0210 - Drei Leichen im Garten
denn den Ghoul sah ich nicht.
Dafür hörte ich ihn.
Sein Schmatzen und Keuchen waren bekannte Geräusche. Und dann sah ich etwas Schauriges. Wo die Röhre nicht mehr senkrecht weiterstieß, sondern ein unterirdischer Tunnel begann, wurde etwas hervorgeschleudert.
Knochen.
Ich verzog den Mund. Der Ghoul war dabei, ein schauriges Mahl zu verzehren. Zum Glück waren es keine Menschenknochen, ich glaubte an ein Tier, aber es war schlimm genug.
Jetzt machte ich mir Vorwürfe, den Ghoul nicht erschossen zu haben.
Hätte ich jedoch anders gehandelt, wäre ich nie auf dieses Haus gekommen. Wer wohnte denn hier?
»Guten Morgen!« hörte ich hinter mir plötzlich eine leise Stimme.
Wie von der Tarantel gestochen, fuhr ich herum.
Vor mir stand eine blondhaarige Frau und lächelte!
***
Während seiner Zeit in London hatte Suko auch zahlreiche Flüche gelernt. Dieses Repertoire war für ihn praktisch eine Entladung, denn zu Fuß nach Hampstead zu laufen, machte wirklich keinen Spaß. Und so fluchte der Chinese das Graue vom Himmel herunter.
Es nutzte nichts. Niemand war scharf darauf, ihn mitzunehmen. Vier Wagen waren vorbeigerast, als der Chinese winkte, und Suko wünschte den Fahrern die Pest an den Hals.
Dabei hatte er es sehr eilig. Im Staßengraben lag ein Toter. Schrecklich zugerichtet, erschlagen, blutüberströmt, und in der Gegend lief der Mörder frei herum. Er bildete eine Gefahr auch für andere Menschen, deshalb mußte so rasch wie möglich die Polizei herbei.
Suko hatte natürlich einen Verdacht. Er traute dem Fahrer des Bentley nicht. Aber das wäre zu einfach gewesen. Jeder Idiot hätte ihn sofort in Verdacht gehabt.
Nein, die Sache war bestimmt anders gelaufen, davon war der Chinese fest überzeugt.
Suko fiel in einen Trab. Es gibt Indianer, die so laufen. Die versuchte der Chinese zu kopieren. Der Morgenwind war kalt. Vor Sukos Lippen dampfte der Atem, und manchmal hatte er das Gefühl, seinem Ziel überhaupt nicht näher zu kommen.
Wieder fuhr ein Wagen heran. Suko drehte sich um. Es war ein Lkw.
Hoch mit hellen Gemüsekisten beladen. Sie standen noch über dem Führerhaus. Der Chinese blieb stehen, winkte, und was er nicht für möglich gehalten hatte, trat ein.
Der Fahrer stoppte.
Eine Tür schwang auf. »Hast du dich verlaufen, Partner?« rief der gutmütige Fahrer und grinste breit.
»So ungefähr.« Suko stieg schon ein.
»Wo willst du denn hin?«
»Hampstead.«
»Ist ja nicht weit.«
Suko schlug die Tür zu, da gab der Mann bereits Gas. »Hast wohl auf dem Feld übernachtet«, bemerkte er mit einem Blick auf die Kleidung des Chinesen.
»Nein, das nicht gerade. Aber der Zug kam nicht mehr weiter.«
»Den habe ich stehen sehen. Die Strecke macht vor Hampstead einen Bogen. Da ist bestimmt wieder alles unterspült. Das kommt öfter mal vor. Die Leute haben sich daran gewöhnt. Manchmal sind sogar die Straßen unpassierbar. Wo soll ich dich denn absetzen?«
»An der größten Polizeistation.«
Der Fahrer pfiff durch die Zähne. »Das darf doch nicht wahr sein. Du willst zu den Bullen?«
»Ich gehöre selbst dazu.«
Vor Überraschung hätte der Mann fast das Lenkrad verrissen. »Nicht möglich«, stöhnte er. »Du…ähm…Sie sind ein Bul…ein Polizist?«
»Ja, aber trotzdem können wir beim Du bleiben.«
»Meinetwegen.« Der Fahrer war trotzdem ziemlich schweigsam.
Manchmal verzog er die Lippen zu einem Grinsen. Ein Polizist, der per Anhalter fuhr, war ihm wohl noch nicht vorgekommen. Sie erreichten die ersten Randbezirke von Hampstead. Es war eine saubere Stadt. Ein großer Park bildete praktisch das Zentrum.
Die Häuser machten einen guten Eindruck, der Verkehr hielt sich noch in Grenzen, und vor einer Kreuzung stoppte der Fahrer.
»Du brauchst nur auf das alte Haus da gegenüber zuzugehen. Da befindet sich die Polizeistation.«
»Danke, Partner.«
»Gern geschehen.«
Suko stieg aus, überquerte die Straße und sah, wie aus einer anderen Straße ein dunkler Bentley kam. Er bog nach rechts ein, wo der Weg in Richtung London führte.
Das war der Wagen!
Suko stand für einen Moment starr. Jetzt hätte er sich seine Harley gewünscht, die stand in der Tiefgarage. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Bentley fahren zu lassen.
Pech…
Suko las an einem Straßenschild das Wort High Street. Er befand sich im Zentrum.
Eine Tasse Kaffee oder Tee hätte Suko jetzt vertragen können, doch der Tote lag ihm schwer im Magen.
Das Haus, in dem die Polizeistation
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