0201 - Der Teufelsschatten
untergegangen.
Jetzt befanden sie sich irgendwo sooystlich von Rhonatoon. In der Nähe plätscherte Wasser. Das mußte der Rhonava sein, der große Fluß, der Rhonacon durchzog und zwei Tagesmärsche weiter ins Sooystermeer mündete.
»Diese fünf Himmelsrichtungen mit ihren verrückten Bezeichnungen machen mich noch rammdösig«, murmelte der Professor und befreite seine Hand aus dem Wolfsrachen. Fenrir schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
Das geht doch nicht mehr , telepathierte er. Was man schon ist, kann man nicht mehr werden…
»Ich glaube, heute abend gibt es gebratene Wolfslende«, stellte Zamorra grimmig fest.
»Willst du schon wieder dem armen, hilflosen Wölfchen ans Leder?« ertönte eine Stimme hinter Zamorra. Hände griffen nach seinen Schultern und zogen, so daß er den Halt verlor und rückwärts ins Gras stürzte. Ein regenbogenfarbigschillernder Stiefel setzte sich auf seine Brust, und als Zamorra in die Höhe blickte, stellte er fest, daß zu diesem Stiefel ein aufregend langes, nacktes Bein gehörte.
Nicole Duval baute sich in Siegerpose über ihm auf.
Zamorra griff nach ihrem Bein, schob es von seiner Heldenbrust und richtete sich wieder auf. »Mach du nur so weiter«, drohte er in gespieltem Ärger. »Du bekommst die Kündigung, und zwar mit Wolfsblut auf Wolfsleder geschrieben!«
Mörder! protestierte Fenrir. Ich glaube, ich muß dir ins Bein beißen!
»Hüte dich«, murmelte Zamorra. »Ich beiße nämlich zurück…« Er legte einen Arm um Nicoles Schultern und küßte sie. Prompt sprang Fenrir auf, stellte sich auf die Hinterläufe und fuhr mit seiner riesigen, feuerroten Wolfszunge durch beider Gesichter.
»Ih«, schrie Nicole lachend und wich zurück. »Laß das Schlabbern, du Bestie!«
Ich wollte nur mal sehen, wie weit deine Tierliebe geht , meldete sich Fenrir spöttisch.
Sie waren ein seltsames Gespann. Hier der französische Parapsychologe, den man seinen Professorentitel nicht ansah, dort das aufregend schöne Mädchen, das nicht nur seine Sekretärin, sondern auch seine Lebensgefährtin war. Beide waren sie in die Farben des Regenbogens gekleidet. Zamorra trug einen kurzen Umhang, ein eng anliegendes Trikot und Stiefel, und vor seiner Brust schimmerte silbern das zauberkräftige Amulett des Leonardo de Montagne. An der Hüfte klebte auf geheimnisvolle Weise eine Strahlpistole, bereit, ihm förmlich in die Hand zu springen.
Seine wie auch die Kleidung Nicoles stammte aus dem OLYMPOS. Das regenbogenschimmernde Material war magisch aufgeladen und sollte in bestimmten Situationen schützende Funktionen ausüben. Nicole trug ebenfalls einen dieser kurzen Umhänge und wadenhohe Stiefel, aber damit hörte es bei ihr auch schon fast auf. Ihrem Perückentick hatte man bei der Maßanfertigung Rechnung getragen mit einer Regenbogen-Haarperücke, deren Strähnen weich und schillernd bis auf ihre Brüste fielen und sie notdürftig verdeckten. Der Rest ihrer Kleidung bestand aus einem siebenzackigen Stern, der ihre Blöße bedeckte und bei dessen Anblick Zamorra sich immer wieder fragte, auf welche Weise er haftete.
Nicole schien sich in dieser unwesentlichen Bekleidung wohl zu fühlen, und Zamorra gefiel es. In Sachen Kleidung gab es in der Straße der Götter ohnehin eine erheblich größere Freizügigkeit als auf der Erde.
Fenrir, der dritte im Bunde, war auch nicht ungeschoren davongekommen. Obgleich er sich wie wild gesträubt hatte und immer wieder verkündete, dies sei das Ende der Freiheit und der Anfang der Sklaverei, hatte man ihm ein regenbogenes Halsband umgebunden. Nicole hatte »das arme Wölfchen« ausgiebig bedauert, aber glücklich geworden war Fenrir mit dem Zierrat bis jetzt nicht.
Und dann war da noch Thor von Asgaard.
Er gehörte zu jenen in dieser Welt, die sich Götter nannten, nur war von seiner Göttlichkeit nicht viel zu bemerken, wenn er fluchte und sein Alkoholvernichtungsprogramm durchzog. Zamorra kannte ihn von einem früheren Abenteuer her und wußte, daß Thor als letzter zu den Göttern gestoßen war und vorher ein durchaus menschliches Leben geführt hatte, über dessen Einzelheiten er sich aber niemals ausließ. Thor, von hünenhafter Gestalt, deren Größe er durch Magie im Notfall verändern konnte, trug Lederstiefel und einen mächtigen Lendenschurz mit breitem Gürtel, in dessen Schnalle ein Dhyarra-Kristall eingearbeitet war. Seinen Kriegshammer, den er früher an einem Lederriemen über der Schulter trug, besaß er nicht mehr. Bei der
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