02 - Winnetou II
ihn an“, antwortete der ‚Weiße Biber‘, „aber auch das ist noch kein Beweis.“
„Du bist aber überzeugt, daß er Offizier und bei jenem Señor Cortesio gewesen ist?“
„Ja.“
„Er muß also zu der Partei gehören, für welche Cortesio anwirbt?“
„So ist es. Beweise mir aber, daß dieser Mann für Juarez anwirbt, so bin ich befriedigt!“
„Nun, hier ist der Beweis.“
Er griff in die Tasche und zog den Paß hervor, welcher mit Juarez' unterschrieben war. Er öffnete ihm und fuhr fort:
„Um uns selbst zu überzeugen, daß Cortesio für Juarez arbeitet und daß alle Bleichgesichter, welche zu ihm kommen, Freunde von Juarez sind, haben wir so getan, als ob auch wir uns anwerben lassen wollten. Er hat uns angenommen und jedem von uns einen Paß gegeben, welcher mit dem Namen Juarez unterzeichnet ist. Mein Gefährte kann dir den seinigen ebenfalls zeigen.“
Der Häuptling nahm den Paß und betrachtete ihn genau. Ein grimmiges Lächeln glitt über sein Gesicht.
„Der ‚Weiße Biber‘ hat nicht die Kunst der Weißen gelernt, auf dem Papiere zu sprechen“, sagte er; „aber er kennt das Zeichen ganz genau, welches er hier sieht; es ist das Totem des Juarez. Und unter meinen Kriegern ist ein junger Mann, ein Halbblut, welcher als Knabe viel bei den Bleichgesichtern gewesen ist und die Kunst versteht, das Papier sprechen zu lassen. Ich werde ihn rufen.“
Er rief laut einen Namen aus. Ein junger, hell gefärbter Mann trat herbei und nahm auf einige Worte des Häuptlings den Paß in die Hand, kniete neben dem Feuer nieder und las, zugleich übersetzend, die Worte vor. Ich verstand ihn nicht; aber Old Deaths Gesicht wurde heller und immer heller. Als der Halbwilde geendet hatte, gab er den Paß mit sichtlichem Stolz, eine solche Kunst ausgeübt zu haben, zurück und entfernte sich. Old Death steckte den Paß ein und fragte: „Soll auch mein Gefährte den seinigen zeigen?“ Der Häuptling schüttelte den Kopf. „Weiß mein roter Bruder nun, daß diese Bleichgesichter ihn belogen haben und seine Feinde sind?“
„Er weiß es nun ganz gewiß. Er wird seine hervorragendsten Krieger sofort versammeln, um mit ihnen zu beraten, was geschehen soll.“
„Soll ich an dieser Beratung teilnehmen?“
„Nein. Mein Bruder ist klug im Rat und mutig bei der Tat; aber wir brauchen ihn nicht, denn er hat bewiesen, was er beweisen wollte. Was nun zu geschehen hat, ist nur Sache der Comanchen, welche belogen worden sind.“
„Noch eins. Es gehört zwar nicht zu der bisherigen Angelegenheit, ist aber von großer Wichtigkeit für uns. Warum ist mein roter Bruder so weit südwärts gezogen? Warum wagt er sich hinauf auf die Höhen der Wüste?“
„Die Comanchen wollten erst weiter nördlich reiten; aber sie haben erfahren, daß Winnetou mit großen Scharen nach dem Rio Conchos ist, und daß infolgedessen die Dörfer der Apachen hier unbewacht stehen. Wir haben uns daher schnell nach Süden gewendet und werden hier eine so große Beute machen, wie noch keine heimgeschafft wurde.“
„Winnetou nach dem Rio Conchos? Hm! Ist diese Nachricht zuverlässig? Von wem hast du sie? Wohl von den zwei Indianern, welche nordwärts von hier auf euch trafen?“
„Ja. Ihr habt ihre Fährte gesehen?“
„Wir sahen sie. Was für Indianer waren es?“
„Sie sind vom Stamm der Topia, Vater und Sohn.“
„Befinden sie sich noch bei dir, und darf ich mit ihnen sprechen?“
„Mein Bruder darf alles tun, was ihm gefällt.“
„Auch mit den beiden Bleichgesichtern sprechen, welche du mir ausliefern wirst?“
„Wer soll dich daran hindern?“
„So habe ich nur noch eine Bitte: Erlaube mir, um das Lager zu gehen! Wir sind in Feindesland, und ich möchte mich überzeugen, daß alles zu unserer Sicherheit Erforderliche geschehen ist.“
„Tue es, obgleich es nicht nötig ist. Der ‚Weiße Biber‘ hat das Lager und die Wachen geordnet. Auch sind unsere Kundschafter vor uns. Also ist alles in Ordnung.“
Seine Freundschaft für Old Death mußte sehr groß sein, da er sich nicht beleidigt fühlte durch das Verlangen des Scout, selbst nach den getroffenen Sicherheitsmaßregeln zu sehen. Die beiden vornehmen Comanchen, welche vollständig wortlos bei ihm gesessen hatten, erhoben sich jetzt und schritten in gemessener Haltung davon, um die Teilnehmer der Beratung zusammen zu holen. Die andern Comanchen nahmen nun wieder an ihren Feuern Platz. Die beiden Langes und Sam bekamen einen Platz an einem derselben angewiesen
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