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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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war kahl wie alle anderen, obwohl mir nach einigen weiteren Streichholz-Beleuchtungen klar wurde, dass ich mich noch im gleichen Raum befand.
    Der Stuhl war verschwunden, ebenso die blutige Lanze und der Käfig samt Seil und Winde. Sogar die Rollen waren entfernt und alles Blut fein säuberlich aufgewischt worden.
    Ich taumelte hinaus in den schmalen Gang. Auch hier keine Blutspuren mehr, und in dem kleinen Raum dahinter hingen wohl noch die Ketten, aber sie waren sauber – zu sauber.
    Fluchend – und nicht nur über die verdammten Kopfschmerzen – machte ich mich auf den Rückweg. Ich konnte doch nichts mehr tun. Das Mädchen war bereits tot gewesen. Sicher würde man die Leiche morgen irgendwo finden. Ich musste die Polizei verständigen.
    Ich war ziemlich erschöpft, als ich endlich den Keller erreichte.
    Madame nahm sich meiner Kopfverletzung an, aber sie hielt es nicht für ausreichend. Sie meinte, es sei ziemlich böse, und ich müsste einen Arzt aufsuchen. Sie rief Dr. Wechter an, dessen Ordination nur wenige Häuser von Madames Haus entfernt lag, und der seine große Freude über meinen nächtlichen Besuch glänzend zu verbergen wusste. Es war immerhin halb drei Uhr morgens. Er meinte, ich hätte Glück, dass nichts genäht zu werden brauchte, und fragte, mit welchem aggressiven Geist ich mich da angelegt hätte.
    Als ich später Madame sagte, dass ich die Polizei einschalten wollte, fragte sie: »Und was wollen Sie der erzählen, Herr Clement?«
    »Dass die Morde da unten in den alten Gewölben geschehen«, erklärte ich.
    »Sagten Sie nicht, alle Spuren seien beseitigt worden?«
    »Ja, das stimmt«, erwiderte ich nachdenklich.
    »Dann haben Sie nicht den geringsten Beweis«, fuhr sie fort.
    »Man wird Sie fragen, wie Sie überhaupt auf den verrückten Gedanken gekommen sind, da unten herumzukrabbeln. Die werden eine Menge Fragen stellen, die gar nichts mit den Morden zu tun haben, wenn ihre Neugier erst einmal geweckt ist. Sie werden herausfinden, dass ich hier Seancen abhalte.«
    »Das ist nichts Ungesetzliches«, erwiderte ich heftig.
    »Das nicht, aber für viele meiner höhergestellten Freunde fatal kompromittierend. Mehr noch, wir kommen alle in Verdacht.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich halte es nicht für klug, die Polizei davon in Kenntnis zu setzen. Sie haben keine Beweise, und außerdem denke ich nicht, dass man Sie noch sehr ernst nehmen wird, sobald bekannt wird, dass Sie hier spiritistischen Dingen nachgehen.«
    »Aber man muss doch etwas unternehmen. Das ist bereits das zweite Mädchen, das unter diesen entsetzlichen Umständen gestorben ist. Morgen Nacht mag die nächste dran sein, und es kann lange dauern, bis die Polizei die richtige Spur gefunden hat.«
    »Dass sie alles weggeräumt haben, bedeutet vielleicht, dass hier Schluss ist, dass es dem Mörder hier zu riskant geworden ist, seit Sie ihm nachgehen«, wandte sie ein. »Wenn es sich um einen Mörder handelt, bin ich nach wie vor überzeugt davon, dass es das Werk der Gräfin ist. Der Käfig scheint mir der deutlichste Beweis. Er wird in den Dokumenten erwähnt.«
    »Selbst wenn er wirklich von ihr stammt, so kann ihn jeder benutzen«, widersprach ich.
    »Schon möglich, aber bevor Sie ohne stichhaltige Beweise zur Polizei gehen und eine Menge Leute kompromittieren …«
    »Haben Sie einen besseren Vorschlag?« unterbrach ich sie unfreundlich.
    Sie nickte. »Es deutet zwar alles darauf hin, dass der Täter es nicht mehr wagen wird, nachdem Sie ihn bereits einmal fast überrascht haben. Wenn es dennoch wieder geschieht, dann glaube ich nicht, dass wir einen ganz menschlichen Mörder vor uns haben. Aber wenn Sie die Nacht hier verbringen, könnten Sie ihn auf frischer Tat ertappen und sich den Beweis verschaffen, den Sie brauchen. Was meinen Sie? Oder hat das heutige Erlebnis Sie entmutigt?«
    »Das wäre eine Möglichkeit«, stimmte ich nachdenklich zu.
    »Also gut. Mir ist zwar nicht ganz wohl dabei, aber es scheint wirklich der bessere Weg zu sein.«
    Bevor ich ging, sagte ich noch ironisch: »Für einen Geist hatte der Mörder aber einen verdammt harten Schlag …!«
     

     

Ich stand um zehn vor der Nationalbibliothek. Ornella war nicht da und erschien auch während der nächsten halben Stunde nicht. Ich war ein wenig beunruhigt, aber es hatte wenig Sinn, zu ihrer Wohnung zu gehen, wenn sie sich vielleicht auf dem Weg hierher befand.
    Ich beschloss, wenigstens die Zeit zu nützen. Ornella würde mich im Leseraum sicher

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