0210 - Drei Leichen im Garten
sonst wäre sie längst nicht mehr am Leben.
Sie wohnte in einem Haus in Mayfair, das sie allerdings schon seit über einer Woche verlassen hatte, um einen Job anzunehmen.
Den Job als Haushälterin!
Nicht, weil sie Geld brauchte, das besaß sie, denn jeder ihrer drei Männer hatte bei seinem Tod ein erkleckliches Sümmchen hinterlassen, aber sie witterte einen Fall.
Schuld daran trug der Brief, den sie zum wiederholten Male las. Darin wurde sie von einer Bekannten, die sonst niemanden mehr hatte, gebeten, sich um eine gewisse Lady Clarence zu kümmern. Die Bekannte war eine Woche lang Haushälterin bei Lady Clarence gewesen, bevor sie durch einen Unglücksfall gestorben war. Sie hatte sich bei einem Sturz das Genick gebrochen. Allerdings hatte sie einen Tag zuvor den Brief an Lady Sarah abgeschickt.
Lady Clarence brauchte natürlich eine neue Haushälterin. Sarah Goldwyn hatte sich sofort entschlossen. Sie traf bei Lady Clarence ein, als die Tote noch nicht unter der Erde lag. Lady Sarah tat natürlich sehr überrascht, weinte auch, und als Grund für ihr Kommen gab sie an, daß sie nur eine alte Freundin besuchen wollte.
Nun war diese tot.
Wie von selbst war das Gespräch auf die neue Haushälterin gekommen, und Lady Clarence machte Sarah Goldwyn ein Angebot, das die Horror-Oma natürlich begeistert annahm. Allerdings zeigte sie ihre Begeisterung nicht zu deutlich und mußte sich praktisch dazu »überreden« lassen, den Job anzunehmen.
Eine Woche arbeitete sie bei Lady Clarence in Hampstead. Während dieser Tage hatte sie die Frau kennengelernt. Die Lady war ein exzentrisches Biest. Sie hatte Launen und malträtierte ihre beiden Angestellten, den Chauffeur und Mädchen für alles namens Serge, und natürlich auch Sarah Goldwyn.
Ein paarmal war die Horror-Oma so weit gewesen, daß sie ihrer Arbeitgeberin am liebsten die Sachen vor die Füße geworfen hätte, aber sie dachte an ihren Job und auch an das Geheimnis, das Lady Clarence umgab. Es mußte einfach ein Geheimnis geben, denn es war der Horror-Oma verboten, des nachts den Garten zu betreten. Nur tagsüber durfte sie hinein. Da war ihr aufgefallen, daß die Erde manchmal sehr zerwühlt aussah, als hätte jemand gegraben.
Was mochte dort versteckt sein? Sarah Goldwyn war natürlich neugierig.
Sie hatte sich fest vorgenommen, dem Garten in der folgenden Nacht doch einen Besuch abzustatten. Sie konnte sowieso schlecht schlafen.
Immer wieder schreckte sie hoch, blieb still im Bett liegen und lauschte den Geräuschen, die das alte Haus mit den zahlreichen Zimmern von sich gab.
Manchmal hatte sie Stimmen und das Klirren von Gläsern gehört, sich aber nie getraut, nachzuschauen.
Auch in dieser Nacht war sie zweimal erwacht. Zuerst gegen ein Uhr, dann in den Morgenstunden um fünf. Da konnte sie nicht mehr schlafen, setzte sich an den kleinen Sekretär in ihrem Zimmer und las noch einmal den Brief.
Ihre Bekannte hatte ihr in aller Hast geschrieben. Hatte sie ihren Tod schon geahnt?
Die Horror-Oma war bereits angezogen, faltete den Brief zusammen und versteckte ihn unter der Matratze. Wenn er von Lady Clarence gefunden wurde, sah es böse aus. Dann würde sicherlich Serge zuschlagen, der Mann, der Lady Clarence ungemein ergeben war.
Vor ihm fürchtete sich Sarah Goldwyn. Er war ein düsterer Typ und trug nur seine grauen Anzüge, die ihn als Chauffeur auswiesen. Dabei hatte er regelrechte Mörderhände, die einem Menschen Angst einflößen konnten.
In Lady Sarahs Zimmer befand sich auch ein kleiner Kühlschrank. Sie öffnete ihn, holte eine Flasche mit Mineralwasser hervor und füllte ein Glas zur Hälfte. Während sie trank, ging sie zum Fenster und schaute nach draußen.
Der Garten war nicht zu sehen. Er lag hinter dem Haus. Sie konnte nur auf den kleinen Parkplatz und den Privatweg schauen, der das Haus mit der nahen Straße verband.
Soeben tauchten auf der Straße die hellen Augen eines Scheinwerferpaares auf. Lady Sarah rechnete damit, daß der Wagen vorbeifahren würde, sie täuschte sich jedoch, die Lichter schwenkten, dann rollte der dunkelblaue Bentley über den Weg und wurde bis auf den Parkplatz gefahren.
Die Tür schwang auf. Serge verließ den Wagen. Er mußte gesehen haben, daß in Lady Sarahs Zimmer Licht brannte, denn er warf einen kurzen, prüfenden Blick in die Höhe.
Dann verschwand er mit eiligen Schritten im toten Winkel an der Hauswand. Die Horror-Oma hörte, wie eine Tür schlug und Serge von Lady Clarence begrüßt
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