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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich wieder ab. Während seiner Rede hatte sich kein Zug seines ehernen Gesichtes bewegt – jetzt saß er still und scheinbar in sich selbstversunken da; nur seine Ohrmuscheln zuckten zuweilen, als ob sie sich mit etwas außer ihm Vorgehenden beschäftigten.
    Indessen flüsterten die Rowdies immer unter sich weiter, sahen sich fragend an, nickten einander zu und schienen endlich zu einem Entschluß zu kommen. Sie kannten den Indsman nicht, hatten auch aus seiner Rede nicht geschlossen, wer er sei, und wollten nun wohl die Niederlage, welche sie uns gegenüber erlitten hatten, dadurch ausgleichen, daß sie ihn fühlen ließen, wie sehr sie einen rothäutigen Menschen verachteten. Dabei mochten sie der Ansicht sein, daß es mir und Old Death nicht einfallen werde, uns seiner anzunehmen, denn wenn nicht wir es waren, welche beleidigt wurden, so hatten wir uns nach den herrschenden Regeln ruhig zu verhalten und zuzuschauen, wie ein harmloser Mensch moralisch mißhandelt wurde. Also stand einer von ihnen auf, derselbe, welcher vorher mit mir angebunden hatte, und schritt langsam und in herausfordernder Haltung auf den Indsman zu. Ich zog meinen Revolver aus der Tasche, um ihn so vor mich auf den Tisch zu legen, daß ich ihn bequem erreichen konnte.
    „Ist nicht notwendig“, flüsterte Old Death mir zu. „Ein Kerl wie Winnetou nimmt es mit der doppelten Anzahl dieser Buben auf.“
    Der Rowdy pflanzte sich breitspurig vor den Apachen hin, stemmte die Hände in die Hüften und sagte:
    „Was hast du hier in Matagorda zu suchen, Rothaut? Wir dulden keine Wilden in unserer Gesellschaft.“
    Winnetou würdigte den Mann keines Blickes, führte sein Glas an den Mund, tat einen Schluck und setzte es dann, behaglich mit der Zunge schnalzend, wieder auf den Tisch.
    „Hast du nicht gehört, was ich sagte, verwünschte Rothaut?“ fragte der Rowdy. „Ich will wissen, was du hier treibst. Du schleichst umher, um uns auszuhorchen, den Spion zu spielen. Die Rothäute halten es mit dem Halunken Juarez, dessen Fell ja auch ein rotes ist; wir aber sind auf Seiten des Imperators Max und werden jeden Indianer aufknüpfen, welcher uns in den Weg kommt. Wenn du nicht sofort in den Ruf einstimmst: ‚Es lebe Kaiser Max‘, so legen wir dir den Strick um den Hals!“
    Auch jetzt sagte der Apache kein Wort. Kein Zug seines Gesichtes bewegte sich.
    „Hund, verstehst du mich? Antwort will ich haben!“ schrie ihn der andere jetzt in offenbarer Wut an, indem er ihm die Faust auf die Achsel legte.
    Da richtete sich die geschmeidige Gestalt des Indianers blitzschnell in die Höhe.
    „Zurück!“ rief er in befehlendem Ton. „Ich dulde nicht, daß ein Coyote mich anheult.“
    Coyote wird der feige Präriewolf genannt, der allgemein als ein verächtliches Tier angesehen wird. Die Indianer bedienen sich dieses Schimpfwortes, sobald sie jemandem ihre höchste Geringschätzung ausdrücken wollen.
    „Ein Coyote?“ rief der Rowdy. „Das ist eine Beleidigung, für welche ich dir zur Ader lassen werde, und zwar augenblicklich!“
    Er zog seinen Revolver. Da aber geschah etwas, was er nicht erwartet hatte: Der Apache schlug ihm die Waffe aus der Hand, faßte ihn an den Hüften, hob ihn empor und schleuderte ihn gegen das Fenster, welches natürlich in Stücke und Scherben ging und mit ihm hinaus auf die Straße flog.
    Das war viel schneller geschehen, als man es erzählen kann. Das Klirren des Fensters, das Heulen der Hunde, das zornige Aufbrüllen der Genossen des auf diese Weise an die Luft Beförderten, das alles verursachte einen Heidenskandal, welcher aber von Winnetous Stimme übertönt wurde. Er trat auf die Burschen zu, deutete mit der Hand nach dem Fenster und rief:
    „Will noch einer von euch dort hinaus? Er mag es sagen!“
    Er war einem der Hunde zu nahe gekommen. Dieser fuhr nach ihm, erhielt aber von dem Apachen einen Fußtritt, daß er sich winselnd unter den Tisch verkroch. Die Sklavenaufseher wichen scheu zurück und schwiegen. Winnetou hielt keine Waffe in der Hand. Seine Persönlichkeit allein war es, welche allen imponierte. Keiner der Angegriffenen antwortete. Der Indianer glich einem Tierbändiger, wenn er in den Käfig tritt und die Wildheit der Katzen durch den Blick seines Auges niederhält.
    Da wurde die Tür aufgerissen, und der durch das Fenster Geworfene, dessen Gesicht durch die Scherben des Glases leicht beschädigt worden war, trat herein. Er hatte das Messer gezogen und sprang unter einem wütenden Schrei auf

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