021 - Die Totenuhr
Krankheit angesteckt?«
»Das hoffe ich nicht«
»Ich komme sofort.«
»Danke«, sagte ich und drückte auf die Gabel. Da es einen Todesfall gegeben hatte, war es meine Pflicht, die Polizei zu informieren.
Ich wandte mich gleich an die richtige Stelle: an Scotland Yard.
Ich verlangte Oberinspektor John Sinclair, den Geisterjäger, doch der Mann, mit dem ich befreundet war und mit dem ich auch schon zwei gefährliche Fälle bearbeitet hatte, war auf Achse.
Glenda Perkins, seine Sekretärin, leitete meine Meldung weiter.
Ich konnte mich darauf verlassen, daß niemand sich in meinen Fall drängen würde, dafür würde John schon sorgen.
Mr. Silver nahm Agnes Johnson das leere Glas aus den kraftlosen Fingern, und mir war auf einmal, als hätte mir jemand einen glühenden Säbel durch den Kopf gestoßen.
»Dennis Maskell!« rief ich erschrocken aus.
»Mein Gott, ja!« rief der Ex-Dämon aufgewühlt.
»Du bleibst hier!« sagte ich und stürmte aus dem Haus, in der Hoffnung, den zweiten Truckfahrer vor einem Schicksal, wie es George Johnson ereilt hatte, bewahren zu können.
Ich sprang in meinen Wagen und startete den Motor. Die Pneus pfiffen, als ich losraste. Der weiße Peugeot fegte durch die Halford Road. Farm Lane 44, das war Dennis Maskells Adresse.
Ich bog in die nächste Querstraße ein. Farm Lane. Die Hausnummern flogen an mir vorbei. Bei 40 nahm ich den Fuß vom Gaspedal und ging in Bremsbereitschaft.
Exakt vor Nummer 44 hielt ich mein Fahrzeug an. Den Motor ließ ich laufen. Ich zog den Schlüssel nicht ab, weil mich das zuviel Zeit gekostet hätte, und Zeit – das fürchtete ich – hatte ich so gut wie keine, wenn ich Dennis Maskell retten wollte.
Ich stieß die Autotür auf, bevor sich noch der Sicherheitsgurt vollends aufgerollt hatte. Beinahe hätte ich mich darin verheddert.
Ich schüttelte das schwarze Band ab, warf die Tür zu und rannte zum Hauseingang.
Vier Stufen führten hinauf. Ich jagte sie hoch und läutete Sturm.
Als mir nicht sofort jemand aufmachte, schlug ich mit den Fäusten gegen die Kassettentür.
»Mr. Maskell! Mr. Maskell! Bitte machen Sie auf! Es geht um Leben und Tod!« Das hörte sich natürlich stark übertrieben an, aber es war die Wahrheit, das hätte jeder zugegeben, der George Johnson sterben sah.
Ich wußte nicht, wie ich Maskell retten sollte. Vielleicht gelang es mir mit dem magischen Ring. Wenn ich es schaffte, die Uhr der schwarzmagischen Zeitbombe zum Stehen zu bringen, war die Gefahr wenigstens für den Augenblick gebannt.
Dann konnte Mr. Silver, Roxane und Oda an ihm so lange herumexperimentieren, bis sie eine Möglichkeit fanden, die Bombe zu entschärfen. Aber dazu war es nötig, einen raschen, entscheidenden Schritt zu tun.
»Maskell!« schrie ich noch einmal.
Dann ließ ich es bleiben, schlug das Fenster neben der Haustür ein und kletterte durch dieses in das Gebäude.
»Maskell?«
Meine Stimme hallte durch das stille Haus. Irgendwo tickte leise eine Uhr. Das war alles, was ich hörte. Dennis Maskell hatte sich krank gemeldet, weil er sich nicht wohlfühlte.
Wer sich nicht wohlfühlte, blieb in der Regel zu Hause und geht nicht groß spazieren. Wenn diese Überlegung stimmte, mußte Dennis Maskell daheim sein, und dann war es kein gutes Zeichen, daß er nicht antwortete. Ich bekam eine Gänsehaut, während ich durch den düsteren Flur schritt. Gespannt erreichte ich die Treppe, die zum Obergeschoß hinaufführte.
Im selben Moment prallte ich zurück, denn vor mir lag Dennis Maskell und er hatte seinen schrecklichen Todeskampf bereits hinter sich.
***
Er lag auf dem Rücken, mit dem Kopf nach unten, die Arme in einer hilflos anmutenden Geste ausgebreitet. Die Augenhöhlen waren leer wie bei seinem Freund und Kollegen, und grauer Staub häufte sich auf der Stufe unterhalb seines Kopfes.
Ich stieg an ihm vorbei die Treppe hoch und stellte fest, daß auch er vor seinem furchtbaren Ende einen Tobsuchtsanfall gehabt hatte.
Sein Schlafzimmer war total verwüstet.
Die Kissen waren zerfetzt, und der feine Daunenstaub schwebte jetzt noch in der Luft. Eine Stehlampe war abgebrochen, auf der Nachttischlampe schien Maskell herumgetrampelt zu sein, nachdem er sie auf den Boden schleuderte.
Bilder waren aus den Rahmen gerissen worden, die Rahmen stellten nur noch Kleinholz dar. Ein Radiowecker lag mit aufgeplatztem Gehäuse auf dem Teppichboden und zeigte mir seine Innereien.
Das Chaos war perfekt. Besser hätte es Mago selbst nicht zustande
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