0212 - Satans siebter Finger
Kleidung, die der Cyborg trug. Wenn er den Stab am Gürtel befestigt hätte, wäre er wahrscheinlich zur Unsichtbarkeit verschmolzen. Aber er trug ihn in der Hand.
Eine Waffe, dachte Zamorra. Und warum sollten Cyborgs immer nur mit Blastern herumlaufen? Die satanische Technik der Meeghs hatte mit Sicherheit noch eine Menge anderer Mordwerkzeuge hervorgebracht.
Zamorras Gedanken jagten sich. Seine Augen ließen keine Sekunde von dem Kristallträger ab, der sich rasch von ihm entfernte und dabei ganz offensichtlich die Absicht hatte, zur Yacht zu gelangen, die verlassen und unerreichbar hinter dem tödlichen Sperrfeld lag.
Unerreichbar… Zamorra ließ das Wort lautlos auf seiner Zunge zergehen, weil er daran plötzlich nicht mehr glauben wollte!
Wenn ein Cyborg sich der MOONSHINE näherte, dann gab es dafür nur eine vernünftige Erklärung: er wollte an Bord!
Durch den Schutzschirm!
Über das Wie hatte sich Zamorra schon längst seine Gedanken gemacht, doch war er zu keiner Lösung gekommen. Deshalb beschloß er, dem Kristallträger kräftig auf die Finger zu sehen, um herauszufinden, wie der sich ein Passieren des Feldes ermöglichte.
Der einzige Haken bei der Sache war, daß Zamorra ihm dabei unbemerkt folgen mußte. Aus der jetzigen Entfernung hatte er keine Chance, Einzelheiten zu erkennen.
Dem spontanen Entschluß folgte die ebenso spontane Ausführung.
Alles oder nichts, dachte der Parapsychologe.
Dann spurtete er los.
Der Cyborg hatte die Yacht noch nicht erreicht. Doch in diesem Augenblick blieb er unvermittelt stehen und drehte sich zu Zamorra um…
***
»Wahnsinn«, flüsterte Nicole - und merkte nicht, daß sie laut dachte.
Die Nacht war zum Tag geworden, hatte sich blitzschnell wie ein dunkler Vorhang von ihnen gelöst, ohne Warnung.
Und jetzt wünschte Nicole, das wäre nie geschehen!
Ihre Umgebung war ein Alptraum!
Welche morbide Fantasie hat diesen Raum wohl geschaffen, dachte sie voller Grausen.
Und jetzt erst erkannte sie ihren schrecklichen Irrtum. Sie lehnte nicht mit dem Rücken an einer Felswand, vor der sie hockte…
Die Wahrheit barg eine andere Überraschung für sie!
Und für Martine.
Und für fünf weitere junge Frauen, die plötzlich wie auf eine geheime Vereinbarung aus ihrem gewaltsamen Schlaf erwachten…
Ein siebenfacher Schrei schnitt in die Stille.
Mit einem Blick erkannten alle, daß sie diesen Ort nicht mehr lebend verlassen würden!
Ein siebenfach unterteilter Felsquader war es, auf dem sie, exakt aneinandergereiht, saßen. Schräge Mulden waren in den Stein eingearbeitet, so daß jedes der Mädchen fast wie auf einem Liegestuhl darauf Platz fand.
Die Funktion des Steines war unschwer zu ahnen.
Die Ähnlichkeit mit einem Altar war frappiérend, und die Cyborgs, die im Halbkreis mit erhobenèn Waffen Stellung bezogen hatten, verrieten genug über die wahren Absichten.
Nicole biß sich auf die Unterlippe.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Dolchstoß.
Sie sollten geopfert werden!
***
Fallenlassen!
Der Befehl seines Instinkts zündete wie ein Funke in seinem Gehirn, und schon stürzte er zu Boden. Noch in der Andeutung hatte er die Absicht des vorauslaufenden Cyborgs im letzten Moment vorausgesehen - und reagiert.
Hart war der Aufprall, aber er hatte Glück im Unglück, weil der Boden unmittelbar hinter dieser Stelle eine kleine Verwerfung hatte, die ihm jetzt Schutz bot und ihn vor den unbestechlichen Augen der Menschmaschine verbarg.
Zamorra robbte auf dem steinigen Untergrund ungefähr zwei Meter nach rechts. Dann erst wagte er es, den Kopf etwas anzuheben, um über den Rand der Bodenerhebung zu spähen.
Der Cyborg war verschwunden!
Zamorra atmete tief durch. Wohin mochte der Unheimliche gegangen sein? Lauerte er irgendwo auf Zamorra?
Zamorra machte sich auf alles gefaßt. Vielleicht schlich der Cyborg seitwärts zwischen den Felsen herum, um in Zamorras Rücken zu gelangen. Vielleicht war er aber auch an Bord der MOONSHINE gegangen.
Zamorra starrte den düsteren Sperrschirm an. Flackerte da nicht etwas nach…?
Wenn der Cyborg hindurch gegangen war, mußte er zwangsläufig auch wieder zurückkehren. Zamorra beschloß, zu warten. Gleichzeitig sicherte er nach allen Seiten, weil er nicht überrascht werden wollte.
Vielleicht lauerte eine Falle auf ihn!
Er brauchte eine Stelle, von der aus er drei verschiedene Fluchtmöglichkeiten besaß. Aber hier in den Felsen der Grotte war daran nur schwer zu denken. Er konnte froh sein, wenn er überhaupt
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