0214 - Die Leichenkutsche von London
wollten Sie eigentlich von der Kutsche?«
Der Typ, der auch vorhin gesprochen hatte, schaute mich an. Sein Gesicht war glatt. Auf der Oberlippe wuchs ein schmaler Bart, während die Mundwinkel zuckten.
»Antworten Sie!«
»Mal nachschauen.«
»Terror machen, wie?« fragte Bill.
»Nein.«
Es war klar, daß sie dies nicht öffentlich zugeben würden. Mich interessierte es auch nicht, der Xorron war jetzt wichtiger.
Die nächsten Minuten verrannen. Portland blieb im Wagen. An seinen Bewegungen war zu erkennen, daß er einen Schluck trank. Ich gönnte ihm den Alkohol aus der Taschenflasche. Er hatte verdammt viel hinter sich.
Dann sahen wir in der Ferne das Blinken der Lampen. Ein Zeichen, daß die Mordkommission anrollte. Es vergingen nur ein paar Sekunden, als zwei Wagen am Straßenrand stoppten, wo die Polizisten jetzt einen Absperring errichtet hatten.
Den Leiter der Mordkommission kannte ich persönlich nicht. Nur der Name Mclntire war mir geläufig.
»Ach, Sie sind Sinclair«, sagte er zur Begrüßung und tippte lässig an seine Hutkrempe. »Was gibt es denn?«
Ich erklärte es ihm in wenigen Worten. »Kutsche sagten Sie, nicht?«
»Ja.«
»Seltsam.« Er gab durch ein paar Handbewegungen zu erkennen, wohin sich seine Leute bewegen sollten. »Ich habe da über Funk von einem Vorfall gehört, wo ebenfalls eine Kutsche gesehen worden ist.«
»Und wo?«
»Auf dem Parkplatz eines Clubs. Eine völlig hysterische Zeugin hat uns angerufen. Sie hat völlig durcheinander geredet.«
»Haben Sie mit ihr gesprochen?«
»Ich habe den Fall weitergeleitet. War nicht mein Bezirk. Aber wo Sie sogar die Kutsche gesehen haben, erhält die Aussage der Zeugin ein völlig anderes Gewicht.«
»Kennen Sie den Namen?«
»Nein, der wird schnell zu erfahren sein.« Er schickte seinen Assistenten los.
»Das könnte eine Spur sein«, meinte Bill.
Der Ansicht war ich auch.
Nun, wir bekamen den Namen und die Adresse. Lana Leroy hieß das Mädchen oder die Frau. Wie wir erfuhren, befand sich die Zeugin nicht mehr unter Polizeigewahrsam, sondern wieder in ihrer Wohnung.
Ich schielte auf den Taxifahrer. Ob er uns noch fahren konnte? Mal sehen, ansonsten mußten wir uns etwas anderes einfallen lassen.
Xorron war gesehen worden.
Was hatte er vor? Diese Frage quälte nicht nur mich, sondern uns alle…
***
Wir hatten den Fahrer überreden können, in seinen Wagen zu steigen.
Er brachte uns in den Ortsteil Bayswater, denn dort wohnte die Zeugin.
Von ihrer Wohnung aus mußte sie den Hayde Park sehen können, denn sie lebte in einem Neubau dicht am Gloucester Square, wo sich bereits einige Grünanlagen befanden.
Neben einer Reihe Ulmen hielt der Driver. »Das war eine wahre Höllenreise«, murmelte er, als ich zahlte. Und noch ein kräftiges Trinkgeld drauflegte, quasi als Entschädigung.
»Sie haben recht. Jeden Tag möchte ich das auch nicht machen.«
Er schaute mich an und grinste. »Trotzdem, nichts für ungut. Wenn Sie mal wieder…« Dann winkte er ab. »Nein, lieber nicht. Sie scheinen das Unheil anzuziehen.«
Damit hatte er nicht so unrecht.
Hinter den Bäumen fanden wir einen plattierten Weg, der zu den beiden Häusern führte. Man hatte davor Parkplätze angelegt und als äußere Grenze Büsche gepflanzt. Die Stelltaschen waren durch die Bank belegt.
Nur noch hinter wenigen Fenstern brannte Licht. An dem an der Wand angebrachten Namensregister informierten wir uns.
Lana Leroy wohnte in der vorletzten Etage. Es war die siebte. Einen Portier gab es in diesem Haue nicht. Im Flur brannte allerdings Licht.
Ich schellte und hörte wenig später schon die leicht keuchend klingende Stimme. »Wer ist da?«
»Polizei«, gab ich Auskunft. »Mein Name ist John Sinclair. Ich komme von Scotland Yard. Können meine Kollegen und ich…«
»Was wollen Sie denn noch? Ich habe alles gesagt.«
»Trotzdem, Miß Leroy, Sie sind eine wichtige Person. Bitte, öffnen Sie!«
»Gut.«
Ein Summton klang auf. Ich drückte die Tür nach innen und steuerte sofort die Fahrstühle an. Unsere Schritte hallten auf dem nackten Steinboden. Eine Wand war mit einer grünen Pflanze bemalt, die wohl eine Palme darstellen sollte.
Der Lift brachte uns hoch.
Ich schaute Bill Conolly an. Der Reporter grinste. Er hätte schon längst zu Hause sein wollen, aber wenn er einmal Blut geleckt hatte, wie in diesem Fall, da war er einfach nicht abzuschütteln und wollte mit. Sheila hatte er keine genaue Zeit genannt.
Suko war sehr schweigsam. Sicherlich
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