0204 - Vorm Frühstück eine Kugel
nicht spuren wollen, vergiß das nicht…«
Er lächelte mich dünn an, ging zurück ins Lokal und ließ die Tür hinter sich zufallen. Ich starrte ihm nach. Ein G.-man mit Mordauftrag, wirklich, die Geschichte wurde unheimlich.
Aber ich hatte meinen Plan, und er sah etwas ganz anderes vor als das, was Sam hier plante.
***
Als ich beim Kellner ein saftiges Steak bestellte, verschwand die Frau in der Küche, und Sam Lieser übernahm die Kaffeemaschine. Ich setzte mich wieder auf meinen Platz.
Bis elf Uhr war noch viel Zeit.
Also verließ ich die Kneipe, nachdem ich meine-Mahlzeit beendet hatte.
Eine Weile schlenderte ich durch die Straßen. Ich kam an der Ecke vorbei, wo man dem Mädchen von der Heilsarmee die Sammelbüchse hatte rauben, wollen. Es stand in seiner Uniform genau wieder auf derselben Stelle, hielt die Büchse bittend den eiligen Leuten hin und hatte selten genug Erfolg damit.
Ich warf ihr ein paar Nickel hinein, sie bedankte sich und sagte:
»Es ist gut, daß ich Sie noch einmal treffe, Sir. Ich habe etwas über Johnny erfahren.«
»So? Was denn?« fragte ich interessiert.
Sie trat ein paar Schritte zur Seite, um den Passantenstrom nicht zu behindern. Ich folgte ihr. Wir stellten uns in einen Hausflur. Aufgeregt erzählte das Mädchen:
»Major Hopkins hat ihn gesehen.«
»Wer ist Major Hopkins?« unterbrach ich.
»Mein Vorgesetzter Sir. Er leitet das Heilsarmeebüro in der 176. Straße. Er ist in diesem Viertel geboren und kennt fast alle Leute.«
»Aha. Und dieser Major Hopkins also sah Johnny. Wann?«
»An dem Abend, an dem es passiert sein muß, Sir. Wenn es wirklich Johnny ist, den die Polizei gefunden hat.«
»Wann war es? Kann sich der Major an die Zeit erinnern?«
»Ja, es muß gegen Mitternacht gewesen sein. Major Hopkins hatte lange im Büro zu arbeiten. Als er nach Hause ging, müßte es gegen Mitternacht gewesen sein, sagte er mir.«
»Okay. Wo sah er Johnny?«
»Er kam aus der Kneipe in der 182. Straße, Sir. Aber er war nicht allein. Ein Mann war bei ihm. Ich kenne seinen Familiennamen nicht, und der Major wußte ihn auch nicht. Nur den Vornamen wußte er, weil alle diesen Mann beim Vornamen rufen. Eddy heißt er.« Ich stutzte.
»Eddy? Meinen Sie Eddy Earp?«
Sie breitete hilflos die Arme auseinander.
»Ich weiß es nicht, Sir. Er ist noch nicht lange in diesem Viertel, und wir kennen seinen Familiennamen nicht.« Ich beschrieb ihr Eddy Earp, den Gangster. Sie hörte zu und nickte.
»Ja, Sir, das ist er! Ganz bestimmt. Genauso sieht er aus.«
»Wissen Sie irgend etwas über diesen Eddy?« fragte ich.
»Oh, Sir, er ist ein ganz böser Mensch. Die Leute sagen, er wäre ein richtiger Gangster, und das kann wohl stimmen. Meine Freundin, Leutnant Sniefers, ist von Eddy einmal belästigt worden, als er betrunken war.«
»Das ist eine recht interessante Mitteilung«, murmelte ich.
»Gute Nacht, Sir!«
Ich spazierte weiter, während ich mir die Sache durch den Kopf gehen ließ, von der ich allerdings weniger wußte, als Phil zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war.
Ich hätte Hellseher sein müssen, wenn ich hätte ahnen sollen, was für ein Gewitter sich über meinem Haupte zusammenballte…
***
Eddy Earp trank einige scharfe Sachen, als es ihm am Tisch und allein zu langweilig wurde. Er erhob sich auf bereits etwas unsicheren Füßen und stakte mit seinen langen Beinen zur Theke.
»Hallo, Sam«, sagte er mit schwerer Zunge.
Lieser sah von der Flasche auf, aus der er gerade sechs Gläser einschenkte.
»Tag, Eddy«, brummte er. »Na, wie gehen die Geschäfte?«
»Bin zufrieden«, erwiderte Edward Earp. »Sag mal, kennst du den Kerl, mit dem ich da am Tisch zusammensaß?«
»Meinst du den, der vor einer halben Stunde das Steak aß?«
»Ja, genau den! Kennst du ihn, Sam?«
»Flüchtig. Warum?«
»Nur so. Ich habe mal gesehen, wie er unter ’ner Bande von Halbwüchsigen aufräumte. Gute Arbeit! Ich könnte den Mann gebrauchen. Aber er will ja nicht. Weißt du, was er für einen Job hat?«
»Keine Ahnung, Eddy. Frag ihn doch mal, ob er nicht für dich arbeiten will.«
»Ich hab’s ja schon versucht«, gab Eddy zu. »Er wollte nicht. Dabei habe ich ihm wirklich ein gutes Angebot gemacht!«
Sam Lieser sah den Gangster nicht an, als er sich erkundigte:
»Wann hast du ihm das Angebot gemacht?«
»Gestern, glaube ich. Oder vorgestern. So genau weiß ich es auch nicht mehr. Er hat es rundheraus abgelehnt. Ist er nun zu faul oder hat er zuviel
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