0201 - Sternstation im Nichts
wiederholte sich. Der Energieaufwand lag an der Grenze dessen, was das Schirmfeld verarbeiten konnte. Es leuchtete auf. Ein Teil der mechanischen Wucht des Aufpralls übertrug sich dem Fahrzeug selbst und schüttelte es wie der Orkan ein kleines Boot. Diesmal hatte Conrad sich vorgesehen. Er verlor den Halt nicht. Durch das zuckende Leuchten des überbeanspruchten Schirms hindurch sah er ein paarmal den Boden mit beängstigender Geschwindigkeit auf sich zukommen.
Aber jedesmal gelang es dem Autopiloten, das Fahrzeug im letzten Augenblick abzufangen und wieder auf Kurs zu bringen.
Als die Wirkung des Treffers nachließ, war die Bergwand nur noch ein paar hundert Meter entfernt. Conrad atmete auf. In den Schründen und Schluchten würde sich Deckung finden lassen.
Derselben Logik folgte der Autopilot. Noch bevor die dritte Kugel erschien, trieb er den Wagen in einen Spalt hinein, der quer durch eine fast tausend Meter hohe, senkrechte Felswand klaffte. Die Sohle des Spalts lag hundert Meter über dem Boden der Wüste, und die Spaltwände stiegen nicht senkrecht, sondern schräg nach Norden an.
Dunkelheit umfing Conrad, als der Wagen in die Kluft eindrang.
Mißtrauisch schaltete er einen der beweglichen Scheinwerfer ein und untersuchte die neue Umgebung. Die Wände des Spalts bestanden aus purem Fels, es gab keine Spur von Leben. Der Boden der Kluft war von Gesteinsstaub bedeckt, den jahrtausendelange Erosion hier abgelagert hatte. Der Abstand zwischen den beiden Wänden betrug nirgendwo mehr als sechs oder sieben Meter. Conrad fühlte sich ziemlich sicher, daß es selbst einem weit überlegenen Gegner erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde, ihn hier zu finden.
Der Wagen drang bis zum hinteren Ende des Spalts vor. Erst dort setzte der Autopilot das Fahrzeug ab und schaltete das Triebwerk aus. Voller Unruhe ließ Conrad eine Viertelstunde verstreichen. Erst, als sich auch dann noch nichts ereignet hatte, war er bereit zu glauben, daß er sich wenigstens vorläufig in Sicherheit befand.
In der Sicherheit einer selbstgebauten Falle, überlegte er. Er konnte nicht bis in alle Ewigkeit hier liegenbleiben. Er mußte versuchen, sich mit der CREST II in Verbindung zu setzen. Befand sie sich im freien Raum, dann hatte er eine Chance, sie mit dem schwachen Funkgerät des Flugwagens zu erreichen. Außerdem hatte er Durst, mörderischen Durst sogar, und obwohl er wußte, daß es nach der Transformation des Wasserstoffs nirgendwo Wasser geben konnte, hatte er die unlogische Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß er es schließlich doch irgendwo in einem verborgenen Winkel werde finden können.
Sobald er sich aber ins Freie wagte, würden die leuchtenden Kugeln wieder aufsteigen und den Wagen unter Feuer nehmen.
Das Schirmfeld hatte bis jetzt standgehalten, aber bei jedem Treffer waren die Generatoren überlastet worden. Es brauchten nur ein einziges Mal zwei Feuerüberfälle in geringerem Zeitabstand aufeinander zu folgen, dann war er verloren.
Im stillen beglückwünschte er sich zu dem Entschluß, lieber eine ungemütliche Gravitation zu ertragen, als auf das Schirmfeld zu verzichten. An die doppelte Schwerkraft hatte er sich fast schon gewöhnt. Und ohne Schirmfeld hätte er jetzt schon aufgehört zu existieren.
Er ertappte sich dabei, wie er über den Absichten des unsichtbaren Gegners grübelte. Was war sein Plan? Wenn er ihn vernichten wollte, warum hatte er es nicht in der Kuppelhalle getan, wo er ihm hilflos ausgeliefert war? Gab es auf dieser Welt etwa zwei Kräfte, die miteinander in Widerstreit lagen?
Er schob die Gedanken beiseite. Es hatte keinen Zweck, sich über Dinge den Kopf zu zerbrechen, von denen er nichts verstand.
Es gab Wichtigeres zu tun. Schlafen zum Beispiel. Nach dem Durst war Müdigkeit seine deutlichste Empfindung. Den Durst konnte er nicht stillen, aber es erforderte wenig, sich auf dem Sitz auszustrecken, auf die Seite zu drehen und einzuschlafen.
Als er erwachte, war sein Mund so trocken, daß die geschwollene Zunge schmerzhaft am Gaumen kratzte, wenn er sie bewegte. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so nach einem Schluck Wasser gesehnt wie in diesem Augenblick. Verzweiflung packte ihn. Er mußte hier heraus, nur weg von hier, wo es in Jahrtausenden noch keinen Tropfen Wasser geben würde.
Der Schlaf hatte ihn nicht erfrischt, im Gegenteil, er fühlte sich zerschlagener als zuvor. Der Durst setzte ihm zu, und jede Sekunde, die er weiterhin ohne Wasser verbrachte, würde ihn
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