Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gute Ernte gehabt, sehr gute, wenn ich mich nicht irre. Könnt's selbst sehen, Sir; werdet wenig Wasser im Tor finden, meine ich.“
    Er drehte sich um und schritt, während wir weiterritten, seinem Versteck wieder zu.
    Die kleine Szene hatte mir gezeigt, daß wir in der Nähe der ‚Festung‘ angekommen seien, denn Sam Hawkens stand jedenfalls als Sicherheitswache in kurzer Entfernung vom Zugang zu derselben, und mit Aufmerksamkeit musterte ich die Umgebung, um das Tor zu entdecken.
    Jetzt öffnete sich links eine enge Kluft, welche von so nahe aneinandertretendem und oben von Brombeerranken überdachtem Gestein gebildet wurde, daß man beide Seitenwände mit den ausgespreizten Händen erreichen konnte. Die ganze Breite des Bodens nahm ein Bach ein, dessen hartes, felsiges Bett nicht die geringste Spur eines Fußes wiedergeben konnte und sein klares durchsichtiges Wasser in das Flüßchen leitete, an dessen Rand wir in das Tal emporgeritten waren. Old Firehand bog hier ein, und wir folgten, langsam gegen den Lauf des Wassers reitend. Jetzt verstand ich auch die Worte des Postens, daß wir wenig Wasser im Tor finden würden.
    Kurze Zeit nur hatten wir diese Richtung eingeschlagen, als die Felsen zusammenrückten und uns in so geschlossener Masse entgegentraten, daß der Weg hier zu Ende zu sein schien. Aber zu meinem Erstaunen ritt Old Firehand immer zu, und ich sah ihn mitten durch die Mauer verschwinden. Winnetou folgte, und als ich die rätselhafte Stelle erreichte, bemerkte ich nun allerdings, daß die dichten, von oben herabhängenden, wilden Efeuranken nicht eine Bekleidung des Steines, sondern einen Vorhang bildeten, hinter welchem die Öffnung tunnelartig fortlief und in dichte Finsternis führte.
    Lange, lange Zeit und in verschiedenen Krümmungen folgte ich den beiden Voranreitenden durch das Dunkel, bis endlich wieder ein matter Tagesschein vor mir auftauchte und wir in eine ähnliche Kluft kamen wie diejenige, durch welche wir uns vorher gewunden hatten.
    Als dieselbe sich öffnete, hielt ich überrascht an.
    Wir befanden uns nämlich am Eingang eines mächtigen und weit ausgedehnten Talkessels, welcher rings von ungangbaren Felswänden umschlossen war. Ein blätterreicher Saum von Büschen umrahmte die mit lockigem Gras bestandene, fast kreisrunde Fläche, auf welcher mehrere Trupps von Pferden und Maultieren weideten, zwischen denen sich zahlreiche Hunde herumtrieben, die teils jener wolfsähnlichen Rasse, welche den Indianern ihre Wacht- und Lasttiere liefert, teils aber auch den kleinen, schnell fett werdenden Bastardarten angehörten, deren Fleisch nächst dem des Panthers bei jenen als der größte Leckerbissen galt.
    „Da habt ihr meine Burg“, wandte sich Old Firehand an uns, „in welcher es sich noch sicherer wohnen läßt als selbst in Abrahams Schoß.“
    „Gibt es eine Öffnung dort in den Bergen?“ fragte ich, nach dem entgegengesetzten Ende des Tales deutend.
    „Nicht so viel, daß ein ‚Stunk‘ hindurchschlüpfen könnte, und von außen ist es fast unmöglich, die Höhen zu erklimmen. Es ist wohl schon manche Rothaut da draußen vorübergeschlichen, ohne zu ahnen, daß diese schroffen Felsenzacken nicht eine kompakte Masse bilden, sondern ein so allerliebstes Tal umschließen.“
    „Aber wie habt Ihr diesen köstlichen Ort entdeckt?“
    „Ich verfolgte ein Racoon (Waschbär) bis in die Spalte, die damals noch nicht vom Efeu verdeckt wurde, und habe natürlich sofort Besitz von dem Platz ergriffen.“
    „Allein?“
    „Erst ja, und hundertmal bin ich dem Tod entronnen, weil ich vor den Verfolgungen der rothäutigen Halunken hier ein sicheres und untrügliches Versteck fand. Später habe ich meine ‚Jungens‘ mit hergenommen, wo wir nun unsere Häute sammeln und den Schrecken des Winters trotzen können.“
    Noch während der letzten Worte tönte ein gellender Pfiff weit über den grünenden Plan, und kaum war er erklungen, so öffneten sich an verschiedenen Stellen ringsum die Büsche, und es kamen eine Anzahl Gestalten zum Vorschein, denen man das Bürgerrecht des Westens auf mehrere tausend Schritte anzusehen vermochte.
    Wir trabten der Mitte des Platzes zu und waren bald von den Leuten umringt, welche ihre Freude über die Ankunft Firehands in den kernigsten Ausdrücken kundgaben. Unter ihnen befand sich auch Will Parker, der sich vor Freude über meinen Anblick fast wie närrisch benahm und auch von Winnetou freundlich begrüßt wurde.
    Mitten in dem Lärmen, der allerdings

Weitere Kostenlose Bücher