020 - Im Todesgriff der Schreckensmumie
heiß und kalt über den Rücken. Er glaubte nun zu verstehen,
warum ihre Anhänger sie mit zwei Namen versehen hatten, warum sie Priesterin
und schließlich Göttin geworden war. Sie vermuteten in ihr zwei Personen, wegen
der vier Arme, die deutlich sichtbar für jeden waren.
Khto-Ysiro redete in einer eigentümlichen, leisen, blumigen Sprache. Eldin
Jameson fungierte nun ausschließlich als Dolmetscher und fühlte sich in dieser
Rolle sichtlich wohl. Er blühte förmlich auf und sprach Larry Brent und
Wintersley an. Beide Männer litten nicht mehr so sehr unter dem hypnotischen
Druck, offenbar wollte die Vierarmige es ihnen ermöglichen, aufmerksam seinen
Worten lauschen zu können.
X-RAY-3 erfuhr, dass Khto-Ysiro ihn plötzlich für eine ungemein wichtige
Person hielt. Man hätte ihn in der Nähe Professor Bunters gesehen. Er hätte mit
dem Gelehrten schließlich nach einem gemeinsamen Flug sogar das gleiche Hotel
bezogen. Offenbar würde er demnach etwas über das Buch wissen, das Khto-Ysiro
unter allen Umständen zurückhaben wollte.
»Sie will nicht länger warten. Sie ist zu allem entschlossen«, beendete
Eldin Jameson seine Erklärungen im Auftrag der Priesterin.
»Ich weiß nichts von dem Buch«, sagte Larry und bemühte sich, die Kraft zu
finden, den hypnotischen Zwang völlig abzuschütteln. Doch es war, als hätte die
Ägypterin nur die Zügel ein wenig locker gelassen, um sie bei Bedarf sofort
wieder anzuziehen. X-RAY-3 wusste, dass seine Smith & Wesson Laserwaffe
noch in dem Holster steckte. Niemand hatte sie ihm abgenommen. Man schien es
nicht für nötig zu halten. Die Macht der Priesterin schaltete selbst diese
Gefahr aus.
Eldin Jameson sprach mit Khto-Ysiro. Dann wandte er sich wieder an Larry
Brent. »Sie lügen, meint Khto-Ysiro. Bunter muss sich Ihnen anvertraut haben.«
Er sprach den Namen seines Kollegen wie den eines Fremden aus und verzog dabei
keine Miene. »Sie hält Sie für widerstandsfähig, aber nicht für unbezwingbar.
Khto-Ysiros Macht kann niemand widerstehen.«
Er kicherte unangenehm, wandte sich kurz ab, als hätte er seinen Auftrag
vergessen und legte umständlich den kleinen Notizzettel aus der Hand auf den
Arbeitstisch. Auf diesem stand – außer Reagenzgläsern und flachen Glasbehältern
– eine große schöne Vase, in der sich prächtige Rosen befanden. Der Romantiker
Jameson liebte selbst an seinem Arbeitsplatz noch Blumen. Kerzen und Blumen –
Larry hatte viele im Haus gesehen.
Offenbar bezog der Wissenschaftler seine Blumen aus einem eigenen Treibhaus
– dem alten Treibhaus der Lervinia, in dem sie ihre Kräuter und
Knollengewächse, ihre Wurzeln und Teepflanzen gezüchtet hatte!
»Treiben Sie's nicht auf die Spitze«, fuhr Jameson fort, ohne sich dabei umzuwenden.
»Als drohendes Beispiel will sie Ihnen Jonathan Wintersley zeigen. Er wird
sprechen, verlassen Sie sich darauf! Und anschließend werden Sie es!«
Larry zuckte zusammen, als Professor Wintersley neben ihm plötzlich leise
aufschrie, als habe er heftige Schmerzen. Sein Gesicht lief blaurot an, als
leide er unter Sauerstoffmangel. Er sprach gequält und benutzte dabei Worte in
einer unbekannten Sprache.
In der alten Sprache Khto-Ysiros.
Gab er das Geheimnis preis?
Seinem Verhalten nach zu urteilen, befand er sich in einem Zustand der
tiefsten Hypnose. Fremde Worte sprudelten nur so über seine Lippen, mischten
sich ab und zu mit englischen Ausdrücken.
Khto-Ysiro stand wie erstarrt und lauschte. Ihr Gesicht war rätselhaft,
ihre Augen blickten unergründlich – wie die einer Sphinx. Sie wandte nur einmal
den Kopf, als Professor Wintersley ermattet in sich zusammenfiel, als wäre alle
Kraft aus seinem Körper gewichen.
Einer der roboterhaft dastehenden Araber drehte sich augenblicklich um und
verließ das Labor. Seine Schritte hallten über den steinernen Fußboden der sich
angrenzenden Hexenküche ... Eine Tür klappte zu.
Eldin Jameson schien sich um das, was um ihn herum vorging, überhaupt nicht
mehr zu kümmern. Er betrachtete interessiert seine Gläser und Fläschchen.
Larry Brents Bewusstsein hingegen war wieder hellwach. Sein Verstand
gehorchte ihm blendend, seine Glieder aber versagten ihm den Dienst. Offenbar
ließ Khto-Ysiro mit voller Absicht seinen Gedanken freien Lauf, damit er
erkennen sollte, wie aussichtslos die Lage für ihn war. Der PSA-Agent begriff,
warum die Priesterin Wert darauf legte, das geheimnisvolle Buch so schnell wie
möglich in die Hände zu bekommen. Auf einigen
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