0207 - Der Mann, der nicht sterben konnte
Das finde ich gar nicht gut, das ist sogar ausgesprochen mies von dir. Wo steckt er?« schrie Rankin plötzlich.
»Nicht hier.«
»Das habe ich bemerkt. Wo also?«
»Er studiert. Weit weg von diesem Ort. In Cambridge hat er sich eingeschrieben.«
»Und wann kommt er?«
»Ich weiß es nicht.« Der Earl würde sich eher die Zunge abbeißen, als die Wahrheit zuzugeben, das sah auch Sarah Goldwyn ein. Und der andere nahm ihm wohl ab, daß er die Wahrheit sagte, denn er nickte.
»Ich glaube dir, daß dein Sohn nicht hier ist. Also werden wir uns miteinander beschäftigen. Ich brauche von dir die Überschreibung. Du wirst dich nicht weigern. Solltest du es versuchen, reiße ich dich auseinander.«
Sir Reginald, Earl of Rankin, nickte nur. Totenblaß war er im Gesicht, und Sarah Goldwyn bedauerte ihn. Sie dachte gleichzeitig an John Sinclair und rechnete damit, daß der Geisterjäger aktiv werden würde. In London hielt den nichts mehr. Vielleicht war er sogar schon in der Nähe. Da die Rankins abgelenkt waren, riskierte Lady Sarah einen Blick auf eines der zahlreichen Fenster.
Heftig erschrak sie.
Hinter der Scheibe schimmerte ein Gesicht!
***
Gaylord Rankin war uns wirklich eine große Hilfe gewesen. Er kannte die örtlichen Gegebenheiten ausgezeichnet und besaß auch den Schlüssel für die Tür des kleinen Anbaus an der Rückseite.
Jaguar und Bentley standen so weit entfernt, daß sie vom Schloß her nicht gesehen werden konnten. Zu Fuß hatten wir den Rest der Strecke überwunden. Unterwegs hatte uns der junge Earl alles Wichtige erklärt. Wir gaben genau acht und kannten den Grundriß des Hauses so ungefähr. Zugute kam uns auch die Dämmerung, die den Tag abgelöst hatte. Automatisch leuchteten die beiden Lampen vor dem Haus auf und schufen zwei helle Inseln.
Wir befanden uns am Anbau.
Die Tür stand offen. Von nun an sollte der junge Earl zurückbleiben. Er durfte sich auf keinen Fall in Gefahr begeben. Wir hämmerten ihm noch einmal ein, sich zu verstecken, und er versprach hoch und heilig, sich daran zu halten.
Wir schlüpften in den Anbau und schlossen hinter uns behutsam die Tür. Der typische Garagengeruch empfing uns. Eine Mischung aus Benzin und altem Reifengummi.
Nicht zum erstenmal gelangten wir auf diese Art und Weise in ein Haus. Normalerweise hätte ich ein schlechtes Gefühl gehabt, doch in dem speziellen Fall ging es um das Leben unschuldiger Menschen, da konnte man keine Rücksicht nehmen.
Durch ein Fenster an der Seitenwand drang dämmriges Licht.
Wir sahen die Umrisse eines Autos. Ein deutsches Fabrikat, ein dunkelblauer Opel Senator.
Dem Fenster gegenüber lag die Seitentür. Durch sie mußten wir gehen, um ins Haus zu gelangen.
Suko drückte sie auf.
Ich blieb hinter ihm und dachte im Moment an die Waffen, die wir mitgenommen hatten.
Zu meinem Kreuz, der Beretta und dem Dolch hatte ich noch eine ausgezeichnete Waffe mitgenommen. Den magischen Bumerang. Er hing ebenfalls in meinem Gürtel.
Ich hatte die Hoffnung, unseren Gegner vielleicht mit dem Bumerang vernichten zu können. Wenn geweihte Kugeln versagten, konnte es die Kraft dieser Waffe vielleicht schaffen.
Vor mir sah ich Sukos Rücken und seine breiten Schultern. Er ging geduckt und bewegte sich lautlos. Der Chinese konnte wirklich schleichen wie eine Katze.
Der Gang war ziemlich eng, und er endete in einer kleinen Diele, von der mehrere Türen abzweigten. Drei waren es insgesamt.
Wir blieben stehen und unterhielten uns nur wispernd. Jeder von uns hatte den Plan so ziemlich im Kopf, und ich deutete auf die eine der drei Türen, deren Schloß im Licht von Sukos Taschenlampe metallen schimmerte.
Der Chinese nickte. Es war die Tür zum Keller, und durch den Keller wollten wir kommen. Der Überraschung wegen wählten wir diesen kleinen Umweg. Wären wir auf normalem Wege gegangen, hätte man uns zu leicht entdecken können.
Suko probierte die Klinke. Sie ließ sich butterweich nach unten drücken, und Suko nickte zufrieden, als er feststellte, daß die Tür nicht verschlossen war.
Wir hatten eine Kellertreppe erwartet und wurden nicht enttäuscht. Etwas gebogen führte sie in die Tiefe. Sie bestand aus glattem grauem Beton, wie auch die Wand. An ihr war ein Eisengeländer befestigt, an dem wir Halt fanden.
Suko wagte nicht mehr, den Strahl der Lampe voll aufleuchten zu lassen. Er deckte ihn mit der Hand ab, so daß nur noch ein schwaches Schimmern zu sehen war, das allerdings ausreichte, um genügend erkennen zu
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