02 Titan
ausgestiegen war, würde Macedonia nun doch noch ihm zufallen! Die patrizischen Senatoren auf den Bänken hinter Hybrida beugten sich vor, klopften ihm auf die Schulter und beglückwünschten ihn sarkastisch. Er wand sich unter ihren höhnischen Kommentaren und schaute nervös über den Gang zu seinen ehemaligen Freunden. Catilina war wie betäubt, er saß da wie zu Stein erstarrt. Caesar lehnte sich einfach zurück, verschränkte die Arme und schaute zur Decke hinauf, während um ihn herum das Chaos tobte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schüttelte er nur den Kopf.
Danach fiel die Spannung ab. Cicero arbeitete sich durch die Liste der neuen Prätoren und rief dann die ehemaligen Konsuln auf, damit sie ihren Standpunkt zu Rullus’ Gesetz darlegen konnten. Die Meinungen verliefen exakt entlang den Fraktionslinien. Caesar wurde von Cicero nicht aufgerufen: Er war noch zu jung und hatte noch kein imperium – ein Amt mit militärischer Befehlsgewalt – innegehabt. Die einzige wirkliche Drohung kam von Catilina. »Du hast dich den Konsul des Volkes genannt«, sagte er höhnisch zu Cicero, als er schließlich an die Reihe kam. »Nun, wir werden sehen, was das Volk dazu zu sagen hat!« Aber der Tag gehörte dem neuen Konsul, und als das Licht zu verblassen begann und Cicero die Sitzung bis nach dem Latinerfest vertagt hatte, eskortierten ihn die Patrizier aus dem Tempel und durch die Stadt bis zu seinem Haus, ganz so, als wäre er einer von ihnen und nicht ein verachteter homo novus.
Cicero war in Hochstimmung, als er über die Schwelle trat, denn nichts erfreut einen Politiker mehr, als einen Gegner
unvorbereitet zu erwischen, und es wurde über nichts anderes gesprochen als über Hybridas Treuebruch. Quintus jedoch war außer sich. In dem Augenblick, als endlich auch der letzte Gratulant das Haus verlassen hatte, fiel er derart wutentbrannt über seinen Bruder her, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Die Szene war umso peinlicher, als auch Atticus und Terentia anwesend waren.
»Warum hast du mit keinem von uns gesprochen, bevor du auf die Provinz verzichtet hast?«, fuhr er ihn an.
»Was spielt das für eine Rolle? Was zählt, ist das Ergebnis. Du hast ihnen genau gegenübergesessen. Wer von den beiden hat zerstörter ausgesehen, Caesar oder Crassus?«
Aber Quintus ließ sich nicht beirren. »Wann hast du das entschieden?«
»Um ehrlich zu sein, ich hab daran gedacht, seit ich das Los für Macedonia gezogen hatte.«
Quintus warf zornig die Hände in die Luft. »Willst du damit sagen, dass du dich schon entschieden hattest, als wir uns gestern Abend unterhalten haben?«
»Mehr oder weniger.«
»Aber warum hast du uns das nicht gesagt?«
»Erstens, weil ich wusste, dass du dagegen bist. Zweitens, weil ich dachte, dass Caesar am Ende vielleicht doch noch ein Gesetz aus der Tasche ziehen würde, das ich hätte unterstützen können. Und weil es ganz allein meine Sache ist, was ich mit meiner Provinz mache.«
»Nein, es ist eben nicht nur deine Sache, Marcus, es ist unsere Sache. Wie sollen wir ohne die Einkünfte aus Macedonia unsere Schulden bezahlen?«
»Du meinst, wie sollst du deinen Wahlkampf für das Prätoriat in diesem Sommer finanzieren?«
»Das ist ungerecht!«
Cicero nahm Quintus’ Hand. »Hör mir zu, Bruderherz, du wirst Prätor werden. Und du schaffst das nicht mit Bestechung,
sondern mit dem guten Namen Cicero, und das wird dir den Triumph umso süßer erscheinen lassen. Verstehst du das nicht? Ich musste einen Keil zwischen Hybrida auf der einen und Caesar und den Volkstribunen auf der anderen Seite treiben. Meine einzige Hoffnung, die Republik durch diesen Sturm zu steuern, liegt darin, die Einigkeit des Senats zu bewahren. Ich kann es nicht dulden, dass im Senat hinter meinem Rücken Intrigen angezettelt werden. Ich musste Macedonia opfern.« Er wandte sich um Unterstützung an Atticus und Terentia. »Außerdem, wer will schon eine Provinz regieren? Ihr wisst doch, ich könnte es nicht ertragen, euch alle hier in Rom zurückzulassen.«
»Und was sollte Hybrida daran hindern, sich einfach Macedonia unter den Nagel zu reißen und die Anklage gegen Rabirius trotzdem weiter zu unterstützen?«, fragte Quintus.
»Warum sollte er? Der einzige Grund, warum er sich ihrem Komplott angeschlossen hat, war Geld. Jetzt kann er seine Schulden ohne sie bezahlen. Außerdem, nichts ist unterzeichnet und besiegelt – ich kann meine Meinung immer noch ändern. Und in der Zwischenzeit
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