020 - Die Blutgraefin
Innern des Waldes, in das sie in manchen Nächten zurücktauchte, um den Mond anzuheulen. Niemand kannte sie.
Sie war die Hexe aus dem Wald; sie hieß Anna, aber aus unbekannten Gründen hatte sie den Namen Darvulia angenommen. Sie war sehr alt, jähzornig und herzlos – ein wahrhaft erschreckendes Ungeheuer. Darvulia war es gewesen, die noch im Jahr von Nadasdy Ferencs Tod Erzsebéth in die grausamsten Spiele einweihte. Die Gräfin, bis dahin nur von der Lust getrieben, ihre Mägde bis aufs Blut zu quälen, hatte irgendeine kleine Verfehlung ihrer Opfer zum Vorwand genommen. Nun wurde Blut nur noch um des Blutvergießens willen vergossen, und der Tod wurde nur um des Todes willen gegeben.
Darvulia stieg in die Kellergewölbe hinab und suchte die Mädchen aus; von Dorko unterstützt, trieb sie sie in das Waschhaus, wo sich ihre Herrin bereits befand, regungslos auf ihrem hohen geschnitzten Sessel, während Jo Ilona und andere mit dem Feuer, den Fesseln, den Messern und Zangen beschäftigt waren. Die zwei oder drei jungen Mädchen wurden völlig nackt ausgezogen. Dorko fesselte ihre Arme und löste sich dann mit Jo Ilona darin ab, sie mit einer grünen Eschengerte zu schlagen, die tiefe Striemen hinterließ.
Manchmal beteiligte sich auch die Gräfin selber. Dann griff Dorko zu einem Messer und brachte den Mädchen tiefe Schnittwunden bei. An manchen Tagen ließ die Gräfin den Mädchen, wenn sie ihrer Schreie müde war, den Mund zunähen, um sie nicht mehr hören zu müssen.
Erzsebéth gab sich ganz dem Spiel der Fackeln und Kerzen hin, die mit ihrem flackernden Schein die einzelnen Phasen dieser unsinnigen Riten belebten. Auf der letzten Stufe des Unterbewussten in ihr schlugen bereits die dunklen Flügel des Wahnsinns.
Sie wurde in ihrem Treiben immer ärger, und nachdem Darvulia eines Tages spurlos verschwunden war, riet ihr eine ihrer Vertrauten, es einmal mit blauem Blut zu versuchen, um ihren Alterungsprozess aufzuhalten.
Nachdem Bathory Erzsebéth etwa fünfundzwanzig junge Mädchen, Töchter von Adligen, eines Tages bei sich einlud und sie ausnahmslos hinschlachtete, war es nicht mehr zu vermeiden, dass der König von diesem Treiben erfuhr. In einem Brief vom 27. Dezember 1610 forderte er den Groß-Palatin Thurzo Gyorgyx auf, sich unverzüglich nach Csejthe zurückzubegeben, das er eben erst nach einem Fest seiner Kusine Erzsebéth verlassen hatte, um sich dort persönlich von den Vorgängen zu unterrichten, eine Untersuchung einzuleiten und die Schuldigen an Ort und Stelle zu bestrafen.
Bereits am 29. Dezember trafen Thurzo und Erzsebéths Schwiegersöhne in Csejthe ein und platzten in die Schlussphase einer dieser Blutorgien. Sie fanden alle Beweise, die sie brauchten: die entsetzlich verstümmelten Leichen junger Mädchen, Gefäße voller Blut und eine hochmütige Gräfin, die nichts leugnete, sondern es ihrem hohen Stand angemessen betrachtete.
Um den ehrenhaften Namen Nadasdy nicht zu entehren, beschloss der Palatin, von einer öffentlichen Hinrichtung Abstand zu nehmen. Erzsebéth sollte für den Rest ihres Lebens auf Schloss Csejthe verbannt bleiben. Ihre Helfershelfer wurden dem Gericht überantwortet.
Der Prozess enthüllte alle Unmenschlichkeiten in grausigen Details. Aus den Aufzeichnungen der Gräfin ging hervor, dass über sechshundert Mädchen unter ihrer Blutgier gestorben waren.
Am Morgen des 7. Januar 1611 wurde das Urteil verkündet:
In Anbetracht dessen, daß die Geständnisse und die Zeugenaussagen die Schuld der Bathory Erzsebéth dahingehend erwiesen haben, daß sie entsetzliche Verbrechen gegen das weibliche Blut begangen hat; in Anbetracht dessen, daß ihre Helfershelfer Ujvary Janos, Jo Ilona und Dorko waren, und daß diese Verbrechen eine Bestrafung fordern, haben wir beschlossen, daß Jo Ilona und dann Szentes Dorottya mit den Zangen des Henkers die Finger ausgerissen werden, wie sie mit diesen Fingern Verbrechen gegen das weibliche Geschlecht verübt haben; danach sollen sie lebend ins Feuer geworfen werden. Ujvary Janos betreffend muß seine Strafbarkeit unter Berücksichtigung seines Alters betrachtet werden; da er sich nicht an allen Verbrechen beteiligt hat, haben wir für ihn eine mildere Strafe beschlossen. Er wird zum Tode verurteilt, jedoch wird er enthauptet, bevor sein Körper ins Feuer geworfen wird.
Dieses Urteil wird umgehend vollstreckt.
Wenig später kamen Maurer nach Csejthe und verschlossen die Fenster des Zimmers, in das Erzsebéth
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