0206 - Das Vampirnest
Meeresgrund gelegen, versteckt unter Steinen und wahren Gebirgen von Sand und Erde.
Nach der Kurve führte der Weg einen rangen Abhang hinunter. Die schweren Räder holperten über Baumwurzeln. Die Maschinenpistole auf dem Beifahrersitz begann zu tanzen und zu rutschen. Lady X mußte die Waffe festhalten, sonst wäre sie von der Kunststoffpolsterung geglitten.
Der Himmel war düster. Lange Wolkenberge verdeckten das Licht der Sterne. Manchmal stand auch ein leichter Dunstschleier über dem Boden. Die Fahnen quirlten dann im Licht der Scheinwerfer.
Noch ein Licht sah sie.
Es stand über den Scheinwerfern und weiter vor ihr. Es bildete plötzlich einen Kreis.
Das Zeichen!
Jemand bewegte eine Taschenlampe in die Runde. So war es abgesprochen. Lady X lächelte kalt. Costello hatte sein Versprechen gehalten, und das war wirklich gut. Wenn es um verbrecherische Pläne ging, konnte man sich auf ihn verlassen.
Lady X wußte nicht, ob er bereits von Dr. Tods Teilsieg und Teilniederlage gehört hatte. Sie beschloß auf jeden Fall, ihm nichts zu sagen. Wenn er das Gespräch von selbst darauf brachte, okay, sie würde nicht mit diesem Thema beginnen.
Sie fuhr langsamer.
Der Wald um sie herum lichtete sich. Die Bäume verschwanden wie Schatten, die vom Licht aufgelöst wurden. Zwei lange Scheinwerferbahnen stachen vor ihr in die Dunkelheit. Jemand hatte bei einem Wagen das Licht eingeschaltet.
Lady X ließ den LKW ausrollen. Ein weiteres Scheinwerferpaar durchstieß die Dunkelheit, und im Kreuzlicht der vier Strahlen erkannte Lady X fünf Männer.
Sie grinste Costello kam nie allein. Trotz seines gepanzerten Fahrzeugs brachte er immer seine Leibwächter mit. Das hatten Gangsterbosse eben so an sich. Man mußte sich damit abfinden, wenn man mit ihnen zusammenarbeitete.
Die Scott fuhr um die Wagen herum und sah auch den mächtigen Betonbunker, wo die Särge lagerten. Die Bullen hatten Costello damals nichts anhaben können. England war ein freies Land.
Jeder konnte Särge kaufen soviel er wollte, vorausgesetzt, er besaß das nötige Kleingeld wie Logan Costello.
Sie stoppte.
Die Scheinwerfer ließ sie brennen, als sie die Tür öffnete und ausstieg.
Ihre Bewegungen waren geschmeidig, nicht so wie die eines Menschen, der lange hinter dem Steuer gesessen hatte.
Die fünf Leibwächter schauten sie an. Es waren kräftige Männer mit harten Gesichtern. Man sah ihnen an, daß sie eine gute Schulung hinter sich hatten. Rücksicht kannten sie nicht. Sie waren auf, Gewalt programmiert.
Die Scott blieb stehen und stemmte beide Arme in die Hüften. »Wo ist der Chef?«
Einer der Männer spreizte den Daumen ab und deutete auf den gepanzerten Mercedes 600. »Er wartet bereits auf dich.«
Die Scott nickte, ging auf den Wägen zu und durchquerte dabei einen Lichtstreifen. Ihr Gesicht schimmerte noch bleicher. Sie hatte die Lippen zurückgezogen, und die beiden Eckzähne, ihr Markenzeichen, waren deutlich zu sehen.
Die Fondtür schwang auf. Lady X sah einen Arm und die Hand, die sich aus dem Ärmel geschoben hatte. Sie duckte sich und nahm neben Costello Platz. Ihre MPi hatte sie mitgenommen. Die Waffe legte sie quer über die Knie.
»Schließen Sie die Tür!« sagte Costello.
»Warum so förmlich?«
Lady X grinste. »Wegen der Leute.«
Sacht fiel der Wagenschlag ins Schloß. Costello schaltete eine kleine Lampe ein und holte aus der Kühlbox ein beschlagenes Glas. »Möchtest du einen Wein?«
»Nein.«
Der Mafioso hob die Schultern. Er selbst schenkte sich ein Glas ein, hob es an, nickte Lady X zu und trank, wobei er den Kopf zurücklegte und die Augen halb geschlossen hielt.
»Das tut gut«, sagte er. Einen letzten Tropfen leckte er sich noch von der Oberlippe.
Costello sah aus wie immer. Er trug einen dunklen Mantel und auf dem Kopf einen Hut. Die Lampe gab nicht sehr viel Licht. Beide Gesichter lagen im Schatten. Bei Costello kam hinzu, daß die Hutkrempe ein wenig nach unten gebogen war.
»Wie sieht der Vertrieb der Pillen aus?« Lady X kam sofort zur Sache.
»Eigentlich recht gut.«
»Was heißt das?«
Costello grinste. »Ich weiß nicht, ob du die Bedingungen kennst, aber es ist auch für mich sehr schwierig, die Pillen an den Mann zu bringen. Erstens sind es nur wenige, und die offiziellen Vertriebswege werden durch alteingesessene Firmen verstopft, so daß ich da auf die Schnelle nicht reinkommen kann.«
»Das interessiert mich nicht. Ich will wissen, wie dein Vertrieb aussieht.«
»Ich habe da eine
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