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0201 - Der Teufelsschatten

0201 - Der Teufelsschatten

Titel: 0201 - Der Teufelsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ergreifen, aber wie sollte sie an den beiden knöchernen Echsen vorbeikommen? Wie stark sie waren, hatte sie bereits zu spüren bekommen.
    Sie mußte sie irgendwie überlisten.
    Aber wie? Im Gegensatz zu Teri, die allmählich müde wurde, brauchten die Wächter keinen Schlaf, und sie war sicher, daß die beiden auch bei Dunkelheit hervorragend sehen konnten. Sie mußte sich also etwas Schwieriges einfallen lassen, und das ziemlich bald. Denn je länger sie in dieser Wellblechhütte blieb, desto geringer wurden ihre Chancen. Lange würde Asmodis sie nicht in Gefangenschaft halten und bewachen lassen. Sie war für ihn eine Belastung, die er sich rasch vom Hals schaffen würde.
    Wenn Merlin doch eine Möglichkeit fände, mich herauszuholen, dachte sie. Merlin, warum läßt du mich im Stich?
    ***
    Leonard Ring pfiff mißvergnügt vor sich hin, stiefelte durch den nassen Lehm des Schrottplatzes an der leerstehenden Wellblechhütte vorbei und machte eine kurze Gedenkpause vor seinem Prunkstück, wie er es nannte.
    Zwischen all den Kleinwagenwracks fiel dieser ehemals silbergraue Wagen natürlich besonders auf; ein Bentley oder Rolls-Royce auf einem Schrottplatz war ohnehin ein äußerst seltenes Bild, weil Fahrzeuge dieser Art vielleicht einmal in hundert Jahren kaputtgingen.
    Der hier war ein Unfallschaden, noch dazu ein Wagen mit Seele, wie Leonard Ring immer behauptete. Es erfüllte ihn stets mit grimmiger Befriedigung, den Wagen hier zu sehen, wie er vor sich hin rostete. Einst hatte er einem Oberinspektor von Scotland Yard gehört, der ihn bei einem Einsatz vor ein paar Jahren zu Schrott gefahren hatte.
    Nicht, daß Mister Ring zu den neidischen Zeitgenossen gehört hätte, die anderen Menschen, vorzugsweise Polizeibeamten, keine Luxusautos gönnten. Mister Leonard Ring hatte im großen und ganzen auch nichts gegen Scotland Yard einzuwenden, solange man ihn in Ruhe ließ und seines Privatlebens wegen nicht behelligte. Aber ausgerechnet über diesen Oberinspektor John Sinclair erzählte man sich bösartige Dinge. Daß er so etwas wie ein Geisterjäger sei und gegen die Mächte der Hölle und gegen Dämonen kämpfte.
    Was Mister Leonard Ring, von Beruf Autoverwerter, natürlich ganz und gar nicht gefallen konnte.
    Denn privat war er Leiter und Lenker eines Zirkels von Teufelsanbetern.
    Von dem Typ gibt es zwei Sorten. Die einen machen ihren Profit, nehmen die Sektenmitglieder nach Strich und Faden aus und sammeln ein Vermögen um sich herum. Für sie ist es ein Geschäft, nicht mehr.
    Leonard Ring gehörte zur anderen Sorte. Zu denen, die es ernst meinen. Die sich intensiv mit dem Satanismus befassen und die tieferen Einblick in gewisse Dinge besitzen.
    Vor dem Schrott-Bentley hatte Rings eine Gedenkminute jetzt beendet, marschierte weiter und pfiff erneut ein fröhliches Liedchen. Schwungvoll warf er sich in seinen betagten Morris, startete und röhrte mit perforiertem Auspuff nach Hause.
    Der Wellblechhütte hinter dem Bentley hatte er keine Beachtung geschenkt. Wozu auch? Der Schuppen stand leer und sollte in den nächsten Tagen abgerissen werden, weil hier noch ein wenig Platz benötigt wurde.
    Ring preßte seine Schrottautos nach Möglichkeit nicht zu handlichen Klumpen zusammen, sondern stapelte und hortete sie. Bastler, die für uralte Mobile noch halbwegs brauchbare Originalteile suchten, dankten es ihm, weil sie in neunundneunzig von hundert Fällen fündig wurden.
    Dabei lag dieser Verwertungsplatz weitab jeder menschlichen Behausung im Nordosten Londons.
    Im Nordosten hatte auch Ring sein Quartier, eine kleine Wohnung im dritten Stock eines Mietshauses mit grauer, teilweise abbröckelnder Fassade. Er lebte in bescheidenen Verhältnissen und kam gerade so aus mit dem, was er verdiente.
    Er wußte, daß er mehr Geld hätte haben können. Daß ein Pakt mit dem Teufel ihm ein Leben in Luxus und Behaglichkeit hätte verschaffen können. Aber mit solchen Dingen war er vorsichtig. Er wußte um die Macht der Hölle, wußte, daß jede Leistung ihre Gegenleistung erforderte. Sein magischer Zirkel arbeitete höchst zurückhaltend und breitete das Vermächtnis des Teufels in aller Stille aus. Vielleicht waren sie deshalb noch niemandem aufgefallen. Weder John Sinclair noch sonst jemandem…
    Ring stellte seinen Morris unter die Laterne, verzichtete darauf, ihn abzuschließen, weil die Rostlaube ohnehin keiner klaute, und schloß die Haustür auf.
    Die Hauswirtin zeigte sich ausnahmsweise nicht auf dem Korridor. Ring

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