0204 - Vorm Frühstück eine Kugel
sich leicht nachhelfen lassen. Lieser läßt doch die Bareinnahmen des Tages bestimmt zu einer Bank bringen. Über diese Bank hätten wir ihn dann eben mit der Nase auf die Nummern dieser Geldscheine und auf die von uns in die Zeitungen lancierte Meldung von dem angeblichen Einbruch in Denver gestoßene«
Phil breitete die Arme aus.
»Ja, das hätte sich leicht machen lassen«, gab er zu. »Aber es ist ja gar nicht nötig geworden. Ich frage mich nur, wie lange wir dem Spiel noch zusehen können. Die Geschichte mit diesem Johnny gefüllt mir ganz und gar nicht.«
»Sie haben recht, Phil — mir gefällt sie auch nicht. Aber es ist ja gar nicht gesagt, daß dieser junge Mann von der Bande umgebracht wurde«, entgegnete Mr. High. »Von der Mordkommission wurde mir am Telefon gesagt, daß dieser Johnny, der dank Ihrer Aufmerksamkeit, Phil, und dank der Eilnachricht Jerrys so schnell identifiziert werden konnte, ein notorischer Trinker war. Er kann doch in betrunkenem Zustand in die Bäckerei eingedrungen sein und dort einen selbstverschuldeten Unfall erlitten haben.«
»Einem richtig Betrunkenen ist natürlich allerlei zuzutrauen«, nickte Phil. »Aber die Frage ist doch: Wie konnte Johnny überhaupt in die Bude hineinkommen? Wenn er, weiß der Kuckuck woher, Nachschlüssel gehabt hätte, wären sie bei ihm gefunden worden. Aber er hat nicht einmal einen Dietrich bei sich gehabt.«
»Ja, das' ist in der Tat merkwürdig«, murmelte der Chef. »Theoretisch bleibt allerdings die Möglichkeit, daß der zuständige Mann versehentlich einmal das Abschließen vergessen hatte!«
»Aber als er Johnny fand, waren die unteren Türen doch abgeschlossen!«
»Wer weiß das, Phil? Nur der betreffende Mann selbst. Aber er kann gelogen haben. Wenn er wirklich vergessen haben sollte, alle Türen am Morgen beim Verlassen der Fabrik ordnungsgemäß abzuschließen, dann könnte es doch sein, daß er nicht den Mut aufbringt, das zuzugeben, und daß er deshalb das Märchen erfand, er hätte die Türen abgeschlossen vorgefunden!«
Phil zuckte die Achseln..
»Sicher, das ist möglich«, räumte er ein. »Trotzdem glaube ich, daß Johnnys Tod kein Unfall war. Und zwar von dieser Bande! Johnny war betrunken, als ich ihn sah. Lieser wollte ihn in die Küche locken, wenn ich mich recht erinnere. Da sagte Johnny sinngemäß, er wäre nicht so dumm wie Com…, mehr konnte er nicht sagen, denn Lieser drückte ihm schnell eine ganze Flasche Gin in die Hand. Das ist doch mehr als merkwürdig! Lieser gehört nicht zu den Leuten, die aus lauter Mitleid eine Flasche Gin verschenken. Außerdem bestellte er Johnny für den nächsten Abend. Ergebnis? Seit diesem Abend ist Johnny tot! Für mich ist die Sache kein Unfall, sondern ein Mord. Ich kenne auch die Täter, nur kann ich’s nicht beweisen.«
»Vielleicht gelingt es Jerry, durch seinen direkten Kontakt mit der Bande etwas über Johnny zu erfahren.«
»Hoffentlich. Die Mordkommission ließ ja bereits durchblicken, es sei nicht mehr festzustellen, ob man Johnny vielleicht vorher einen Messerstich oder einen betäubenden Schlag auf den Kopf versetzt habe. Also nicht einmal von dieser Seite her wäre eine Aufklärung des Falles denkbar.«
***
In der Küche brannte Licht, aber die Vorhänge vor dem Fenster waren zugezogen. Ich überzeugte -mich davon, daß es nicht einmal den kleinsten Spalt gab, durch den man von draußen ausreichend Sicht für einen Schuß gehabt hätte. Während ich noch damit beschäftigt war, kam Lieser in die Küche.
»Hallo!« brummte er mürrisch.
»Hallo, Sam«, erwiderte ich. »Was gibt es?«
Lieser zog sich einen Hocker unter dem Tisch hervor und ließ sich seufzend darauf nieder.
»Ach, den ganzen Tag ist man auf den Beinen«, sagte er mit einer mürrischen Geste. »Das tut gut, wenn man sich mal ein paar Minuten ausruhen kann.«'
Ich steckte mir eine Zigarette an und wartete. Liesers Gesicht wirkte müde. Er arbeitete zuviel. Ich konnte mich nicht erinnern, je hier hereingekommen zu sein, ohne ihn gesehen zu haben. Anscheinend klappte der ganze Laden nicht, wenn Lieser nicht da war. Ob er für seinen Zwölf- oder Vierzehnstundentag angemessen bezahlt wurde?
»Ich habe noch mal über Bill nachgedacht«, sagte er nach einer ganzen Weile.
»Über Bill?« wiederholte ich fragend. »Wer ist Bill?«
»Der Junge von gestern abend. Mif dem du zusammengefahren bist.«
»Ach so… Warum? Ist nicht alles klar? Du hast ihm tausend Dollar Strafe zudiktiert, und er
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