0205 - Die goldene Kralle
drehte sich halb in den Gang, so daß auch Suko seine Stimme durch die offene Zimmertür hören konnte. »Wann sollen wir denn mit dem deutschen Kommissar reden, der die Ermittlungen leitet?«
»Nach unserem Gespräch mit König«, erwiderte ich sofort.
»Wie heißt der Mann eigentlich?« rief Suko.
»Kölzer. Kommissar Kölzer.«
»Und?«
»Wie und?«
»Ich meine, wie steht er dem Fall gegenüber. Zum Beispiel deinen Vermutungen?«
Will Mallmann lachte. »Skeptisch, sehr skeptisch. Kölzer ist ein Kommissar der neuen Generation. Computergeschult, verläßt sich nur auf die EDV. Keiner, der nach Gefühl arbeitet.«
»Hat er denn Erfolge gehabt?« erkundigte ich mich.
»Ja, sonst wäre er nicht so schnell hochgekommen. Er hat einen Teil der Reeperbahn gesäubert.«
»Das ist allerhand«, sagte ich.
»Ich habe ihn vor drei Jahren einmal kennengelernt, als wir in einer Falschgeldsache zusammenarbeiteten. Damals war er noch Assistent. Na ja, ihr werdet ihn ja bald sehen.«
»Herr Kommissar, Herr Kommissar!« Die Stimme der Wirtin schallte durch den Flur. »Telefon für Sie. Soll ich das Gespräch hoch in Ihr Zimmer stellen?«
»Ja, tun Sie das.« Will Mallmann verschwand. Sein Zimmer lag Sukos Raum gegenüber.
Ich ging zu meinem Freund und blieb an der Wand gelehnt stehen. »Was hast du für ein Gefühl?«
Der Chinese hob die Schultern. »Bis jetzt noch gar keins. Mir spuken die letzten beiden Fälle noch im Kopf herum. Man muß doch einen Eingang zu dieser Leichenstadt finden.«
»Da können wir lange suchen.«
»Ob wir noch mal zurück nach Malaga fliegen? Nicht sofort, wenn ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist. Vielleicht haben wir doch eine Chance.«
»Möglich.«
Will Mallmann kam zurück. Bleich im Gesicht und mit zusammengekniffenen Lippen.
Wir wußten sofort, daß etwas Schreckliches passiert war, und bekamen von Will die Bestätigung.
»Der dritte Mord«, sagte er. »Eine Putzfrau. Sie wurde in Königs Büro getötet!«
***
König! Immer nur König. Wo wir auch hingriffen, dieser Name erschien jedesmal. Er war der Mittelpunkt, um den sich alles drehte.
Erst das Gärtnerehepaar, nun die Putzfrau der Firma.
Welches Rätsel umgab die Familie?
Wir waren ahnungslos, wußten nichts, würden aber bald mehr herausbekommen.
Will fuhr in einem wahren Höllentempo. Er scheuchte seinen Manta, als wäre er ein Porsche. In den Kurven jaulten die Reifen.
Suko wurde im engen Fond zusammengepreßt, mich hielt neben Will der Gurt.
Wir fuhren zwar durch das Hafengebiet, sahen jedoch nicht viel davon, die Geschwindigkeit war einfach zu hoch.
Schließlich erreichten wir unser Ziel. Vier grünweiße Streifenwagen standen auf dem firmeneigenen Parkplatz. Das Rotlicht auf den Dächern rotierte. Ich sah den Leichenwagen und zivile Fahrzeuge, einen Honda Akkord und einen schweren Mercedes.
Als wir in das Haus wollten, hielten uns zwei Polizisten auf. Will Mallmann wies sich aus, wir durften passieren.
»Im vierten Stock!« rief uns der Uniformierte noch nach.
Wir fuhren hoch.
Schon auf dem Gang herrschte Gewimmel. Auch hier standen Polizisten, die Gaffer abhielten. Wieder Ausweiskontrolle. Dann konnten wir das Mordzimmer betreten.
Die Beamten der Mordkommission untersuchten Tatort und Leiche. Ich erhaschte einen Blick über die Schultern der Männer hinweg auf die Tote.
Mein Gott, sie sah schlimm aus. Ich hatte schon viel in meinem Leben gesehen, aber so etwas wie hier selten. Da hatte wirklich eine Bestie gewütet.
Ich hörte, wie der Doktor sagte: »Einwandfrei die gleichen Spuren, wie bei den vorherigen Opfern.«
»Auch wieder die Krallenform?«
»Ja.«
»Lassen Sie mal sehen.« Der Mann, der gesprochen hatte, mußte Kommissar Kölzer sein. Es war der kleinste im Raum. Der Kommissar trug einen grauen Anzug mit helleren Streifen, hatte ein weißes Hemd an, und der Knoten seiner Krawatte hing schief. Ein Bart verdeckte fast die untere Gesichtshälfte, dafür fehlten oben auf dem Kopf fast so viele Haare wie bei Will Mallmann. Hinter den Gläsern der Brille funkelten Kölzers Augen.
Neben der Leiche kniete er sich vorsichtig hin. Eine Minute sagte niemand etwas, so daß ich Zeit hatte, mich umzuschauen.
Im Nebenraum, durch eine Zwischentür mit dem Mordzimmer verbunden, saßen zwei bleiche Gestalten. Zuerst fiel mir die Frau auf. Sie hielt krampfhaft einen Schwenker mit Weinbrand oder Cognac fest und hatte verweinte Augen. Ihre Kleidung war schick und sah nicht billig aus. Ich nahm an, es
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