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0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

0204 - Vorm Frühstück eine Kugel

Titel: 0204 - Vorm Frühstück eine Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vorm Frühstück eine Kugel
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die beiden ungefähr sechs Schritte auseinanderliegen«, sagte Slim Cannegan. »So einen langen Arm hat doch kein Mensch, daß er einen anderen über sechs Schritte hinweg nieder -schlagen kann.«
    Hawkins’ Unterkiefer fiel herab, sogar die Zigarre fiel zu Boden und versprühte ein paar Funken. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Hawkins abwechselnd auf die beiden Gestalten und auf Slim. Cannegan wurde es warm. Er tupfte sich den Schweiß von der Stirn, rechnete mit einem fürchterlichen Donnerwetter über seine Kühnheit und versuchte, sich im voraus zu entschuldigen.
    »Seien Sie mir nicht böse, Sir«, stotterte er kläglich, »ich weiß ja, daß ich in solchen Sachen ein blutiger Laie bin und besser den Mund gehalten hätte, es kam mir nur so spanisch vor, und da dachte ich…«
    »Menschenskind!« stöhnte Hawkins, der sich endlich von seiner Überraschung erholt hatte. »Und so was muß einem alten Hasen wie mir passieren. Auf so was muß mich erst ein blutiger Laie aufmerksam machen. Mensch, wenn wir hier fertig sind, spendiere ich das Frühstück für uns beide!«
    Hawkins schnaufte und fuhr etwas leiser fort:
    »Sie haben recht, natürlich haben Sie recht! So sieht die Sache ganz anders aus! Dann kann ja der Lindner den anderen gar nicht mehr niedergeschlagen haben! Dann muß aber auch der Schuß nicht imbedingt von dem anderen abgegeben worden sein. Jetzt wird’s verrückt! — Na, ich will erst mal sehen, wer der andere ist.«
    Der Leutnant suchte nun auch den anderen ab. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen kleinen blauen Karton in der Hand, der in einer Cellophanhülle stak. Er warf nur einen kurzen Blick darauf, dann verdrehte er auch schon die Augen und schrie:
    »Doc! Doc, kommen Sie schnell! — Ach, du lieber Himmel! Jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich von der Geschichte halten soll! Der da ist ja ein G.-man! Ein G.-man vom FBI! Decker heißt er, Phil Decker!«
    ***
    Der nächste Tag verlief für mich ereignislos bis zum Abend. Ich las in den Mittagsausgaben der Zeitungen von Lindners Ermordung. Ohne Zweifel hatte Lindner zu der Alkoholbande gehört, aber warum war er ermordet worden? Und wie? Warum hüllten sich die Zeitungen so in Schweigen darüber? Die kurzen Notizen über seinen Tod waren mehr als mager. Anscheinend hatte die Pressestelle der Stadtpolizei diesmal so gut wie nichts von den näheren Umständen den Reportern freigegeben.
    Von Phil wußte ich nichts. Damit es nicht auffiel, war jeder Kontakt zwischen mir und Phil oder gar dem FBI abgebrochen worden. Alle Nachrichten, die ich dem FBI zukommen lassen wollte, mußte ich schriftlich über eine Deckadresse gehen lassen.
    Den Nachmittag verbrachte ich in einem Kino, wo ich mir einen Film aus der europäischen Geschichte ansah. Es war irgendwas von einem Bayernkönig, der nicht immer ganz vernünftig war. Nach einem Abendessen machte ich noch ein Nickerchen von zwei Stunden, und anschließend ging ich los. Selbst meine Pistole ließ ich zu Hause. Wenn ich eine Ladung schwarzgebrannten Whisky durch die Stadt fahren sollte, würden sie mir bestimmt nicht gestatten, eine Waffe bei mir zu haben. Bei einer Verkehrskontrolle konnte ein Cop zufällig die Kanone sehen, stutzig werden und dann auch die Ladung prüfen. An sich wäre mir so etwas ja ganz recht gewesen, aber ich wäre damit keinen Schritt näher an die Hersteller dieses Mondscheinwhiskys herangekommen.
    Als ich die Bar in der 182. Straße betrat, war wenig Betrieb, Mitten in der Woche blieben die Leute in diesem Viertel selten bis elf Uhr wach. Morgens müssen sie zeitig aus den Federn, also kriechen sie abends auch früh ’rein.
    Sam Lieser stand an der Theke und schenkte Gin ein. Er schob mir einen hin, ohne daß ich ihn darum gebeten hatte. Ich schob ihn zurück.
    »Wenn ich fahren soll, trinke ich nicht«, sagte ich leise.
    Er bedachte mich mit einem anerkennenden Blick.
    »Vernünftig. Wenn du bei allem, was du tust, so vernünftig bist, können wir vielleicht noch manches Geschäft miteinander machen. Hier sind fünfundzwanzig Dollar. Die anderen gibt’s nach der Arbeit.«
    »Okay.«
    Ich faltete die Scheinchen zusammen und schob sie in die Brusttasche meiner Lederweste.
    »Du mußt noch ein bißchen warten«, sagte Sam leise. »Willst du inzwischen was essen?«
    »Da es schon drei Stunden her ist, seit ich Abendbrot gegessen habe, kann ich ein Sandwich vertragen.«
    Er schob mir einen Teller über die Theke, auf dem ein belegtes Brötchen in

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