0208 - Die Killerfische
hatte noch vor Jill den Schlund erreicht.
Mit dem Wasser ließ sie sich treiben, machte sich schmal-und lang, wobei sie die Arme ausgestreckt hielt und die eingeschaltete Lampe wenigstens die unmittelbare Umgebung erhellte.
Die beiden dicht hintereinander schwimmenden Frauen waren in einen regelrechten Schlauch geraten. Fast waagerecht stach er in den unterseeischen Berg hinein, an seinen Rändern war er rauh und rissig.
Übersät mit zahlreichen Spalten und kleinen Einschnitten. Ideale Schlupflöcher für winzige Fische und allerlei Kleingetier.
In diesem Schlauch war es noch trüber als vor dem Berg. Die Lampen leisteten den Taucherinnen wirklich eine wertvolle Hilfe. Als sich der Tunnel verbreiterte, da wußten die Frauen, daß sie das Ende erreicht hätten.
Das war in der Tat so.
Er öffnete sich an seinem Ende. Jill und Eileen stellten fest, daß sie einen breiten Canyon erreicht hatten, dessen Wände steil anstiegen und über ihnen verschwanden.
Sie berieten sich.
Links oder rechts, das war hier wirklich die Frage. Schließlich entschieden sie sich, nach rechts zu schwimmen, doch Eileen hatte bereits nach wenigen Yards etwas dagegen. Sie holte auf, stieß ihre Freundin an und machte ihr klar, daß es besser für sie wäre, wenn sie sich teilten und in verschiedene Richtungen davon schwammen.
Jill Dalton hatte Bedenken und schüttelte den Kopf. Doch Eileen wollte nicht. Sie deutete auch auf ihre Uhr, so daß Jill einfach verstehen mußte.
Sie begriff auch. Die Zeit war eben zu kostbar. Eileen hielt beide Hände hoch, wobei sie die Finger spreizte.
Zehn Minuten Frist, mehr nicht. Damit war auch die blondhaarige Jill einverstanden.
Die Frauen winkten sich noch einmal zu und trennten sich dann. Jill schwamm in die entgegengesetzte Richtung. Schon bald hatte sie ihre Freundin aus den Augen verloren, denn als sie den Kopf wandte, war nicht einmal mehr, ein heller Fleck zu sehen.
Das Schweigen des Meeres umfing die mutterseelenallein schwimmende Jill Dalton. Viele Menschen hätten Angst gespürt, nicht so Jill. Sie kannte sich aus, dafür war sie schon zu oft getaucht. Sie war praktisch im Wasser zu Hause. Selbst die australische Küste war ihr nicht mehr unbekannt.
Jill Dalton hielt sich dicht am Grund. Wenn sie den Sack finden wollte, dann lag er irgendwo im sandigen Schlamm des Meeresgrundes. Sie hoffte nur, daß er nicht völlig verschwunden war.
Der unterseeische Canyon änderte seine Breite nicht. Dafür waren seine Wände aufgelockerter. Zahlreiche Höhlen, Schlünde und Öffnungen kamen der Taucherin wie die weit aufgerissenen Mäuler geheimnisvoller Wesen vor.
Manchmal spielte sie mit dem Gedanken, in einer dieser Öffnungen zu verschwinden, dann wiederum sagte sie sich, daß es keinen Sinn hatte, bevor sie nicht sicher war, daß der »Schatz« auf dem Boden des Canyons lag.
Die Hälfte der Zeit war schon um, und der Lampenschein glitt noch immer über einen leeren Meeresboden. Leer insofern, daß von dem gesuchten Gegenstand nichts zu entdecken war.
Dafür erschien vor ihr ein bizarrer Schatten, der auch in die Höhe wuchs.
Im ersten Moment erschrak Jill, dann verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln. Der Schatten war nichts anderes als ein gesunkenes Schiff. Es war nicht einmal groß. Obwohl Algen und Planken die Aufbauten überwuchert hatten, erkannte Jill Dalton an der Form des Schiffes die Barkasse.
Sie glitt weiter. Hin und wieder stiegen ein paar Luftperlen wie von der Schnur gezogen in die Höhe, und als die Frist um war, hatte sie noch immer keine Spur von dem gefunden, was sie suchte.
Dieser Sack war zu gut versteckt.
Jill mußte umkehren. Die Hälfte der ausgemachten Minuten war bereits überschritten. Auf dem Rückweg wollte sie schneller schwimmen, da brauchte sie nicht mehr zu suchen, und vielleicht hatte auch Eileen Erfolg gehabt. Noch standen die Chancen 50 zu 50.
Jill machte geschmeidig kehrt.
Und erstarrte vor Entsetzen.
Vor ihr stand stumm und drohend der Killerfisch!
***
Er hatte also überlebt!
Dieser Gedanke schoß mir zuerst durch den Kopf, als ich das Monstrum anschaute. Automatisch glitten meine Gedanken zurück in die Vergangenheit. Ich dachte an einen unheimlich kalten Winter, an ein Schloß, in dem ein seltsamer Graf mit seinen Monstern lebte, zu denen auch dieser Frankenstein-Verschnitt gehörte. Der Fall hatte mich schließlich zu einem Stützpunkt der Teufelstochter Asmodina geführt, und ich dachte an den kleinen Marcus, mit dem ich die rasende
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