0207 - Der Mann, der nicht sterben konnte
keinen mehr sehen und mußte einmal allein sein. Tage vergingen. Später erfuhr ich, daß aus dem Weltall ein Meteor in das Gebiet eingeschlagen war. Allerdings ein kleiner, er hatte keinen sehr großen Trichter gerissen. Mit mir jedoch war eine Veränderung vorgegangen. Ich merkte es daran, als ich mich an einem Messer schnitt.« Er grinste und fragte: »Wollt ihr weiter zuhören?«
»Ja«, sagte Lady Sarah.
»Also gut, ich schnitt mich an dem Messer, und es tat nicht weh. Ich spürte keine Schmerzen, das gab mir einen weiteren Schock. Einsam lebte ich und stellte Versuche mit mir selbst an. Ich schnitt öfter in meinen Körper, suchte mir die verschiedensten Stellen aus und erlebte immer das gleiche. Keine Schmerzen. Ich war völlig durcheinander. Ich lebte anders als die übrigen Menschen, erzählte aber niemandem davon. Dann ging ich in eine andere Stadt. Dort geriet ich in einen Streit. Miliz kam, ich flüchtete, man schoß hinter mir her und traf mich dreimal in den Rücken.« Er hob die Hand und spreizte drei Finger ab. »Versteht ihr, ich wurde dreimal getroffen, aber ich lebte, obwohl die Kugeln tödlich waren. Ich lebte weiter. Man konnte mich nicht mehr töten. Ich war der Mann, der nicht sterben konnte.«
»Und wie kam das?« wollte Mrs. Goldwyn wissen.
»Da habe ich keine Erklärung. Es muß mit fremden Strahlen zusammenhängen, die mich getroffen haben. Vielleicht waren es magische Strahlen aus einem fernen dämonischen Universum. Wer weiß? Ich jedoch begann mit diesem Phänomen zu leben. Ich heiratete sogar, sagte meiner Frau lange Zeit nichts. Und als ich ihr eines Tages die Wahrheit offenbarte, da verging sie fast. Sie wollte nichts mehr mit mir zu tun haben, sie wollte weg. Es kam zu einem häßlichen Streit, bei dem ich weitere Fähigkeiten an mir feststellte. Ich konnte Materie bewegen. Mit reiner Geisteskraft gelang es mir, Gegenstände hochzuheben, auf die ich mich konzentrierte. Ich brachte Bäume und Häuser zum Einsturz, nur durch reine Geisteskraft, wobei mir eines Tages der Gedanke kam, diese Kräfte auszunutzen. Ich wollte nicht weiter arm sein und wandte mich an den Geheimdienst. Wir führten Tests durch, die Leute vom KGB waren begeistert. Mit offenen Armen nahmen sie mich auf, als ich in ihre Dienste treten wollte. Und ich beschäftigte mich auch zusammen mit den Agenten vom Geheimdienst mit meiner Vergangenheit. Wir durchleuchteten sie und kamen zu dem Ergebnis, daß ich von Adel bin. Von einem Adelsgeschlecht, dessen Nachfahren hier in England leben. Damit stand der Plan fest. Ich ging nach England, tötete zuvor meine Frau, und hier bin ich.«
Rankin schaute Lady Sarah und seinen entfernten Vetter mit leuchtenden Augen an.
Die beiden schwiegen. Sie hatten soviel Neues gehört, daß sie es erst verkraften mußten. Und nicht nur Neues, sondern auch Unwahrscheinliches. Aber war das Unwahrscheinliche nicht wahrscheinlich geworden? Für Lady Sarah Goldwyn und Sir Reginald bestand kein Grund, den Worten des anderen nicht zu trauen.
»Jetzt wißt ihr alles«, sagte Fjodor Rankin. »Seht ihr ein, daß ihr keine Chance habt?«
»Ja, das sehen wir ein«, gab der Earl zu. »Irgendwann wird es auch Sie treffen. Es gibt keinen, der unsterblich ist. Sie werden altern und müde…«
»Ach, hör auf. Daran denke ich nicht. Fünfzig Jahre habe ich hinter mir. Und ich fühle mich noch immer fit. Das wird einige Zeit so bleiben. Mit meinen Fähigkeiten und deinem Vermögen, Vetter, werde ich hier in England für mein Heimatland einen Stützpunkt aufbauen, der es in sich hat. Das schwöre ich dir!«
»Was ist eigentlich mit dem übrigen Personal geschehen?« fragte Sarah Goldwyn.
»Es liegt wohl verschnürt in den oberen Räumen. Ich weiß noch nicht, ob ich die Leute am Leben lasse. Es kommt dabei auf euch an, wie ihr zu mir steht.«
»Was haben Sie vor?« erkundigte sich Sir Reginald.
»Ganz einfach. Wir erledigen jetzt die Dinge, die mir besonders am Herzen liegen. Du wirst mir die Hälfte deines Vermögens sofort überschreiben und auch dein Testament ändern.«
»Nein, nein, das geht nicht«, schnappte der Earl.
»Und weshalb nicht?« Fjodor Rankins Blick bekam einen lauernden Ausdruck.
»Weil mein Sohn alles erbt. Weil…« Er verstummte, denn er wußte, daß er einen Fehler gemacht hatte, als er seinen Sohn erwähnte. Auch Lady Sarah schluckte. Sie hatte den Fehler ebenfalls erkannt.
Fjodor Rankin nickte. »So, einen Sohn hast du. Und davon hast du mir nichts erzählt, Vetter.
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