0212 - Satans siebter Finger
hatte einmal einen Grundkurs belegt, nachdem er vor einiger Zeit seine umfangreiche Bibliothek und das Archiv auf elektronische Datenverarbeitung umgerüstet hatte. Er konnte sich also durchaus vorstellen, daß mit einem Falschprogramm sämtliche Sicherungen auszuschalten waren - vor allem, wenn die Apparatur, von der dieses Programm überspielt wurde, ebenfalls ein Computer war. Und zwar ein höherentwickeltes Gerät.
Dieser schwarze Stab sah verteufelt nach meegh’scher Technik aus. Was, wenn dieses Teufelsding ein solcher höherer Computer war…?
Wenn das Falschprogramm bereits lief?
Zamorra holte tief Luft. Er versuchte die Anzeigen der verschiedenen Kontrollinstrumente abzulesen, aber sie sagten ihm nichts. Er konnte ein einmotoriges Flugzeug lenken, er konnte sich auf einem Pferd im Sattel halten. Aber was diesen Maschinenraum anging, tappte er im Dunkeln.
Wieder ertönte der hallende Schlag. Im gleichen Moment sah Zamorra, wie einer der zwirnähnlichen schwarzen Fäden blitzschnell in dem Stab verschwand. Nur noch sieben dieser Fäden führten hinter die Verkleidung des Schaltaggregates.
Da begriff Zamorra, was das bedeutete. Der Stab war eine Art Zeitzünder, der das ganze Schiff zur Bombe machte. Vielleicht barg er selbst noch zusätzlichen Zündstoff in sich. In dem Augenblick, in dem der letzte Faden verschwand, würde das Schiff in die Luft fliegen.
Zamorras Hand blieb dicht über dem Stab in der Schwebe. Er riß ihn nicht mehr los, wie er es erst vorgehabt hatte. Im gleichen Moment würde die Yacht explodieren. Zumindest die Tanks und die großen Motoren gingen hoch, und das reichte allemal, die MOONSHINE zu zerstören.
»Weshalb?« fragte er sich. »Warum diese heimtückische Bombe?«
Er kannte die Antwort auf den zweiten Teil seiner Frage. Heimtücke war ein grundlegender Charakterzug der Meeghs und ihrer Sklaven, und durch den Zeitzünder hatte der Cyborg Gelegenheit genug gehabt, sich in Sicherheit zu bringen.
Ein anderer Gedanke schoß Zamorra durch den Kopf. Hatte man den schwarzen Schirm vielleicht nur deshalb um die MOONSHINE gelegt, um die Höhle in der Felseninsel vor den freiwerdenden zerstörerischen Energien der explodierenden Yacht zu schützen?
Aber weshalb die Explosion? Wurde die Yacht nicht mehr benötigt? Man hätte es einfacher haben können. Leckschlagen und auslaufen lassen oder sie dem Riesenkraken als Spielzeug zu schenken, hätte gereicht.
Vielleicht hatte man es auf das Amulett abgesehen…
BROOOOONNNGGG! hallte es wieder auf.
Nur noch sechs Schnüre.
Zamorra entschied, daß er sich nicht die Zeit nehmen würde, nach einer Möglichkeit zu suchen, mit der die Bombe MOONSHINE entschärft werden konnte. Er brauchte die Yacht ja nur zu verlassen. Es würde später mit Sicherheit eine Möglichkeit geben, von der Insel wieder wegzukommen. Irgend welche Fischerboote kreuzten immer zwischen den Küsteninseln.
Rasch eilte er über den schmalen Korridor zurück und hastete zum Oberdeck hinauf. Der Abend kam; in der Höhle kam er ein wenig früher. Es war fast dunkel geworden.
Zamorra suchte die ausklappbare Gangway und setzte sie in Tätigkeit. So brauchte er, um die MOONSHINE wieder zu verlassen, nicht ins Wasser zu springen und seine Kleidung durchzufeuchten. Trockenen Fußes erreichte er die steinerne, hohe Uferkante.
Er zog den Schlüssel aus der Tasche, hielt ihn wieder gegen den schwarzen Schirm und sah, Wie sich erwartungsgemäß die Lücke öffnete.
Er warf sich hindurch - und wurde zurückgeschleudert.
***
Fassungslos starrte Nicole die beiden Wesen an, die den Raum betraten und nahe der Tür stehenblieben.
Sie hatte Meeghs erwartet, jene unheimlichen Wesen, die aufrecht gehenden Schatten glichen. Aber was da eintrat, waren keine Schatten.
Oder zeigte sich in zumindest einem von ihnen endlich einmal ein Meegh in anderer Gestalt - vielleicht in seiner richtigen?
Nein… sie glaubte nicht daran. Es gab keinen Grund dafür. Diese Gestalt in der Druidenkutte war kein Meegh.
Aber was dann?
Vergeblich versuchte sie im Schatten der Kapuze ein Gesicht zu erkennen. Sie sah nur etwas Dunkles, Unförmiges, das sich nicht identifizieren ließ.
Das zweite Wesen war eine Frau. Jung, schön, mit langem, hellen Haar. Ein helles Gewand umfloß ihren schlanken Körper. Jettschwarze Augen schienen sich tief in Nicole hinein zu bohren.
Die Cyborgs wichen zur Seite. Die Frau blieb nahe der Tür stehen, während das Wesen in der Druidenkutte langsam näher glitt.
Schwebte
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