020 - Das Schiff der schwarzen Piraten
Knurren brach zwischen seinen Zähnen hervor. Mr. Silver hörte den Schuß und wußte, wer ihn abgefeuert hatte. Es war ihm, wie allen andern, seit langem ein Herzensbedürfnis, Rufus für immer zur Hölle zu schicken.
Nun fühlte er sich stark genug dafür, und ihm stand das Höllenschwert zur Verfügung. Wie von Furien gehetzt stürmte der Ex-Dämon über das Deck. Er sah Rufus und Frank Esslin.
Frank stand schlecht. Er verdeckte mit seinem Körper den Dämon. Deshalb brüllte Mr. Silver: »Frank, zur Seite! Zur Seite!«
Der WHO-Arzt wollte nach rechts federn, doch das ließ Rufus nicht zu. Blitzschnell packte er Frank Esslin mit seinen Knochenhänden und riß ihn an sich. Die Situation behagte ihm nicht. Er wollte nicht riskieren, daß Mr. Silver ihn tötete. Das geweihte Silber, das Frank Esslin auf ihn abgefeuert hatte, schwächte ihn.
Doch die Kraft, sich wieder einmal selbst zu zerstören, war noch vorhanden. Als Mr. Silver seinen Sturmlauf jäh stoppte und das Höllenschwert sinken ließ, weil Rufus den Freund in seine Gewalt gebracht hatte, lachte der Dämon höhnisch.
»So leicht ist es, deinen Eifer zu bremsen, Mr. Silver.«
»Verdammt, du feige Kreatur!« knirschte der Ex-Dämon.
»Versteck dich nicht hinter Franz Esslin! Laß ihn los und kämpfe!«
Wieder lachte der Dämon. »Ich denke ja gar nicht daran!«
»Ich werde dich zwingen!«
»Kannst du nicht, weil du auf Esslin Rücksicht nehmen mußt!«
Mr. Silver versuchte zu fintieren, und beinahe wäre es ihm gelungen, Rufus mit dem Höllenschwert zu treffen, ohne Frank Esslin zu verletzen. Aber nur beinahe. Rufus erkannte die kritische Situation einige Sekundenbruchteile eher, und er zerstörte sich.
Eine freiwerdende Kraft zerriß den Dämon mit den vielen Gesichtern.
Und das Unglück dabei war, daß diese Kraft auch Frank Esslin erwischte. Von einem Augenblick zum anderen waren sie beide nicht mehr da. Rufus nicht, und Frank Esslin nicht…
***
Vicky Bonney schrie gell auf, als sich der Seelendolch auf sie herabsenkte. Hölle und Teufel, und ich stand da und hielt eine leergeschossene Waffe in der Hand.
Yora war drauf und dran, meiner Freundin die Seele aus dem Leib zu schneiden. Das war ein schrecklicher Alptraum für mich.
Vier Meter lagen zwischen mir und der Totenpriesterin.
Unmöglich, sie noch rechtzeitig zu überwinden. Und keine Kugel mehr in der Trommel!
Aber die Weihwasserpistole, die war noch geladen!
Als sie mir einfiel, riß ich sie aus dem Gürtel. Eine superflache Waffe, der man ihre Gefährlichkeit für Dämonen nicht ansah.
Lance Selby hatte sie für mich bauen lassen. Sie gewährleistete eine Treffsicherheit auf fünf Meter. Ich drückte ab.
Überhastet.
Der Weihwasserstrahl schnitt waagrecht durch die Luft und streifte Yoras Schulter. Das Mädchen im Blutornat stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus. Wutentbrannt schleuderte es den Seelendolch nach mir.
Ich federte zur Seite. Der Dolch raste heran und nagelte mein Jackett an die Wand. Yora zog sich zurück. Ich konnte ihr nicht folgen, weil der Dolch mich festhielt.
Oda und Roxane stürzten die Stufen des Niedergangs herunter.
»Tony! Vicky!« riefen sie.
Yora verließ den Raum durch eine andere Tür. Ich drehte mich um, packte den Griff des Seelendolchs, während ich den beiden Hexen antwortete, und riß die Waffe aus dem Holz.
Eiskalt war der Dolchgriff. Bestand er etwa überhaupt aus Eis?
Wie wäre es anders zu erklären gewesen, daß er in meiner Hand zerging? Der Seelendolch schmolz. Wasser tropfte von meinen Fingern, und als Oda und Roxane auftauchten, war die Waffe der Totenpriesterin nicht mehr vorhanden.
Ich eilte zu Vicky Bonney und befreite sie mit meinem Ring von den magischen Fesseln. Ich übergab Vicky den beiden Hexen und versuchte mir Yora zu kaufen, deren Vorsprung nicht sonderlich groß war.
Oda ließ es sich nicht nehmen, mitzukommen. Roxane sagte, sie käme mit Vicky schon allein zurecht. Sie konnte verstehen, wieviel Oda daran lag, der bösen Zwillingsschwester ein für allemal das Handwerk zu legen.
Wir hetzten einen Gang entlang, Stufen hoch, erreichten das Deck. Von Yora keine Spur. Oda versuchte die Dämonin mit ihrer Magie zu orten. Vergeblich.
Das Segel des Geisterschiffs brannte nicht mehr. Einige wenige rauchende Fetzen hingen noch am Mast.
Oda schüttelte enttäuscht den Kopf. »Yora ist nicht mehr hier, Tony. Es gelang ihr, sich abzusetzen.«
»Verfluchter Mist«, wetterte ich.
»Ich hätte sie genauso gern
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