0201 - Der Teufelsschatten
Caermardhin wiederfand. »Was tun wir jetzt?«
Merlin saß ihm gelassen gegenüber und war mit einer für ihn geradezu befremdlichen Tätigkeit beschäftigt: er stopfte eine Pfeife. Beim zweiten Hinsehen erkannte Gryf, daß diese Pfeife seine eigene war, Merlin hielt sie ihm entgegen. »Versuche erst einmal, dich zu beruhigen«, schlug er vor. »Mit wirrem Kopf kommst du nicht weit.«
Gryf nahm die Pfeife entgegen, setzte sie in Brand und begann bedächtig zu rauchen. »Da magst du recht haben«, brummte er.
Merlin schwieg. Nach einer Weile nahm Gryf die Pfeife aus dem Mund. »Asmodis war also eine Idee schneller als wir und hat Teri irgendwo anders hingebracht. Und wir wissen nicht, wohin.«
Merlin nickte.
»Aber ich schätze, du hast schon eine Idee, wie wir es erfahren«, sagte er.
Jetzt schüttelte Merlin den Kopf.
»Nicht wir«, sagte er ruhig. »Du! Ich kann nicht erneut selbst eingreifen. Die Gefahr ist zu groß, und ein handlungsfähiges Scheinbild zu erschaffen, kostet viel Kraft.«
»Also doch«, grinste Gryf trocken.
Merlin hob die Hand und deutete auf den achttausendjährigen Druiden.
»Du wirst herausfinden, wo Teri sich jetzt aufhält. Sonderlich weit entfernt kann sie nicht sein.«
»Weißt du auch schon, wie ich es herausfinden werde?« wollte Gryf gespannt wissen. Merlin lächelte.
»Streng deine angeborene Intelligenz an, dann weißt du es. Muß ich dir neuerdings alles einzeln vorkauen?«
Gryf sog heftig an seiner Pfeife. Das Lungenzerstörungsinstrument zwischen den Zähnen, preßte er undeutlich hervor: »Du bist eine Bestie, Merlin. Ein hinterhältiges Stück Zauberer.«
Doch der Herr des Feenlandes Avalon erwiderte nichts. Stumm und lächelnd erhob er sich und verließ das Zimmer, Gryf ballte die Fäuste.
»Wie zum Teufel soll ich Teri suchen, wenn ich nicht weiß, wo auf dieser riesigen Welt?«
Dir wird schon etwas einfallen , klang aus weiter Ferne Merlins Stimme telepathisch in ihm auf.
***
Teri Rheken hatte sich in einen düsteren Winkel zusammengekauert und die Augen geschlossen, konnte dadurch aber nicht die Anwesenheit der beiden Knöchernen verdrängen.
Sie erschauerte, wenn sie an die Berührungen der trockenen, schabenden Skelettfinger dachte. Erst hier, an ihrem neue Unterbringungsort, hatten die Furchtbaren sie losgelassen.
Und immer noch war sie nicht in der Lage, ihre Druidenkräfte zu aktivieren! Immer noch vermochte sie nichts zu bewirken, nicht einmal auf geringe Distanz Gedankenmuster zu erkennen! Dennoch war sie sicher, daß die beiden Skelettwesen dachten .
Asmodis hatte sie als Wächter zurückgelassen. Offenbar hielt er es an diesem neuen Ort für erforderlich. Es war eine Wellblechbaracke mit einem kleinen, vergitterten Fenster, das so hoch lag, daß die Druidin sich auf die Zehenspitzen stellen mußte, um hinauszusehen. Draußen befanden sich Hunderte von übereinandergestapelten Autowracks aus den letzten fünf Jahrzehnten. Direkt vor dem Fenster rostete das Wrack eines silbergrauen Bentleys gemächlich vor sich hin. Dahinter stapelte sich eine Reihe von Kleinwagen und Lieferfahrzeugen englischer Fabrikation.
Die Anhäufung englischer Fabrikate ließ in ihr die Überzeugung entstehen, daß sich der Schrottplatz auf englischem Boden befand. Doch England ist zwar eine Insel, aber dennoch von beeindruckender Größe, wenn man nicht genau weiß, wo man sich befindet.
Neben der Tür standen unbeweglich die beiden Skelette, die mit ihren Echsenschädeln und den vielen Gelenken so furchtbar nichtmenschlich wirkten. Wieder fragte sich Teri, aus welcher Dimension sie stammen mochten. Es mußten gefährliche Wesen sein. Umsonst hatte Asmodis sie bestimmt nicht zu ihren Wächtern bestellt, zumal er nach den noch gar nicht so lange zurückliegenden Auseinandersetzungen mit Damon äußerst vorsichtig geworden war.
Als sie die Augen einmal kurz öffnete, waren die Unheimlichen immer noch da. In den leeren Augenhöhlen glühte etwas. Die Druidin fühlte irgendwie, daß die Skelette sich miteinander unterhielten, aber auf welcher Basis dies geschah, entzog sich ihren Sinnen. Die Unterhaltung fand in gespenstischer Lautlosigkeit statt.
Wahrscheinlich reden sie über mich, dachte sie.
Asmodis hatte ihren Tod beschlossen, das wußte sie. Und er hatte sie aus ihrem ursprünglichen Gefängnis entfernen lassen, weil Merlin sie dort offensichtlich aufgespürt hatte. Sie ahnte, daß ihre Chancen spürbar gesunken waren. Es blieb ihr nur die Möglichkeit, die Flucht zu
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