02 Titan
der Seite der Popularen fast leer waren. Boten eilten davon, um Caesar zu holen. Währenddessen versammelten sich alle, die den Triumph für Lucullus guthießen, um dessen Bruder, und nachdem man die Köpfe gezählt hatte, erklärte Cicero den Antrag mit hundertzwanzig zu sechzehn ordnungsgemäß für angenommen und vertagte die Sitzung. Dann eilte er, angeführt von seinen Liktoren, durch den Gang zur Tür, als Caesar und Catilina erschienen. Offensichtlich hatten sie
begriffen, dass sie ausgetrickst worden waren und irgendeine bedeutende Abstimmung verloren hatten, wobei es sie aber noch ein, zwei Stunden kosten sollte, bis sie schließlich herausfanden, um was genau es sich dabei gehandelt hatte. Vorerst konnten sie allerdings nichts anderes tun, als beiseitezutreten und den Konsul mit seinen Liktoren vorbeizulassen. Es war ein köstlicher Augenblick, und Cicero brachte später beim Abendessen das Gespräch immer wieder darauf.
Richtigen Ärger gab es erst am nächsten Tag im Senat. Die Bänke der Popularen waren voll besetzt, und es herrschte Krawallstimmung. Crassus, Catilina und Caesar hatten inzwischen herausgefunden, was Cicero im Schilde führte, meldeten sich nacheinander zu Wort und forderten eine Wiederholung der Abstimmung. Aber Cicero ließ sich nicht einschüchtern. Er verfügte, dass die Kammer beschlussfähig gewesen sei, Lucullus habe seinen Triumph verdient, und das Spektakel sei zur Hebung der Stimmung im Volk notwendig: Seiner Ansicht nach sei das Thema damit erledigt. Catilina jedoch weigerte sich, wieder Platz zu nehmen, und forderte weiter eine Wiederholung der Abstimmung. Cicero versuchte in aller Ruhe, zum nächsten Punkt überzuleiten, dem Gesetz über die Reisekostenabrechnung. Da der Tumult nicht abebbte, erwartete ich eine Unterbrechung der Sitzung. Catilina hatte jedoch die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben, die Macht durch die Wahlurne und nicht durch das Schwert zu übernehmen. Ihm wurde klar, dass der Konsul zumindest in einem Punkt Recht hatte: Die Menschen in Rom hatten immer ihren Spaß bei einem Triumph, und sie würden es nicht verstehen, wenn man ihnen heute das Vergnügen versprach und morgen wieder nahm. Im letzten Augenblick ließ er sich auf seinen Platz in der vorderen Reihe fallen und machte eine abschätzige Geste in Richtung des Konsuls, in der seine ganze Wut und Empörung
lag. Damit stand es fest: Lucullus würde seinen Ruhmestag in Rom bekommen.
An diesem Abend stattete Servius Cicero einen Besuch ab. Barsch wies er das Angebot, etwas zu trinken, ab und fragte, ob die Gerüchte stimmten.
»Welche Gerüchte?«
»Dass du mich fallenlässt und Murena unterstützt.«
»Alles erlogen. Ich werde für dich stimmen, und das werde ich auch jedem sagen, der es hören will.«
»Und warum hast du es dann so eingefädelt, dass Murenas alte Legionäre in der Wahlwoche die Stadt überschwemmen? Das ruiniert meine Aussichten.«
»Wann Lucullus seinen Triumph abhält, ist ganz allein seine Sache«, sagte Cicero – eine Antwort, die im streng juristischen Sinn der Wahrheit entsprach, aber in jeder anderen Hinsicht grob irreführend war. »Willst du nicht doch etwas trinken?«
»Hältst du mich wirklich für so vertrottelt?« Servius’ gebückter Körper zitterte vor Erregung. »Das ist Bestechung, schlicht und einfach. Und ich möchte dich warnen, Konsul: Ich beabsichtige, im Senat ein Gesetz einzubringen, das es Kandidaten oder ihren Stellvertretern verbietet, unmittelbar vor einer Wahl Bankette oder Spiele abzuhalten.«
»Hör zu, Servius. Darf ich dir einen Rat geben? Geld, Festtafeln, Unterhaltung – das alles waren schon immer Bestandteile von Wahlkampagnen und werden es auch immer bleiben. Du kannst nicht einfach nur rumsitzen und darauf warten, dass die Wähler zu dir kommen. Du musst ein bisschen Wirbel machen. Egal, wo du hingehst, du musst immer von jeder Menge Anhänger umringt sein. Streu etwas Geld unter die Leute. Du kannst es dir doch leisten.«
»Das ist Wählerbestechung.«
»Nein, du begeisterst sie. Du darfst nicht vergessen, dass die meisten von ihnen arme Bürger sind. Du musst ihnen das
Gefühl geben, dass ihre Stimme einen Wert hat und dass die Großen ihnen Aufmerksamkeit schuldig sind, wenn auch nur einmal im Jahr. Das ist alles, was sie haben.«
»Du erstaunst mich in höchstem Maß, Cicero. Nie hätte ich geglaubt, dass ein römischer Konsul so etwas sagen könnte. Die Macht hat dich völlig korrumpiert. Ich werde mein Gesetz morgen
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