenheit vorausschicken, in denen sie ihrer Vorfahren gedenken, die ebenfalls dieses Amt bekleidet haben, und ihrer Hoffnung Ausdruck verleihen, dass sie sich ihres Beispiels als würdig erweisen. In meinem Fall ist eine Ergebenheitsadresse, das kann ich erfreulicherweise sagen, nicht möglich.« Das rief vereinzeltes Gelächter hervor. »Ich bin ein homo novus«, verkündete er. »Ich verdanke meine hohe Stellung keiner Familie und keinem Namen, weder
Reichtum noch militärischem Ruhm, sondern dem römischen Volk, und solange ich dieses Amt bekleide, werde ich der Konsul des Volkes sein.«
    Die Stimme Ciceros war ein wunderbares Instrument mit seinem vollen Ton und dem leichten Stottern – ein Sprachfehler, der jedes Wort hart erkämpft und kostbarer erscheinen ließ. Seine Worte hallten in der Stille nach wie eine Botschaft Jupiters. Die Tradition verlangte es, dass er erst über die Armee sprach. Die prachtvollen gemeißelten Adler unter dem Dach blickten auf ihn herab, als er mit überschwänglichen Worten die

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