021 - Frankensteins Ende
In einer halben Stunde sind die anderen da. Warte einstweilen hier!«
Bertolli stand auf und verließ das Zimmer. Er hatte den Umschlag mit den Papieren mitgenommen.
Um zweiundzwanzig Uhr waren fünf Bosse der Organisation im Arbeitszimmer von Mario Bertolli versammelt. Außerdem waren noch sein Neffe, Dr. Bertolli, und Luigi Naviglio anwesend.
»Ich will nicht lange herumreden«, sagte Bertolli. »Ihr wisst alle, worum es geht. Wir sind zusammengekommen, um Maßnahmen gegen Crazy Joe zu beraten.«
Bertolli blickte kurz in die Runde. Keiner sagte etwas.
»Es ist jetzt fast vier Wochen her, seit mich Crazy Joe aus Las Vegas vertrieben hat. Und in diesen vier Wochen ist es ihm gelungen, eine straffe Organisation aufzubauen. Im Augenblick hat er eine stärkere Position, als Agrella sie je hatte. Er beherrscht Las Vegas. Die Polizei war schon immer korrupt, aber jetzt ist sie es noch mehr – falls das überhaupt möglich ist. Er kann praktisch machen, was er will. Auf Crazy Joe brauche ich nicht besonders einzugehen. Jeder kennt ihn, und jeder weiß, wie er zu seinem unverwundbaren Körper gekommen ist. Durch seine Umwandlung hat er eine eigenartige Fähigkeit dazu gewonnen: Er kann zum Beispiel den Lauf der Roulettekugel beeinflussen. Er gewann mindestens zehn Millionen Dollar in den Spielhallen von Las Vegas, und er ging sehr geschickt vor, wie ich eben erfahren habe.«
»Und wie?« erkundigte sich Dino Cozzi, der Leiter der Organisation von Los Angeles.
Bertolli grinste freudlos. »Er setzte sich in eine Spielhalle und verteilte unauffällig ein Dutzend seiner Leute am Tisch. Er selbst spielte nur sehr wenig, da sonst ja alle wie er gesetzt hätten, aber seine Leute spielten nach Crazy Joes Angaben. Die Spielkasinos konnten nichts dagegen unternehmen, und er gewann wie verrückt.« Bertolli steckte sich eine Zigarre an. »Außerdem hat Crazy Joe eine Schreckensherrschaft aufgezogen. Wer nicht gehorcht, wird unbarmherzig getötet. Aber nicht einfach durch eine Kugel. Er quält seine Opfer bestialisch. Es gelang ihm auf diese Weise, einige Anteile an Hotels und Spielhallen zu erwerben. Der Kopf hinter allem ist jedoch nicht Crazy Joe, sondern Gordon McLure, der von dem Anwalt Ladbury unterstützt wird.« Bertolli sog an der Zigarre. »Crazy Joe ist jetzt nach Los Angeles übergesiedelt. Diese Stadt will er sich als nächste unter den Nagel reißen. Er hat uns den totalen Kampf angesagt. In den beiden vergangenen Wochen wurden drei Mordanschläge auf mich verübt. Sie gehen alle drei auf Crazy Joes Konto. Er ist völlig wahnsinnig geworden. Er will sich zum Herrscher über die Unterwelt Amerikas machen.«
»Und er ist auf dem besten Weg, es zu werden«, knurrte Tony Viviani, der Chef von Pittsburgh.
Bertolli überhörte diesen Einwurf. »Crazy Joe hat sich zudem einen Harem zugelegt. Darunter befinden sich einige bekannte Filmstars. Täglich tötet er ein junges Mädchen, indem er ihm das Blut aussaugt. Er kann auch Menschen hypnotisieren. Wir müssen etwas gegen ihn unternehmen. So kann es einfach nicht weitergehen. Aber es wird schwierig sein, an ihn heranzukommen. Er verlässt kaum sein Haus. Hat irgend jemand einen Vorschlag?«
»Das beste wird sein, wir treffen irgendein Arrangement mit Crazy Joe«, sagte Dino Cozzi.
Bertolli schüttelte den Kopf. »Hoffnungslos. Ich habe es versucht. Er will unsere Organisation übernehmen und schreit nach unseren Köpfen. Verhandlungen mit ihm sind vollkommen sinnlos. Er ist keinen Argumenten zugänglich.«
»Es muss doch etwas geben, womit man ihn ausschalten kann«, sagte Franco Ramondi. »Wir sollten einige Wissenschaftler ansetzen …«
»Das habe ich bereits getan«, sagte Bertolli kummervoll. »Das Ergebnis war niederschmetternd. Die Zusammensetzung der Kunsthaut ist nicht bekannt. Und das wäre die Voraussetzung für eine wirkungsvolle Waffe. Wir müssen das Monster in unsere Gewalt bekommen. Dann finden die Wissenschaftler sicher eine Möglichkeit, es zu vernichten.«
Viviani beugte sich vor und kniff die Augen zusammen. »Und was ist mit dem Mann, der die Kunsthaut erfunden hat? Er müsste doch in der Lage sein, ein Gegenmittel zu erfinden.«
»Der scheidet leider aus«, sagte Bertolli. »Professor Dassin, der Schöpfer des Monsters, ist nicht mehr in der Lage, Erfindungen zu machen.«
»Wieso nicht?«
»Durch eine Operation ist er zu einem Kind geworden«, erklärte Dr. Bertolli. »Geistig.«
Viviani stand auf und ging im Zimmer auf und ab.
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