020 - Im Todesgriff der Schreckensmumie
Neuankömmlinge
interessiert über den Rand seiner schmalen, vergoldeten Brille. Er war klein, kaum
ein Meter fünfundsechzig groß und sein Kopf wirkte im Verhältnis zu den anderen
Körperproportionen etwas zu groß.
Larry Brent erkannte ihn auf den ersten Blick. Das Bild dieses Mannes
befand sich in der Informationsmappe, die X-RAY-1 ihm ausgehändigt hatte.
Das war Eldin Jameson, der bekannte Ägyptenforscher.
Jamesons kleine, listige Augen waren eiskalt. In ihnen glitzerte ein Licht,
das bewies, dass dieser Mann am Ende seiner geistigen Normalität war. Als er
Jonathan Wintersley erkannte, lachte er hämisch. Für einen Augenblick schien
es, als wolle er etwas sagen, doch dann winkte er nur ab und wandte seine
Aufmerksamkeit Larry Brent zu. Er musterte ihn, stellte dann ein paar Fragen in
einer eigenartigen, unverständlichen Sprache an einen der Araber, blickte dabei
aber Khto-Ysiro an.
Larry bekam den hypnotischen Befehl, sich hinzusetzen. Ohne Widerstand nahm
er auf einer mit einer dünnen Schaumgummischicht belegten Bank Platz. Auch
Jonathan Wintersley schien den Befehl bekommen zu haben. Wortlos setzte er sich
ans andere Ende, gut einen halben Meter von Larry entfernt.
X-RAY-3 sah Khto-Ysiro zum Ende des Raumes gehen. Dort öffnete sie eine
breite Tür und verschwand in dem angrenzenden Zimmer. Ein schmaler
Lichtstreifen war unter der sich schließenden Tür zu erkennen, dann ein sich
bewegender Schatten. Offenbar kleidete Khto-Ysiro sich aus.
Eldin Jameson hielt einen kleinen Zettel in der Hand, auf dem deutlich mit
Rotstift einige Notizen zu erkennen waren. Formeln, seltsame Zeichen ...
Doch der Forscher schien durch das Auftauchen aus seiner Arbeitsruhe
gebracht worden zu sein. Mit unverhohlener Neugierde ging er vor der Bank auf
und ab, blieb abwechselnd vor Professor Wintersley stehen, dann vor Larry
Brent.
»Ja, ja«, murmelte er, während er seine Brille abnahm, und sie umständlich
putzte, ohne dabei den Notizzettel aus der Hand zu nehmen.
»Sie will unbedingt das Buch haben.« Er zuckte die Achseln. »Daher macht
keine Umstände, gebt es ihr, und die Sache ist erledigt. Mich quält sie auch
schon lange, dabei kann ich ihr keine Auskunft geben, ich weiß nichts von dem
Buch, rein gar nichts.« Er machte eine gewichtige Miene.
Larry Brent presste die Lippen zusammen. Er litt im Augenblick nicht mehr
so sehr unter dem hypnotischen Zwang. Der geistige Druck, unter dem er
gestanden hatte, war gewichen – wohl weil Khto-Ysiro weiter weg war. Er konnte
klar und kritisch denken, seine Situation überblicken. Doch er war nicht fähig,
sich von der Bank zu erheben und auf seine Widersacher zuzugehen. Er brauchte
den hypnotischen Befehl dazu. Er war darauf eingestimmt und noch nicht frei.
»Sie ist eine ungewöhnliche Frau«, flüsterte Eldin Jameson mit gedämpfter
Stimme. »Khto-Ysiro, die Priesterin, lebt und wirkt wieder – wie vor
viertausend Jahren. Niemand wollte es wahrhaben dass ihre geistige Kraft
ungebrochen ist. Doch ich habe das Gegenteil bewiesen – ich , Eldin Jameson.« Er kicherte. »Ihre Anhängerschaft befand sich
zeitlebens unter ihrer hypnotischen Kontrolle, sie konnte hunderten
gleichzeitig suggerieren ...«
Larry hörte nur mit halbem Ohr hin, was der Schwachsinnige von sich gab.
Die Tür zum Zimmer Khto-Ysiros öffnete sich. Im Hintergrund des schwach
beleuchteten Raumes glaubte er die grau-weiße Gestalt einer Mumie, die an der
Wand lehnte, zu erkennen.
Deutlich waren die vier Ansätze der Arme zu sehen. Doch dafür hatte Larry
keine Augen mehr. Zum ersten Mal sah er Khto-Ysiro, die geheimnisvolle
Dämonenpriesterin aus dem fernen alten Ägypten. Er sah sie ohne Cape, so wie
ihre Anhänger sie vor viertausend Jahren erblickt haben mussten.
Sie trug ein langes, halb durchsichtiges und mit Goldfäden durchwirktes
Gewand, das bis zu den Knöcheln herabreichte.
Schattenhaft zeichneten sich ihre Körperumrisse ab.
Aber ihr schlanker Körper besaß ein unheimliches Attribut: Unter den beiden
normal gewachsenen Armenden befanden sich zwei weitere, kleinere. Es war ein
eigenartiger, befremdender und bedrückender Anblick. Eine Missgeburt, eine Art
siamesischer Zwilling. Menschen, die mit zwei Köpfen oder mehreren Gliedmaßen
geboren worden waren, kannte die Medizin. Sie waren stets interessante Objekte
für sie gewesen. Selten jedoch, dass eines dieser unglücklichen Wesen lange am
Leben geblieben war.
Eine Ausnahme: Khto-Ysiro, die legendäre Priesterin.
Larry lief es
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