0210 - Drei Leichen im Garten
nadelspitzen Zähne und hörte auch ihr Kreischen.
Etwas Bewegungsfreiheit hatte ich für meinen Arm. Schräg stach ich zu, wobei ich das Tier keinen Augenblick aus dem Blick gelassen hatte. Und die Klinge traf.
Es gelang mir, die Ratte regelrecht aufzuspießen. Der Dolch bohrte sich von der Seite her durch ihren Körper, und zwar so wuchtig, daß die Spitze an der gegenüberliegenden Körperseite wieder hervortrat und dickes, rötliches Blut zu Boden tropfte.
Das Kreischen verstummte. Die Ratte zappelte noch, dann schleuderte ich sie mit einem Ruck von der Klinge weg. Dabei klatschte sie gegen die Wand und blieb vor mir in der engen Röhre als Kadaver liegen.
Es ärgerte mich, daß mich dieses verfluchte Biest aufgehalten hatte, so war es dem Skelett sicherlich gelungen, seinen Vorsprung weiter auszubauen.
Hören konnte ich es nicht mehr.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich weiter durch die enge Röhre zu wühlen.
Die Ratte passierte ich so, daß ich sie nicht zu berühren brauchte. Ihr Blut hatte sich mit dem in der Röhre stehenden Wasser vermischt. Meine Kleidung war sowieso hin. Da würden die Spesenknaben vom Yard wieder dumm gucken, das allerdings störte mich nicht. Wenn sie meckerten, sollten sie sich mal in den Dreck legen und gegen Dämonen kämpfen.
Mittlerweile bekam ich Platzangst. Ich glaube, das geht jedem Menschen so, der in einer engen, dunklen Röhre sich unter der Erde vorbewegt.
Daran, was alles dabei schieflaufen konnte, wagte ich überhaupt nicht zu denken. Da konnte aus welchen Gründen auch immer die Erde einbrechen, und ich steckte hier fest, um elendig zu ersticken.
Nein, diese Gedanken verscheuchte ich, dafür wand ich mich weiter vor.
Mein Rücken schmerzte, die Glieder ebenfalls, und jeder Yard wurde fast zu einer Qual. Manchmal gab ich auch nicht acht, kam mit dem Kopf zu hoch und stieß an die Oberseite der Röhre.
Plötzlich streifte etwas mein Gesicht.
Eine Ratte war es nicht, die hätte ich im Licht der Lampe längst gesehen.
Spinnweben auch nicht, blieb nur noch eine Möglichkeit.
Luft!
Jawohl, mein nasses Gesicht war von einem kühlen Luftzug gestreift worden, was nichts anderes bedeutete, daß ich fast das Ende der Röhre erreicht hatte.
Dieses Wissen beflügelte mich. Ich beeilte mich und atmete auch tiefer ein. Je weiter ich vorkroch, desto kühler wurde es, und die frischere Luft fächerte in mein Gesicht.
Daß das Wasser in der Röhre gestiegen war, störte mich nicht, auch nicht der Abfall, der sich dicht vor dem Röhrenende am Ausgang türmte.
Das war Holz und Altmetall sowie Schutt. Allerdings gut verteilt, so daß für mich genügend Platz blieb, um aus der Röhre zu klettern.
Ich bewegte mich noch ein wenig vor und zeichnete dann mit dem Lampenstrahl einen Kreis, der die Röhrenöffnung genau nachbildete.
Da traf mich der Schock!
Ich war nicht allein, denn von außen und an der oberen Rundung der Röhre erschienen zwei gewaltige Hände.
Sie waren blutverschmiert…
***
Das Licht der Schreibtischlampe fiel auf ein helles Blatt Papier, das mit krakeliger Schrift vollgeschrieben war. Ein Brief, der es in sich hatte und der die Frau, die ihn hielt, in eine regelrechte Alarmbereitschaft versetzt hatte.
Die Frau war Sarah Goldwyn, auch Horror-Oma genannt.
Man hätte über sie viel schreiben können, über ihre außergewöhnliche Person, ihr Hobby und ihren Kettentick, denn alles an ihr paßte nicht in den normalen Rahmen.
Mit knapp 70 lebte sie ein Leben wie andere mit 40. Sie hatte drei Männer überlebt, interessierte sich für alles mögliche und hatte eine besondere Schwäche für Gruselgeschichten. Was es an Büchern auf dem Markt gab, besaß sie. Jeder Film, der gespielt wurde und sich nur annähernd mit dem Thema Horror oder Krimi beschäftigte, wurde ein Muß für die Horror-Oma. Wenn ihr einer besonders gut gefiel, kaufte sie ihn sich für ihre Video-oder Super-Acht-Filmanlage, denn den Speicher ihres Hauses hatte sie zu einem regelrechten Atelier ausbauen lassen.
Sie war wirklich außergewöhnlich, wobei es bei ihr oft nicht in der reinen Theorie steckenblieb, nein, sie wandelte auch selbst gern auf kriminalistischen Pfaden und vor allen Dingen hatte sie einen regelrechten Riecher für Krimifälle entwickelt. Daß sie dabei hin und wieder Bekanntschaft mit Dämonen gemacht hatte, paßte ihr sogar in den Kram. An die großen Gefahren dachte sie dabei nicht, und bei manchem Fall hatte sie wirklich das Glück des Tüchtigen gehabt,
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