0204 - Vorm Frühstück eine Kugel
in die Karten schauen zu lassen. Schließlich meinte er wohl, die richtige Formulierung gefunden zu haben.
»Du brauchst nur darauf, aufzupassen, daß einem bestimmten Mann nichts passiert. Zwei andere und ich helfen dir sogar dabei. Aber wir suchen noch einen Mann. Vier können mehr ausrichten als zwei.«
Ich grinste breit:
»Gorilla, was?« - »Na ja, so nennt man wohl den Job«, gab er zu.
Ich überlegte. Earp spielte also mit zwei anderen Ganoven den Leibwächter für einen Unterweltsboß, der sich eine solche Garde'leisten konnte. Wer auch immer es Sein mochte, für mich war das Angebot uninteressant.
In der Unterwelt gibt es immer Differenzen zwischen den rivalisierenden Banden, gegen die sich die Bosse durch mehr oder minder starke Leibwachen zu schützen suchen. Die Sache war so uninteressant wie nur irgend etwas.
»Es hat keinen Zweck«, sagte ich. »Ich habe kein Interesse.«
»Aber überleg doch mal! Sechshundert im Monat! Das ist ein prima Geld!«
Ja, dachte ich. Mancher ehrliche Detektiv verdient knapp vierhundert.
»No, kein Interesse«, sagte ich.
Er starrte mich aus großen Augen an.
»Du siehst aber nicht so aus, als ob du einen besseren Job hättest«, sagte er halb beleidigt.
»Man kann sich täuschen«, lächelte ich vielsagend.
Er redete noch eine Viertelstunde auf mich ein, bis er endlich einsah, daß es wohl zwecklos war. Zu guter Letzt kritzelte er mir seine Adresse auf ein Blatt Papier und schob es mir zu.
»Wenn du dir’s mal überlegen solltest Hier steht, wo du mich finden kannst. Ich glaube, für Leute von deiner Garnitur habe ich immer was frei.«
»Okay«, sagte ich, um ihn loszuwerden. »Wenn’s für mich mal interessant wird, kreuze ich bei dir auf.«
»Vergiß es nicht!« mahnte er, stand auf, zahlte und verschwand.
Kaum hatte er das Lokal verlassen, da erschien Sam Lieser an meinem Tisch. Er setzte sich ohne große Umstände und fragte:
»Hat’s mit dem Zimmer geklappt?«
»Ja«, erwiderte ich. »Vielen Dank. Es ist wirklich ein prächtiges Zimmer.«
»Nur ein bißchen teuer, was?« erkundigte er sich und sah mich dabei lauernd an.
Ich zuckte gleichmütig die Achseln. »Na ja, es gibt billigere Zimmer. Aber dafür hat es auch eine eigene Dusche und ein Fernsehgerät. Das schlägt natürlich auf den Preis.«
»Natürlich«, nickte Lieser.
Eine Weile herrschte Schweigen. An der Theke lärmten die Betrunkenen. Der Kellner stand bei ihnen und würfelte mit ihnen die nächsten Runden aus. Jeder Wurf wurde mit lautem Gebrüll kommentiert.
Lieser sah sich um. Erst als er sich überzeugt hatte, daß niemand uns beobachtete, schob er mir einen neuen Fünfzig-Dollar-Schein herüber.
»Den Schein haben Sie heute bei mir eingewechselt. Können Sie sich erinnern?«
Ich grinste schlau.
»Daß ich einen Fünfziger hier gewechselt habe, weiß ich. Aber woher soll ich wissen, ob es gerade dieser war?« Lieser beugte sich vor, bis seine Stirn fast die meine berührte.
»Ich weiß es ganz genau, daß es dieser Schein war!« raunte er.
»Ist ja möglich«, gab ich zu. »Warum? Ist er falsch?«
»Das nicht…«
»Was sonst?«
Lieser sah sich schon wieder um. Ich frohlockte. Der Fisch hatte bereits angebissen, wie es schien, Mein Plan bewährte sich also doch, trotz des Einspruchs, den Phil anfangs erhoben hatte.
»Also was ist nun mit dem Schein?« wiederholte ich.
»Das ist einer aus einer ganz neuen Serie«, sagte Lieser, als ob man das nicht sehen könnte. »Und zwanzig Stück von dieser Serie hat ein Boy in Denver aus einem Geschäft geholt.«
»Geholt? Wie geholt?« fragte ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
Lieser machte eine bezeichnende Geste. Ich riß die Augen weit auf und spielte den Überraschten.
»Ach? Gestohlen? Zwanzig solche Scheinchen? T-t-t-t!«
Ich stieß ein paar mißbilligende Laute aus und schüttelte den Kopf. Lieser wurde vertraulich.
»Keine Angst«, flüsterte er. »Ich verpfeif dich nicht. Von mir kriegt kein Bulle jemals einen Tip. Obgleich du mich ja mit dem Schein aufs Kreuz gelegt hast. Wenn ich ihn bei der Bank abrechne, stehen morgen die Cops hier und fragen, woher ich den Schein habe.« Ich sagte nichts. Ich beobachtete ihn nur. Lieser wollte doch auf etwas Bestimmtes hinaus?
»Ich werde den Schein schon wieder los, ohne daß es auffallen kann«, verriet er mir. »Es sind oft genug Leute hier, die sinnlos blau sind. Wenn ich denen ’nen geklauten Fünfziger andrehe, wissen sie am nächsten Tag nicht mehr, woher sie ihn
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