0212 - Herr der roten Hölle
verschwand.
Als der Arzt sich aufrichtete, war der Zylinder leer. »Er muß sofort in ein Krankenhaus!« ordnete Dr. Morris an und griff zum Telefon. »Ich lasse zwei Männer mit einer Trage hochkommen.«
Es war wirklich das beste. Wie Statisten standen oder saßen wir herum. Was jetzt geschah, das konnte der Arzt besser verantworten. Die Männer waren schnell zur Stelle. Sie hievten Sir James auf die Trage und schafften ihn hinaus.
Ich stand nahe der Tür und warf einen letzten Blick auf sein gezeichnetes Gesicht. Nie hätte ich gedacht, daß es auch ihn mal so treffen könnte. Er war zwar schon in Fälle mit hineingezerrt worden, ich brauchte da nur an die Vernichtung des Schwarzen Tods am Südpol zu denken, doch so hart und direkt hatte es ihn noch nie getroffen. Dabei war es fraglich, ob er sich jemals wieder erholte.
»Einen zweiten Schlag hätte er sicherlich nicht überstanden«, sagte Suko leise.
Ich gab ihm recht.
»Und was machen wir?«
Das war eine sehr gute Frage. Eine Antwort wußte ich darauf leider auch nicht. Wir hatten einen Blick in das Geistergrab werfen können und den Herrn der roten Hölle gesehen, aber wie sollten wir in sein Reich gelangen.
Noch einmal zurück? Nein, das war nicht drin.
»Die einzigen, die uns vielleicht weiterhelfen könnten, sind Myxin und Kara«, meinte Suko.
Damit traf er auch meine Ansicht. Nur - wo fanden wir die beiden? Sie hatten es bisher immer gut verstanden, sich von uns, dem eigentlichen Team, zu lösen, und sie tauchten dort auf, wo es ihnen gefiel und nicht uns.
Glenda brachte frischen Kaffee und auch Tee. »Der wird uns jetzt allen guttun«, meinte sie und erntete bei uns beifälliges Kopfnicken. Wir sprachen wieder über die Peitsche.
»Der Dämon muß sie umgepolt haben«, sagte Suko. »Ich sehe sonst keine andere Möglichkeit.«
Glenda war nicht in ihr Büro gegangen. Sie hatte auf dem Besucherstuhl Platz genommen und meinte plötzlich: »Vielleicht war es auch nicht die echte Peitsche.«
Ich hatte auf ihre Knie geschaut, die sich unter dem Stoff des Rocks abzeichneten. Nach den Worten schreckte ich hoch. »Was hast du gesagt, Glenda?«
»Ich sprach von einem Duplikat der Peitsche.«
Suko und ich schauten uns an. Glenda hatte in der Tat eine ungewöhnliche Hypothese aufgestellt. Aber konnte man sie wirklich als so absurd abtun?
»Das ist gar nicht so falsch gedacht«, sagte Suko, wobei ich nicht wußte, ob er das wirklich ernst meinte oder nur von einem Wunschtraum ausging, denn er hatte sehr an der Dämonenpeitsche gehangen, die ich ihm praktisch überlassen hatte.
»Wir wissen es nicht«, sagte ich und holte den Telefonapparat zu mir rüber.
»Wen willst du anrufen?« fragte Suko.
»Paris.«
»Meinst du, daß sich Myxin und Kara dort aufhalten?«
»Nein, das nicht. Aber Tanith, die Wahrsagerin.«
Damit hatte ich ein Stichwort gegeben. Tanith war eine außergewöhnliche Frau. Wir hatten sie kennengelernt, als sich ihr Schicksal mit dem meinen verknüpfte. Sie besaß eine geheimnisvolle Kugel, deren Ursprung ungeklärt war. Sie stand aber irgendwie mit dem Kelch des Feuers in Verbindung, denn der Kelch und die Kugel paßten haargenau zusammen.
Wie die einzelnen Verbindungsteile nun miteinander verknüpft waren, das wußte ich auch nicht. Diese magischen Dinge waren ebenso rätselhaft wie mein Kreuz.
Die Nummer hatte ich mir aufgeschrieben. Man konnte von London aus Paris direkt anwählen. Jetzt hoffte ich nur, daß sich die Wahrsagerin und Hellseherin zu Hause befand.
Ein paarmal läutete es durch. Vielleicht befand sie sich auch in einer Sitzung oder hatte den Anrufbeantworter eingeschaltet, doch auch seine »Stimme« war nicht zu hören.
Endlich wurde abgehoben.
»Ja?«
Ich lächelte, denn ich hatte Tanith an der Stimme erkannt. »Sinclair hier.«
»Gütiger Himmel, Sie?«
»Ja.«
»Das hat aber lange gedauert«, bekam ich zu hören.
»Was?«
»Daß Sie Ihr Versprechen wahrmachen und sich bei mir zu melden, John.«
»Stimmt, ich bekenne mich schuldig, aber Sie können sich vorstellen, was ich alles zu tun habe.«
»Natürlich. Inzwischen weiß ich Bescheid. Ich habe übrigens noch nicht genau herausgefunden, welche Übereinstimmung es genau zwischen dem Kelch und meiner Kugel gibt.«
»Das ist momentan auch nicht wichtig. Ich rufe aus einem anderen Grund an.«
»Und?«
»Tanith, wissen Sie vielleicht, wo ich Myxin und Kara finden kann? Es ist sehr wichtig. Haben sich die beiden bei Ihnen mal wieder gemeldet? So war es
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