0209 - Die Panik kam per Telefon
Zuerst hatte ich gar nicht die Absicht, mich weiter in diese Sache einzulassen. Ich stieg einfach aus, weil ich mein Bein mal richtig ausstrecken wollte. Zwar hatte ich keine großen Schmerzen mehr, aber im linken Oberschenkel spürte ich ein anhaltendes Ziehen, und ich dachte, es könnte nicht schaden, wenn ich das Bein mal ein bisschen bewegte.
Also humpelte ich ein paar Schritte herum. Aus purer Neugierde trat ich dabei an den Streifenwagen, in dem Bolster saß und den Hörer des Sprechfunkgerätes ans Ohr drückte.
Als er mich neben dem Wagen auf tauchen sah, wandte er den Kopf in meine Richtung und sagte: »Unsere Funkstelle sitzt in der Kreisstadt. Sie verbinden mich mit dem Institut. Möchten Sie nicht mal selber mit Baker sprechen, Sir?«
Ich sah zwar nicht ein, warum ich es tun sollte, aber wenn er sich unsicher fühlte, gab es auch keinen Grund, warum ich es nicht tun sollte. Also nickte ich und ließ mir den Hörer geben.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich plötzlich das Rufzeichen in der Leitung hatte. Und jetzt dauerte es noch einmal ziemlich lange, bis sich jemand meldete.
»Meteorologisches Institut, Baker«, sagte eine Stimme.
Aber eine Stimme, die so klang, als spräche der Mann mit einem Korken im Mund. Gleich darauf ertönte ein eigenartiges Gurgeln, ein Schnaufen und ein anhaltendes Husten.
»Ich spreche im Aufträge von Sheriff Bolster«, sagte ich. »Nach meiner Meinung muss da etwas klargestellt werden. Irgendwo scheint es ein Missverständnis gegeben zu haben. Haben Sie den Sheriff veranlasst Brundache evakuieren zu lassen?«
Die Antwort ließ einen Augenblick auf sich warten. Auf einmal hörte ich, wie sich Baker räusperte und ausspuckte. Das Geräusch kam mir so unerwartet, dass ich unwillkürlich den Kopf schüttelte. Was, zum Teufel, war mit Baker los?
»Jawohl, das habe ich veranlasst!«, brabbelte die undeutliche Stimme. »Ich, verstehe Sie? Ich, der Leiter des Meteorologischen Institutes! Genügt Ihnen das nicht? Nein? Dann will ich,Ihnen sagen, warum ich es veranlasst habe! Brundache wird von etwas Schrecklichem heimgesucht! Von einer Katastrophe! Kapieren Sie das? Ein Erdbeben! Meine Berechnungen haben eindeutig ergeben, dass Brundache von einem sehr starken Erdbeben heimgesucht werden wird! Es weiß doch jedes Kind, dass man ein Erdbeben ziemlich genau Voraussagen kann! Wissen Sie das etwa nicht?«
Die undeutliche, gelegentlich von Schnaufen und Hustenanfällen unterbrochene Stimme, die immer unverständlicher wurde, je länger und schneller sie sprach, haspelte eine ganze Litanei herunter. Ich hörte schon gar nicht mehr hin. Ich legte den Hörer zurück auf die Gabel des Sprechfunkgerätes und sah Bolster ernst an.
»Sie sind da entweder auf einen Verrückten oder auf einen total Betrunkenen hereingefallen, Bolster«, sagte ich leise. »Es sei denn, es gibt noch eine dritte Erklärung dafür - aber das wollen wir lieber nicht hoffen.«
Bolster war kreidebleich.
»Wie meinen Sie das?«, stieß er tonlos hervor.
»Darüber wollen wir jetzt nicht diskutieren«, erwiderte ich. »Fahren Sie vor uns her! Aber schnell! Zu diesem Institut! Ich fürchte, Bolster, irgendwie ist hier eine Riesenschweinerei im Gang! Los, beeilen Sie sich. Wir kommen hinterher.«
Bolster holte Luft, als wollte er etwas erwidern. Aber dann schloss er den Mund, nickte grimmig. Ich humpelte zurück zum Jaguar und kletterte hinein. Mit ein paar kurzen Worten war Phil unterrichtet.
Er stutzte.
»Hör mal«, sagte er mit einem eigenartigen Unterton in der Stimme. »Kannst du dich erinnern, wo ich saß, als wir in Bolsters Office waren und nach der Adresse von Linda Carell fragten?«
Ich dachte nach und erwiderte: »Hattest du nicht den Stuhl am Fenster?«
Phil nickte.
»Genau. Und einmal war es mir, als ob unten auf der Straße Slim Trooger vorübergegangen wäre.«
»Trooger? Den Bandenchef, aus der Bronx? Wie soll denn der Kerl nach Brundache kommen?«
»Das frage ich mich ja auch. Ich konnte mir nur denken, dass ich einer zufälligen Ähnlichkeit zum Opfer gefallen bin. Deshalb erwähnte ich es nicht. Aber wenn nun Trooger wirklich mit seinen Leuten hier wäre?«
»Du meinst, er könnte die ganze Sache inszeniert haben?«
Phil zuckt die Achseln.
»Warum nicht? Was für tolle Dinge haben Gangster nicht schon ausgeheckt, um ihre Coups zu landen? Und wo kann ein Gangster denn besser seinen Raubzug ausführen als in einer Stadt, die völlig menschenleer ist?«
»Dann müsste doch Baker mit
Weitere Kostenlose Bücher