0215 - Einmal Dämon - einmal Mensch
sagte er, »um für die Wahl der Waffen zu sorgen und ein wenig zu meditieren,«
Bill Fleming sah ihn verblüfft an, Sir Bryont lächelte wissend. Er ahnte, was Zamorra beabsichtigte.
Zamorra suchte seinen Arbeitsraum auf, den großen Raum im Westflügel, in dem rigoroser Stilbruch betrieben worden war. Großzügige Verglasung unterbrach den Stil der Außenfassade, aber Zamorra liebte das Licht. Mitten im Raum stand der wuchtige, leicht geschwungene Schreibtisch, der mit seinem Datenabrufgerät für die große EDV-Speicheranlage eher wie das Steuerpult eines Raumschiffs aussah. In einer Ecke eine gemütliche Sitzgruppe zum Überlegen und für Gespräche. Und dort ließ Zamorra sich nieder.
Weit lehnte er sich zurück und schloß die Augen. Auf seiner Brust, das Hemd geöffnet, schimmerte das Amulett.
Die Silberscheibe glomm schwach auf, als er sich auf sie konzentrierte und zu sehen versuchte.
Er versuchte mit Hilfe der Weißen Magie Australien zu erreichen. Vielleicht gelang es ihm, Hinweise zu erhalten, etwas festzustellen…
Er fühlte, wie das Amulett vibrierte und Energien aussandte, tastete, ins Unendliche zu greifen versuchte. Die handtellergroße Silberscheibe, einst von dem Zauberer Merlin geformt, die Schutz und Waffe gegen die Dämonen zugleich war.
Aber nichts weiter geschah. Entweder drang das Amulett nicht durch, oder die Entfernung war zu groß. Letzteres verwunderte Zamorra aber, als er sich aus seiner Halbtrance wieder löste. Denn oft schon hatte es ihn von sich aus auf Dinge aufmerksam gemacht, die weitab irgendwo in der Welt geschahen und die ein schleuniges Eingreifen erforderlich machten.
Er erhob sich wieder. Er fühlte keine Erschöpfung, keine Schwäche, wie sie sich neuerdings häufig nach dem Benutzen des Amuletts zeigte. Manchmal war es ihm, als sei das wunderbare, fantastische magische Instrument aufgebraucht, veraltet. Manchmal stellte es sogar ganz seinen Dienst ein. Er konnte sich nicht mehr so darauf verlassen, wie es früher möglich war. Und dabei war immer noch erst ein winziger Bruchteil aller Möglichkeiten bekannt, die in der silbernen Scheibe steckten…
Vielleicht will es mich dazu erziehen, wieder mehr auf eigenen Füßen zu stehen. Vielleicht habe ich mich zu lange nur auf das Amulett verlassen, dachte er. Und damit hat es nicht einmal völlig unrecht…
Er öffnete den Wandtresor, als Nicole eintrat. Die Sicherheitsschaltung ließ ihm wie immer nur drei Sekunden Zeit, ehe der Stahl sich selbsttätig wieder schloß, aber Zamorra wußte exakt, wo die wenigen Teile lagen, die sich in diesem Tresor befanden. Mit beiden Händen griff er zu und holte den Dhyarra-Kristall und den Strahler hervor.
Geräuschlos schloß die Wand sich und sah wieder völlig normal aus. Mit dem bloßen Auge war der feine Haarriß in der Tapete nicht zu erkennen. Zamorra lächelte.
»Kann ich telefonieren, oder störe ich?« fragte Nicole.
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Ich bin fertig«, sagte er. »Ich konnte nichts erkennen. Entweder ist das Amulett wieder mal in eine Schwächeperiode eingetreten, oder die Dämonen haben sich abgeschirmt. Da war nichts, nicht einmal der Anflug einer Ahnung.«
»Ahnungen haben wir genug«, sagte das schlanke Mädchen und ließ sich in den wuchtigen Schreibtischsessel fallen. Sie benutzte das Telefon und buchte den Flug um.
Die nächste Maschine war überbelegt. Nicole zögerte einen Augenblick, dann ließ sie sich eine andere Flugroute ausrechnen, die einen Umweg machte, aber im Endeffekt schneller war als das Warten auf die Abendmaschine.
»Gut, dann buchen Sie bitte diese Verbindung«, sagte Nicole. »Ziehen Sie das Geld bitte wie üblich ein.«
Da Zamorra sehr häufig flog, gab es eine Sondervereinbarung mit der Buchungsabteilung; nach telefonischem Auftrag wurde das Geld für die Tickets direkt von Zamorras Konto abgezogen. Das ermöglichte blitzschnelle Entscheidungen über Flug oder Nichtflug und ersparte unnötige Wartezeiten; Zamorra stand, wenn es eilig war, nicht gern eine halbe Stunde, am Schalter und schrieb Schecks aus. Am Flughafen wußte man allgemein, daß sein Konto in der Regel liquide war.
Nicole federte im Drehsessel herum und sah Zamorra an. »In drei Stunden müssen wir in Lyon sein.«
»Dann sollten wir allmählich aufbrechen«, sagte Zamorra.
Er verließ das Arbeitszimmer wieder, um sich um das Gepäck zu kümmern. Als er am Frühstücksraum vorbei kam, warf er einen Blick hinein. Bill und der Lord unterhielten sich über
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