0214 - Die Leichenkutsche von London
goldene Brücke. »Bestimmt nicht persönlich, aber den Namen werden Sie sicherlich gehört haben.«
Sie lehnte sich zurück, raffte die beiden Revers ihres Hausmantels zusammen und starrte auf ein modernes Bild, das hinter uns fast die gesamte Fläche der Wand einnahm. »Tut mir leid, auch gehört habe ich von ihm noch nichts.«
»Warum lügen Sie denn?« fragte Bill leise.
»Beweisen Sie mir das Gegenteil!«
»Haben Sie vor Costello so eine große Angst?« erkundigte ich mich.
Sie hob die Schultern.
Irgendwie konnte ich sie sogar verstehen. Logan Costello war in London eine Institution. So sehr sich die Polizei auch bemühte, bisher war an ihn nicht heranzukommen gewesen. Im Gegenteil, es war ihm sogar gelungen, sein Imperium weiter auszudehnen, denn er hatte sich mit den Mächten der Finsternis verbündet. Sein Partner dabei war Solo Morasso, mich Dr. Tod genannt. Dieser Mensch-Dämon brauchte einen Statthalter, der dort saß, wo sich auch seine größten Feinde befanden.
Eben hier in London. Und Costello tat immer genau das, was ihm Morasso befahl. Er konnte nur gewinnen, seine Macht wurde größer und auch schwerer zu kontrollieren. Ich ging davon aus, daß er sich in letzter Zeit zu sehr auf andere Geschäfte konzentriert hatte und dabei seine eigentlichen schmutzigen Erwerbsquellen ein wenig aus den Augen ließ.
So etwas wurde schnell registriert, denn die Unterwelt reagierte in diesen Dingen sehr sensibel. Andere Gangster mußten gespürt haben, daß Costello die Zügel schleifen ließ, und sie krochen langsam der Spitze entgegen. Aber Costello war kein Dummkopf. Sicherlich war ihm zu Ohren gekommen, wie man ihn hintergehen wollte, und er hatte zurückgeschlagen. Und zwar mit Hilfe seiner dämonischen Freunde.
Das war natürlich alles Theorie, aber mir stellte sich der Fall so dar, und davon rückte ich auch nicht ab.
Lana Leroy trank ihr Glas leer. »Wenn Sie mich jetzt bitte allein lassen würden«, sagte sie und behielt das Glas in der Hand.
»Sie haben keine Angst?« fragte ich.
»Wovor?«
»Immerhin sind Sie eine Zeugin. Und ich weiß nicht, wie die andere Seite zu Zeugen steht.«
»Meinen Sie, man würde mich umbringen?«
Darauf gab ich keine Antwort, sondern überließ die Frau ihren Gedanken. Schließlich hob sie die Schultern. »Sorry, aber ich sehe keinen Grund, mich zu fürchten.«
»Natürlich.« Ich erhob mich. Auch Suko und Bill standen auf. Ich griff in die Tasche und holte eine Karte hervor, wo meine private und die dienstliche Rufnummer vermerkt waren. »Sollte sich Ihre Meinung ändern, Miß Leroy, dann bitte rufen Sie mich an. Es wäre wirklich besser für Sie.«
Lana nahm die Karte nicht einmal entgegen. Ich ließ sie aus den Fingern rutschen. Sie fiel auf den Tisch und blieb direkt neben einer Whiskylache liegen.
Mit einem stummen Nicken verabschiedeten wir uns. An der Tür warf ich noch einen Blick zurück, während sich Bill und Suko bereits in der kleinen Diele befanden.
Lana Leroy saß steif auf der Couch. Ihr Blick war nach innen gekehrt, der Mund halb geöffnet, und ich wurde das Gefühl nicht los, daß sie mir etwas sagen wollte.
»Ist noch was?« fragte ich. »Nein, nein. Gehen Sie.«
»Gut. Hoffentlich bereuen Sie es nicht. Wenn Sie allerdings Polizeischutz möchten…«
»Gehen Sie!«
Ich begab mich zu den anderen. Bill Conolly schüttelte den Kopf.
»Himmel, ist die verstockt.«
»Das kannst du wohl sagen.«
»Entweder hat sie Angst, oder sie weiß wirklich nichts«, meinte Suko, als wir bereits nach unten fuhren.
Ich runzelte die Stirn. »Viel wird sie bestimmt nicht wissen, denn ich glaube kaum, daß sie Rod Kane in seine Pläne eingeweiht hat. Aber sie hat Angst, und sie hat den Tod ihres Freundes miterlebt. Sollte tatsächlich Costello dahinterstecken, ist ihre Angst verständlich.«
»Aber warum hat er Kane umgebracht?«
Bill hatte gefragt. Er bekam von mir die Antwort, während Suko, die Haustür für uns offen hielt. »Costello hat sicherlich angenommen, daß er zu mächtig wurde und seinen großen Bruder Morasso um Hilfe gebeten. Das ist meine Ansicht.«
»Kann hinkommen. Die Frage ist nur, ob der Mord ein einmaliger Fall war oder ob Costello weiterhin die Leichenkutsche durch London fahren läßt.«
»Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht. Wir müßten einen Überblick darüber bekommen, was sich alles in der Londoner Unterwelt tut. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
»Und wer hat, den?« fragte Bill.
»Es gibt bei uns Experten,
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