020 - Die Blutgraefin
Zeichen, das deutlich sichtbar obenauf war.
»Was haben Sie?« fragte Madame Ferenczek.
»Hier«, erwiderte ich und wusste mit einemmal, was mir die ganze Zeit im Kopf herumgespukt war, ohne dass ich es erkannt hatte. »Wissen Sie, was dieses Monogramm, was dieses Symbol bedeutet?«
Sie schüttelte verwundert den Kopf. »Es scheint ein Wappen zu sein.«
»Ja, das ist es. Drei silberne Eckzähne eines Wolfs, umgeben von einem Drachen, der sich selbst in den Schwanz beißt.«
»Ich kenne es nicht«, sagte sie kopfschüttelnd.
»Es ist das Wappen der Bathorys«, murmelte ich schwach.
»Sie ist eine Bathory – oh, Madame, wir sind schuld daran, dass dieser Dämon in ihr erwacht ist, der ohne diese Seance vielleicht nie geweckt worden wäre.«
»Nicht die Seance ist schuld, mein Freund«, erwiderte Madame scharf. »Sie ganz allein sind schuld. Sie fragten Bellamy nach dem verfluchten Haus!«
Alle meine Pläne zerrannen.
Bevor wir am nächsten Morgen von Madame aufbrachen, erschien die Polizei wieder. Man hatte in einem der Seitenschiffe des Doms eine verstümmelte Leiche gefunden. Sie wies die gleichen Merkmale auf wie die erste Leiche und das Mädchen, das ich gerettet hatte: zerstochen, zerschnitten, fast ohne Blut. Das musste die Leiche sein, die ich die Nacht vorher in dem Eisenkäfig gesehen hatte. Der Kommissar zeigte mir ein Bild des blonden Mädchens. Ja, dass sie blond gewesen war, daran konnte ich mich erinnern.
»Das muss in der Nacht vorher geschehen sein. Frau Ferenczek hörte die Schreie und rief mich nach Mitternacht an.
Ich konnte die Schreie sogar am Telefon hören. Ich kam sofort, aber da war bereits wieder alles still.«
»Die Spurensicherung hat festgestellt, dass Sie zweimal in den Gewölben gewesen sind, Herr Clement.«
»Das stimmt«, gab ich zu. »Ich ging auch letzte Nacht hinein, aber wie ich schon sagte, ich kam zu spät.«
»Warum haben Sie nicht bereits da die Polizei gerufen?«
»Weshalb hätte ich sollen? Irgendwelcher Schreie wegen?
Sonst besaß ich absolut keinen. Beweis oder Anhaltspunkt.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie sind entweder ein Verrückter oder ein sehr mutiger Mann. Oder …«
»Oder was?« fragte ich verärgert. »Der Mörder? Ich muss Sie enttäuschen, Kommissar. Sie haben zweieinhalb Leichen, aber ich war nur zweimal unten. Das reimt sich schlecht, nicht wahr?«
»Vielleicht«, meinte er gleichmütig. »Außerdem ist ja nicht gesagt, dass der zweite Mord auch da unten verübt wurde.«
»Und die beiden Gestalten, die ich gesehen habe?«
»Das ist Ihre Geschichte, Herr Clement.« Er zuckte die Achseln. »Es tut mir leid, aber zwei, drei Tage müssen Sie sich schon noch in Wien der Polizei zur Verfügung halten.«
Meine Pläne sanken dahin. Ich hatte plötzlich Angst. Wie sollte ich Ornella in dieser Stadt vor den Dämonen aus der Vergangenheit schützen, die hier so mächtig waren?
»Das Mädchen, das Sie gerettet haben, ist noch nicht überm Berg. Wir haben aber ihre Identität. Sie heißt Brigitte Fellner.
Ist Ihnen der Name ein Begriff?«
Ich schüttelte verneinend den Kopf. »Ich bin fremd hier, wie Sie Ihrem gestrigen Protokoll entnehmen können«, sagte ich verärgert.
Er ging nicht darauf ein. Statt dessen wandte er sich an Madame: »Ihnen?«
Auch ihr nicht, natürlich. Und Ornella? Auch sie kannte sie nicht.
»Sie ist siebzehn«, stellte er fest und wandte sich zum Gehen.
»Es wird Zeit, dass wir diese alten Mauern niederreißen, in denen sich die Ratten verkriechen können. Tja, also – auf Wiedersehen.«
»Es sieht so aus, mein Herz«, sagte ich zu Ornella, »als kämen wir doch nicht so schnell nach München.«
Sie nickte stumm. Ich sah, dass sie Angst hatte. Ich fluchte innerlich. Verdammte Polizei!
»Aber du bleibst bei mir«, fuhr ich entschlossen fort. »Und wenn ich dich festbinden muss! Von jetzt an wird dich nichts mehr von meiner Seite locken!«
»O Alf«, sagte sie unglücklich, »ich bin einfach fort gegangen und habe dich allein gelassen, als du mich brauchtest.«
»Mein Liebling, mache dir keine Vorwürfe. Du wusstest es nicht einmal.« Ich nahm sie in die Arme und dachte daran, was diese zärtlichen Hände, die sich an mich klammerten, da unten in den Gewölben getan hatten, und ich fragte mich, ob mich der Gedanke nun fortan quälen würde, wenn ich mit ihr zusammen war.
Als wir uns verabschiedeten, nahm mich Madame beiseite.
»Herr Clement, was soll mit dem Nachthemd geschehen?«
Ich erschrak. Ornella
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