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02 Titan

02 Titan

Titel: 02 Titan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Nachmittag nicht am üblichen Tagungsort, sondern im Tempel der Concordia versammeln solle, auf dass der Geist der Göttin der nationalen Eintracht die Beratungen der Kammer leiten möge. Außerdem gab er den Befehl, die erst kürzlich fertiggestellte Statue des Jupiter nicht, wie ursprünglich geplant, auf dem Kapitol aufzustellen, sondern vor der Rostra auf dem Forum, und zwar sofort. »Ich werde mich mit einer Leibwache aus Göttern umgeben«, sagte er zu mir. »Weil ich nämlich durchaus – denk an meine Worte, wenn all dies vorüber ist – jeden nur möglichen Schutz nötig haben könnte.«
    Die fünf Verschwörer blieben unter Bewachung im Atrium, während Cicero sich in sein Arbeitszimmer zurückzog, um die Gallier zu befragen. Ihre Aussage war, wenn das überhaupt möglich war, noch belastender als die von Volturcius. Es stellte sich heraus, dass man die Gesandten, kurz bevor sie Rom verließen, noch ins Haus von Cethegus geführt hatte, wo man ihnen die Waffen zeigte, die mit dem Signal zum Losschlagen verteilt werden würden. Flaccus und ich wurden zur Bestandsaufnahme des Arsenals entsandt, das wir im Tablinum entdeckten: Vom Boden bis zur
Decke stapelten sich Körbe voller Schwerter und Dolche, nagelneu, glänzend, von merkwürdig geschwungener Form, mit Griffen, auf denen fremdartige Zeichen eingraviert waren. Nach Flaccus Meinung Waffen, die im Ausland hergestellt worden waren. Ich berührte mit dem Daumen die Klinge eines der Schwerter. Sie war scharf wie ein Rasiermesser, und mir ging der schauerliche Gedanke durch den Kopf, dass man mit ihr nicht nur Ciceros, sondern wahrscheinlich auch meine Kehle hätte aufschlitzen können.
    Als ich die Inspektion der Kisten beendet hatte und in Ciceros Haus zurückkehrte, war es schon Zeit, um in den Senat aufzubrechen. Die unteren Räume waren mit süß duftenden Blumen geschmückt, und es wurden gerade zahlreiche Amphoren Wein hereingetragen. Eines war klar: Worin die mysteriösen Zeremonien für die Bona Dea auch immer bestanden, es waren keine enthaltsamen. Terentia nahm ihren Mann zur Seite und umarmte ihn. Ich konnte nicht hören, worüber sie sprachen, versuchte es auch gar nicht, aber ich sah, dass sie seinen Arm nahm und fest drückte. Umgeben von Legionären, machten wir uns auf den Weg zum Tempel der Concordia. In unserem Gefolge waren auch die Verräter, von denen jeder Einzelne von einem Mann mit konsularem Rang begleitet wurde. Sie waren jetzt alle sehr kleinlaut, selbst Cethegus war der Hochmut vergangen. Niemand wusste, was uns erwartete. Als wir das Forum betraten, nahm Cicero zum Zeichen der Ehrerbietung Suras Hand, was der Patrizier in seiner Benommenheit aber gar nicht zu bemerken schien. Ich ging mit den Briefen direkt hinter ihnen. Bemerkenswert war nicht so sehr die große Menschenmenge  – unnötig zu erwähnen, dass fast die gesamte Bevölkerung herbeigeströmt war –, sondern die absolute Stille.
    Der Tempel wurde von bewaffneten Männern abgeschirmt. Die wartenden Senatoren staunten nicht schlecht, als sie Sura an der Hand von Cicero sahen. Im Tempel wurden
die Verräter in einen kleinen Lagerraum gleich neben dem Eingang gesperrt, und Cicero ging geradewegs auf das provisorische Podium zu, wo man unter der Statue der Concordia seinen Stuhl aufgestellt hatte. »Senatoren«, sagte er. »Heute Morgen, kurz vor Tagesanbruch, führten auf meinen Befehl hin die furchtlosen Prätoren Lucius Flaccus und Gaius Pomptinus eine Abordnung bewaffneter Männer auf die Milvische Brücke und nahmen dort eine Gruppe Reiter fest, die sich auf dem Weg nach Etrurien befand …« Kein Flüstern war zu hören, nicht einmal ein Husten. Es herrschte eine Stille, wie ich sie nie zuvor im Senat erlebt hatte – unheilvoll, beklemmend, voller Angst. Ich schrieb mit, konnte aber hin und wieder kurz den Kopf heben, um einen Blick zu Caesar und Crassus zu werfen. Beide saßen vorgebeugt auf ihren Plätzen und hörten sich konzentriert jedes Wort Ciceros an. »Dank der Treue unserer Verbündeten, der gallischen Gesandten, die angewidert waren von den ihnen unterbreiteten Vorschlägen, war ich über das verräterische Treiben einiger unserer Mitbürger gewarnt und somit in der Lage, die nötigen Vorkehrungen zu treffen …«
    Als der Konsul seinen Bericht beendet hatte, der auch die Einzelheiten des Komplotts beinhaltete, dass in der Stadt Brände gelegt sowie viele Senatoren und andere herausragende Personen ermordet werden sollten, war eine Art

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