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0203a - Wir standen auf der Abschußliste

0203a - Wir standen auf der Abschußliste

Titel: 0203a - Wir standen auf der Abschußliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir standen auf der Abschußliste
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ganz unmöglich, sich ungesehen bis an das Haus heranzuarbeiten.
    Die Mauer war nur zum Wasser offen und dort, wo das breite Tor war, auf das der Weg zulief. So konnte ein Besucher schon von weitem erkannt werden.
    Aufreizend langsam schritt ich durch das Tor. Niemand war zu erblicken, aber ich war sicher, daß man mich längst gesichtet hatte. Ich versetzte jeden Muskel meines Körpers in äußerste Alarmbereitschaft und schlenderte weiter auf das Haus zu.
    Von der Wasserseite hörte ich das Geräusch von Axtschlägen.
    Ich ging daher um das Haus herum, wobei ich mir die Fenster genau ansah. Hinter den schmutzigen Gardinen konnte ich keinen Menschen entdecken. Einige Fenster waren mit schweren, eisenbeschlagenen Läden versehen.
    Als ich um die Ecke herumkam, fuhr mich von der Seite eine Stimme an:
    »Stop, Sir. Sie wollen doch nicht zu uns?«
    Weder die Plötzlichkeit, mit der die Stimme erklang, erschreckte mich, noch die versteckte Drohung, die sie enthielt, und doch zuckte ich zusammen Denn ehe ich den Fragenden ansah, erblickte ich etwas anderes: Vielleicht zehn Meter vor mir, unten zum Wasser, stand ein Mann in einer kurzen Hose. Sein breiter, muskulöser Oberkörper steckte in einem knallgelben Sporthemd, das einen Teil seiner schwarzbehaarten Brust sehen ließ Der Mann stand vor einem großen Holzklotz und bearbeitete eine Diele mit einem Beil.
    Aber das Beil, mit dem er äußerst geschickt umging, hielt er in der linken Hand.
    Ich riß meinen Blick von dem Linkshänder in dem gelben Hemd los und wandte mich dem Sprecher zu, der an der Hausecke lehnte. Er hatte ein Glas in der einen Hand, und in der anderen wirbelte er einen Gummiknüppel herum, als übe er für ’ne Zirkusnummer.
    »Wenn hier ein gewisser O’Brian ist, dann möchte ich tatsächlich zu Ihnen«, J
    sagte ich so sanft wie eine Kinderschwester, die ein Baby mit Spinat füttern muß.
    Statt einer Antwort drehte sich mein Jongleur nur um und klopfte mit seinem Knüppel an die Holzwand. Durch das offene Fenster hörte ich ein Brummen, als sei ein Löwe da drin, der gerade mal herzhaft gähnt.
    Der Mann mit dem Gummiknüppel schien dieses Geräusch nicht zu überraschen. Er brüllte:
    »Hier is’ einer, der will zu O’Brian, John.«
    Der Löwe drinnen schien doch auch menschliche Laute von sich geben zu können, denn jetzt konnte ich deutlich verstehen, wie er befahl:
    »’reinbringen, Grover!«
    Mein Jongleur, der eine Glatze hatte wie eine gutpolierte Billardkugel, nahm erst noch einen Schluck aus seinem Glas. Dann entblößte er die Zähne unter seinem Menjou-Bärtchen und übersetzte dann:
    »Sie sollen mal ’reinkommen, Mister!« Ich mußte jetzt bei meiner Rolle bleiben, wenn ich mich auch nicht gerade sehr wohl darin fühlte. Also ging ich hinter ihm her. Vor der Tür stellte er sein Glas auf der Fensterbank ab und stieß dann einen leisen Pfiff aus.
    Der Mann in dem gelben Hemd, der sich bis jetzt nicht im geringsten hatte stören lassen, hörte mit seiner Schnitzerei auf und blickte herüber.
    »Komm mal her, Jimmy. Wir haben Besuch — lieben Besuch«, fügte er mit einem häßlichen Lachen hinzu und schob mich zur Tür ’rein. Das Beil hielt er weiterhin in der linken Hand.
    Das Innere paßte gar nicht zu der halb verfallenen Hütte. Ein dicker Teppich zog sich fast durch das ganze Zimmer, das wie das Arbeitszimmer eines Bankdirektors aussah. Allerdings würden da nicht so viele Flaschen ’rumstehen wie hier.
    Hinter einem riesigen Schreibtisch hockte ein Mann, dem ich die Löwenstimme gar nicht zugetraut hätte. Aber dann legte er schon wieder los:
    »Was wollen Sie von O’Brian?«
    Er war ein ganz unscheinbares, schmächtiges Männchen, fast einen Kopf kleiner als ich, was ich jetzt sehen konnte, als er aufstand und auf mich zukam.
    »Eigentlich möchte ich das O’Brian sagen, oder sind Sie vielleicht O’Brian?« sagte ich, und das sollte trotzig klingen.
    Er baute sich vor mir auf wie Napoleon, nur daß er seine Arme dabei über seiner schmalen Brust kreuzte. Dazu blickte er mich stechend an wie ein Schlangenbeschwörer und fauchte: »Hier frage ich und sonst niemand. Sie haben hur zu antworten.«
    »Dann kann ich ja wieder gehen«, sagte ich voll edler Einfalt und machte tatsächlich Anstalten, die letzten paar Schritte bis zur Tür zu kommen.
    Der Napoleon, den ich für Rice hielt, lief im Gesicht an, bis er die Farbe einer Vollreifen Tomate hatte. Als er kurz vor dem Platzen stand, keuchte er: »Los, Grover!«
    Aber den

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