0213 - Amazonen-Rache
eingebildet haben.«
»Alle beide? Das kann doch nicht sein.«
»Es ist jedenfalls niemand hier. Ich habe mich in allen Wohnungen umgesehen. Wenn du willst, kannst du auch noch mal nachsehen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das hätte wohl keinen Zweck. Und im zweiten Stock?«
Er winkte ab. »Es ist alles okay.«
Sally war bereit, das zu akzeptieren. Verlegen brachte sie den Fleischklopfer zum Vorschein. Lee Gutter fragte grinsend, was sie damit wolle.
»Ich wußte in der Eile nicht, womit ich mich bewaffnen sollte«, antwortete sie. »Ich dachte, du brauchst Hilfe.«
Er lachte. »Ich weiß mir schon selbst zu helfen.«
»Kommst du? Das Essen ist gleich fertig.«
»Ich muß noch Weggehen.«
Sally schaute ihn verwundert an. »Jetzt?«
»Warum nicht?«
»Ich dachte, du wärst hungrig. Vorhin wärst du am liebsten in den Kochtopf geklettert, und nun…«
»Ich habe noch etwas zu erledigen.«
»So? Was denn?«
Er schwieg.
»Willst du es mir nicht sagen?«
»Nein«, sagte er eisig.
Sie musterte ihn irritiert. Sehen konnte sie es nicht, aber fühlen. Lee hatte sich verändert. »Irgend etwas stimmt mit dir nicht, Lee.«
Er lachte. »Du spinnst.«
»Du kommst jetzt essen. Nachher kannst du Weggehen.«
»Ich gehe jetzt«, erwiderte er kategorisch.
»Hör mal, ich stelle mich nicht stundenlang hin, um etwas zu kochen, damit du mich mit dem Essen dann einfach sitzen läßt!« begehrte Sally Gutter ärgerlich auf.
Er kam die Stufen herunter. Ein kalter Ausdruck war in seinem Blick. So hatte er sie noch nie angesehen. Unwillkürlich wich sie vor ihm zurück. Etwas Feindseliges war in seiner Haltung, aber das bemerkte wahrscheinlich nur sie, weil sie seit zehn Jahren Tag für Tag mit ihm zusammen war. Niemand kannte ihn besser als sie. Jede Bewegung, jedes Augenzwinkern war ihr vertraut. Dieser Mann sah zwar aus wie Lee Gutter, aber er konnte es nicht sein.
Wer aber sollte es sonst sein?
Er ging an ihr vorbei. Sie hinderte ihn nicht daran. Er erreichte das Erdgeschoß und verließ das Haus. Sally Gutter stand noch immer auf dem ersten Treppenabsatz und verstand die Welt nicht mehr. Wie hätte sie auch ahnen sollen, daß ihr Mann nicht mehr existierte, daß der Mann, der soeben das Haus verlassen hatte, ein gefährlicher Dämon war?
***
Sie saßen in einer bequemen Loge auf roten Samtstühlen und gaben sich ganz dem hervorragenden Klanggenuß hin. Professor Zamorra trug einen schwarzen Smoking mit Fliege und weißem Hemd, und es war ein Wunder geschehen: Balder Odinsson hatte Jeans und Rollkragenpullover ebenfalls mit einem Smoking vertauscht, aber man sah ihm an, daß er sich in dieser Kleidung überhaupt nicht wohl fühlte.
Nicole Duval trug ein schwarzes, spitzenbesetztes Kleid, schulterfrei, und eine rotblonde Perücke, deren Lockenpracht bei jeder Bewegung leicht federierte. Sie war schon fertig gewesen, als Zamorra und Odinsson das Hotel erreichten, in dem sie für die Dauer ihres Chicagoaufenthalts abgestiegen waren, und sie hatte auch Zamorras Smoking bereitgelegt.
Während er rasch duschte und sich umzog, erzählte er ihr, wie er Randall Clough zur Strecke gebracht hatte, und sie nahm begeistert zur Kenntnis, daß sie schon morgen nach Frankreich zurückkehren würden.
Zuvor aber noch ein Abend voll rauschender Symphonien…
Doch ein Mann wie Professor Zamorra hat niemals ein friedliches, unbeschwertes Leben. Ohne daß es seine Freunde merkten, ging plötzlich ein Ruck durch seinen Körper. Die Musik trat zurück. Etwas versuchte sie auszuklammern. Zamorras Interesse wurde für etwas anderes geweckt.
Telepathische Ströme trafen den Parapsychologen, nahmen seinen Geist gefangen. Das Amulett verriet ihm, daß er von einer feindlichen Seite kontaktiert wurde.
»Zamorra!« formulierte der andere Geist.
Das rüttelte den Meister des Übersinnlichen auf. Er spürte den Haß und die Aggression des anderen.
»Zamorra!«
»Wer bist du?« gab der Professor zurück.
»Mein Name ist Re Arm-nyo.«
»Ich kenne dich nicht.«
»Das ist richtig. Wir hatten noch nie miteinander zu tun, aber das wird sich ändern.«
»Was willst du von mir?«
»Deinen Kopf, nicht mehr und nicht weniger!«
Zamorra schluckte trocken. »Und warum, wenn ich fragen darf?«
»Ich habe triftige Gründe, dich zu töten.«
»Nenne sie mir.«
»Nein.«
»Dann scher dich zum Teufel!«
»Das werde ich, aber nicht ohne dich!« entgegnete der Dämon. »Bereite dich auf dein Ende vor, Zamorra. Es ist nahe. Vielleicht stirbst
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