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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wollte der vorderste sein Pferd in die Enge lenken, als aus derselben ein Schuß fiel und er leblos vom Tier stürzte. Sofort krachte es zum zweitenmal; der nächste ward bügellos, und da die bestürzten Wilden sich auf diese Weise den Eingang verwehrt und zu gleicher Zeit von uns fast umzingelt sahen, so brachen sie in der Richtung nach dem Mankizila durch und flohen, immer wieder verfolgt von den Dragonern, dem Wasserlauf entlang davon.
    Nicht geringer als die Bestürzung der Wilden war auch mein Erstaunen über die Schüsse, welche unsere Absicht so kräftig unterstützten oder vielmehr unnötig machten. Aber ich sollte nicht lange im Zweifel über den mutigen Schützen sein, denn noch war der Hufschlag der Davonreitenden nicht verhallt, so lugte aus einem Wald von struppigen Barthaaren eine gewaltige Nase, über welcher ein paar kleine, listige Äuglein funkelten, vorsichtig hinter der Felskante hervor, und da kein feindliches Wesen zu bemerken war, so schoben sich die übrigen Körperteile vertrauensvoll hinter dem rekognoszierenden Riechorgan her.
    „Segne meine Augen, Sir! Welche Büchse hat denn auch Euch wieder hierhergeschossen, wenn ich mich nicht irre?“ fragte der kleine Mann, ebenso erstaunt über meinen Anblick wie ich über den seinen.
    „Sam, Ihr seid's? Wie kommt denn Ihr in das Tor? Habe Euch doch mit diesen meinen eigenen Augen fortreiten sehen!“
    „Fortreiten, Sir? Danke für den Ritt! War eine Bestie, die gar nicht von der Stelle kam und ihre alten Knochen mir so zwischen den Beinen herumschüttelte, daß diesem alten Coon die seinigen auseinander gegangen wären, wenn er das dumme Tier nicht hätte laufen lassen. Bin dann wieder zurückgeschlichen, hihihi; dachte mir, daß die Roten alle hinter Euch her seien und die ‚Festung‘ leer gelassen haben würden, wie mir scheint. Fand es auch so. Haben sich schön gewundert, als sie wieder zurückkamen, und machten Gesichter, meine ich, Gesichter, hihihi! Aber wo bringt Ihr denn die Kommißleute her, Sir?“
    „Wir werden wohl erfahren, welche Absicht sie grad jetzt, so sehr zur richtigen Zeit, in diese abgelegene Gegend führt. Ihr plötzliches Erscheinen kommt mir wie ein Wunder vor, und ich möchte fast sagen, daß sie uns gerettet haben.“
    „Das sage ich nicht. Old Shatterhand, Winnetou und Sam Hawkens sind Leute, die sich selbst zu retten verstehen. Aber um diesen roten Ponkas für lange Jahre einen Denkzettel anzuhängen, dazu kamen sie grad zum rechten Augenblick. Meint Ihr, daß wir ihnen jetzt gleich nachreiten?“
    „Wozu? Sie werden auch ohne uns mit den Indsmen fertig. Das hat Winnetou auch gedacht, denn er ist mit Harry hinein in das ‚Schloß‘ geritten. Wollen auch hinein, um nach unsern Toten zu sehen.“
    Als wir den Eingang passiert hatten und in dem für uns so verhängnisvollen Talkessel ankamen, sahen wir an der Stelle, wo in der vergangenen Nacht der Kampf stattgefunden hatte, Winnetou und Harry bei der Leiche Old Firehands beschäftigt. Der weinende Harry hielt den Kopf seines Vaters im Schoß, und der Apache untersuchte die Schußwunde. Grad als wir auch hinkamen, hörten wir Winnetou rufen:
    „Uff, uff, uff! Er ist noch nicht tot; er lebt!“
    Das war ein Wort, welches uns förmlich elektrisierte; Harry jauchzte vor Freude hell auf. Wir beteiligten uns natürlich an den Bemühungen des Apachen und hatten wirklich die Genugtuung, daß Old Firehand nach einiger Zeit die Augen öffnete. Er erkannte uns und hatte für seinen Sohn ein leises Lächeln; sprechen aber konnte er nicht; das Bewußtsein schwand ihm sehr bald wieder. Ich untersuchte ihn auch. Die Kugel war ihm rechtsseitig vorn in die Lunge gedrungen und hinten wieder hinausgegangen, eine sehr schwere und mit vielem Blutverlust verbundene Verwundung; aber trotzdem und obgleich er erst vor kurzem an der Bahn verwundet worden war, stimmte ich der Meinung des Apachen bei, daß der Blessierte infolge seiner mehr als kräftigen Natur bei allerdings außerordentlich sorgfältiger Behandlung zu retten sein werde. Er wurde nach Winnetous bewährter Weise verbunden und erhielt ein so vorzügliches Lager, wie die Örtlichkeit und die Umstände es gestatteten.
    Dann konnten wir an uns selbst auch denken; es war von uns keiner ohne Verletzung davongekommen, und so flickten wir einander zusammen, so gut es gehen wollte. Die andern aber hatten die Mißachtung meiner Warnung alle mit dem Tod bezahlt.
    Gegen Mittag stellten sich die Dragoner ein. Sie hatten die Ponkas

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