020 - Das Schiff der schwarzen Piraten
fliegen.«
»Können wir wirklich«, sagte Mr. Silver.
»Willst du, daß ich LSD schluckte?«
»Wieso?«
»Angeblich glaubt man dann, fliegen zu können. Aber da läuft nichts. Du weißt, wie ich zu diesen Dingen stehe.«
»Quatsch, LSD«, sagte der Ex-Dämon und winkte ab. »Dort hinten liegt der Flugdrachen.«
»Ohne Kopf«, sagte ich. »Also tot. Der läßt sich nicht mehr als Lufttaxi verwenden.«
»Wir nehmen nur seine Flügel, binden sie zusammen und gleiten damit über den See, direkt auf den Tunnel der Kraft zu.«
»Womit willst du die Flügel denn zusammenbinden?«
»Mit den Sehnen des Tiers, das ist kein Problem.«
»Es könnte funktionieren«, sagte Roxane.
»Wir würden damit eine Menge Zeit sparen«, meinte Mr. Silver mit wachsendem Eifer.
»Und wer weiß, wie vielen Gefahren wir auf diese Weise entgehen«, meldete sich auch Cruv zu Wort.
»Und du meinst, die Drachenflügel können uns alle vier tragen«, sagte ich skeptisch zu Mr. Silver.
»Warum nicht? Der Flugdrachen ist schwerer als wir vier zusammen.«
»Dann laß uns an die Arbeit gehen.«
Mr. Silver ließ sich das nicht zweimal sagen. Er eilte zum Kadaver des Flugdrachen. Ich quetschte mich am Schädel vorbei, der auf dem Boden lag und mich mit weit aufgerissenen Augen immer noch feindselig anstarrte.
Wir wälzten den Flugdrachen mit vereinten Kräften auf den Bauch. Mr. Silver setzte das Höllenschwert an und schnitt die großen Flügel ab. Anschließend schnitt er einige widerstandsfähige Sehnen aus dem Kadaver, mit denen wir die beiden Flügel miteinander verbanden.
Ob der bevorstehende Flug klappen würde, stand in den Sternen. Unser Nachteil war, daß wir die Flügel nicht so zu gebrauchen verstanden wie das Tier, dem sie gehört hatten.
Einen Absturz in den See hätten wir alle vier nicht überlebt. Mr. Silver zurrte den letzten Knoten fest. »Fertig«, sagte er. »Ich schlage vor, Cruv und Roxane setzen sich oben drauf, und wir beide hängen uns unten dran.«
Ich nickte. »Einverstanden. – Alles aufsteigen, Herrschaften.«
Cruv und die schöne Hexe setzten sich auf die weiten Schwingen. Mr. Silver und ich stemmten sie hoch. Wir standen auf einem Felsenbuckel. Zu unseren Füßen lag der gelbe Todessee.
»Wir müssen uns abstoßen, Tony«, sagte Mr. Silver.
»Gleichzeitig. So stark, wie wir können.«
»Okay«, erwiderte ich. »Auf ›Los!‹… Achtung! Fertig… Los!«
Ich stemmte mich vom Felsen ab, als wollte ich in den Himmel springen. Mr. Silver trug das Seinige dazu bei, daß wir gut abkamen. Da wir keinen Probeflug gemacht hatten, waren wir gespannt, wie dieser Flug enden würde. Im See? Mit einer Bruchlandung?
Roxane und Cruv klammerten sich oben fest. Mr. Silver und ich pendelten unter den Flügeln. Ich hatte für meinen Freund und mich eine Halteschlaufe gebunden, in die wir unsere Hand schoben. Das schaltete die Gefahr aus, daß wir wie ein Stein dem Boden entgegenstürzten, wenn uns die Kraft verließ.
Wir stiegen zunächst kurz hoch, sackten dann aber jäh ab. Mein Herz übersprang einen Schlag, als ich sah, wie rasch wir uns der Oberfläche des gelben Sees näherten.
Mr. Silver versuchte die Flügel zu lenken. Da das nur einer tun konnte, pfuschte ich ihm nicht drein, um an unserer kritischen Situation nicht noch mehr zu verderben.
Ich preßte die Kiefer fest zusammen, während Mr. Silver neben mir verzweifelt versuchte, unser ungewöhnliches Fluggerät wieder zum Steigen zu bringen.
War es der Todessee, der uns anzog? Sackten wir deshalb immer mehr ab? An eine solche Möglichkeit hatten wir nicht gedacht. Ich blickte nach unten. Die Wasserfläche war spiegelglatt. Aber ich hatte gesehen, was passierte, wenn ein Lebewesen in diesen See fiel, und ich zog unwillkürlich die Beine ein, weil ich das Gefühl hatte, mit den Füßen fast einzutauchen.
»Verdammt, wir kommen nicht mehr hoch!« stöhnte Mr. Silver.
»Ich verstehe das nicht. Der Flugdrachen ist damit doch auch geflogen.«
»Der war anders konstruiert«, erwiderte ich.
Oben schrie Cruv vor Angst. Er fürchtete den Todessee wie wir.
Vielleicht waren die beiden daran schuld, daß Mr. Silver die Flügel nicht lenken konnte. Sie saßen.
»Hinlegen!« brüllte ich nach oben. »Legt euch hin! Macht euch so flach wie möglich!«
Augenblicke später lagen die beiden auf dem Bauch und preßten den Kopf gegen die Schwingen. Dadurch boten sie der über die Flügel streichenden Luft keine Angriffsfläche mehr. Außerdem war die Lastverteilung
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