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0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

Titel: 0204 - Vorm Frühstück eine Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vorm Frühstück eine Kugel
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Cellophanverpackung lag. Ich riß den Beutel auf und holte das Brötchen heraus. Zufrieden kaute ich. Dabei murmelte ich:
    »Gibt’s was Neues?«
    Lieser schüttelte gelassen den Kopf: »Nein. Wüßte nicht, was.«
    Lindners Ermordung hielt er anscheinend nicht für eine Neuigkeit. Mir kam es überhaupt so vor, als gehörte Lieser zu den Leuten, die sich über nichts aufregen.
    Es mochte halb zwölf geworden sein, als ein junger Bursche von höchstens neunzehn Jahren hereinkam. Er trug eine schwarze Farmerhose, einen blauen Rollkragenpullover und eine ärmellose Lederweste. Auf dem Kopf, über dem lockigen Schopf dichten schwarzen Haares, saß eine Schirmmütze, die er lässig weit nach hinten geschoben hatte. Er trat an die Theke und sagte:
    »Coca!«
    Lieser schob ihm eine Flasche hin und zeigte dabei mit dem Kopf auf mich. Der Jüngling musterte mich prüfend, feixte vertraulich und klopfte mir einen Klaps auf die Schulter.
    »Bill weiß Bescheid«, sagte Lieser zu mir. »Du richtest dich nach ihm, verstanden?«
    »Kapiert«, nickte ich.
    Der Jüngling ließ seine erst halb ausgetrunkene Coca stehen, ohne sie zu bezahlen. Er sah mich an.
    »Ab die Post!« sagte er.
    Ich folgte ihm hinaus. Auf der Straße stand ein Drei-Tonner. Die Plan war geschlossen, so daß man nicht erkennen konnte, ob er etwas geladen hatte oder nicht.
    Wir kletterten ins Führerhaus. Der Jüngling rutschte zur Seite und zeigte auf das Steuer.
    »Nun zeig mal, was du kannst«, murmelte er.
    Ich setzte mich ans Steuer, startete und fuhr an. Zum Glück hatte ich beim FBI auch gelernt, wie man einen Drei-Tonner fährt.
    Der Jüngling neben mir gab die Richtung an und kommandierte, vor welcher Kneipe wir anzuhalten hätten. Natürlich prägte ich mir die Namen dieser Buden ein. Überall wurden Kisten mit gefüllten Flaschen 'ausgeladen, Kisten mit leeren Flaschen nahmen wir in Empfang. Das dauerte überall seine Zeit, zumal der Jüngling auch gleich abkassierte. Es mochte gegen drei Uhr nachts gewesen sein, als wir an eine Kneipe in der Nähe der Bowery gerieten, die schon geschlossen hatte. Aber der Wirt wußte, daß eine neue Lieferung kommen würde und war auf geblieben.
    Ich weiß nicht mehr genau, wie es kam. Der Jüngling ging, nachdem wir abgeladen hatten, mit dem Wirt zurück in die Kneipe, um dort abzurechnen. Mir war es im Führerhaus zu langweilig, und ich stieg aus, um mir ein wenig die Füße zu vertreten. Dabei geriet ich zufällig unter ein sehr hoch liegendes Fenster. Es stand offen, und ich konnte hören, was der Jüngling mit dem Kneipenwirt besprach. Das Gespräch wurde sehr interessant. Zuerst hörte ich die tiefe Stimme des Wirts:
    »Wieviel Flaschen hast du offiziell gebracht?«
    »Genau wie du bestellt hast: zwanzig Flaschen.«
    »Und?«
    »Na, natürlich habe ich zehn Flaschen mehr gebracht, wie üblich. Zum halben Preis.«
    »Fällt denn das nicht auf?«
    »Die Idioten vertrauen mir vollkommen. Ich lade selber auf und sag ihnen hinterher, wieviel ich genommen habe. Sie glauben's.«
    »Nein!«
    »Doch. Sie vertrauen mir. Verstehst du denn das nicht? Ich wirke eben so vertrauenswürdig!«
    Schallendes Gelächter unterbrach das Gespräch. Ich hatte genug gehört und tappte auf leisen Sohlen zu dem Truck zurück, wo ich ebenso leise ins Führerhaus kletterte und mir eine Zigarette ansteckte. Die Tür ließ ich offenstehen.
    Es dauerte nicht mehr lange, bis der Jüngling zurückkam. Er war sehr zufrieden. Trotzdem fragte er gleich mißtrauisch:
    »Warum hast du die Tür aufgemacht?« Ich zuckte die Achseln.
    »Warum wohl? Weil hier eine Luft drin ist, die man schneiden kann. Ich möchte aber keine Luft zum Schneiden, ich möchte Luft zum Atmen.«
    »Ach, du lieber Himmel! Eine empfindliche Nase hat er auch noch. Warst wohl mal was Besseres, he?«
    »Ja, Nachtportier im Waldorf.«
    Er sah mich an. Ich hatte es ganz ernsthaft gesagt. Er wußte nicht, ob er es glauben sollte oder nicht. Ich startete und fragte, wohin die Schaukelei jetzt gehen sollte.
    »Wir sind fertig«, sagte er. »Zurück zu Muttern.«
    »Also in die 182.?«
    »Genau, du kluges Kind.«
    Die lange Fahrt quer durch Manhattan brachte ich auch noch hinter mich. Der Jüngling schlief. Als wir ankamen, mußte ich ihm einen Stoß in die Rippen geben, damit er auf wachte.
    »Los, wir sind da. Sam wird schon auf uns warten«, sagte ich.
    Er gähnte herzhaft, wobei er sich redete und streckte. Sam Lieser kam zur Hoftür hinaus, denn wir waren durch eine Einfahrt auf

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